Enteignete Serben können aufatmen
1. September 2011Der serbische Vizepremier Bozidar Djelic kündigte an, dass das Gesetz für Vermögen aller Art gelten wird, das sich der Staat nach dem Zweiten Weltkrieg angeeignet hat – von Immobilien über Betriebe, Autos und Haushaltsgegenstände bis zu Grundstücken. "Rund 150.000 Bürger sind betroffen. Diese Leute haben das Recht innerhalb von zwei Jahren, nachdem das Gesetz in Kraft getreten ist, eine Rückgabe ihres Vermögens zu beantragen", so Djelic.
Sorgt das Gesetz wirklich für Gerechtigkeit?
Eva Vukasinovic, Stellvertreterin des Provinz-Ombudsmannes, stellt eine naheliegende Frage: "Warum wurde beschlossen, nur das nach dem Jahr 1945 enteignete Vermögen zurückzugeben?" Sie betont, dass das Vermögen bestimmter Gruppen serbischer Bürger auch vor 1945 enteignet wurde. Es handelt sich hauptsächlich um die jüdische Gemeinschaft und um Vertreter der ungarischen Minderheit in Serbien.
Der Gesetzentwurf sieht die Rückgabe des enteigneten Vermögens an die damaligen Eigentümer und deren Nachfolger vor. Falls das aber nicht möglich wäre, würde den Betroffenen ein Ersatzvermögen zur Verfügung gestellt oder eine Entschädigung ausgezahlt. Der Staat hat insgesamt zwei Milliarden Euro vorgesehen. Mile Antic, Koordinator von der Organisation "Netz für Restitution", die die Interessen der Eigentümer vertritt, befürchtet, dass die Variante mit der Entschädigung die eigentliche Rückgabe ersetzen würde und somit in vielen Fällen die Rechte der Eigentümer verletzen könnte.
Versteckte Gefahr
Der Rechtsexperte Dragomir Jankov sieht in dem Gesetz den versteckten Wunsch der Regierung, bestimmte politische und wirtschaftliche Eliten zu legalisieren, zu deren Gunsten riesige landwirtschaftliche Flächen freigestellt werden. Dies könnte seiner Meinung nach zu einer großen sozialen Trennung führen. "Wir werden Lateinamerika ähnlich. Am Rande dieser großen landwirtschaftlichen Flächen werden arme Bauern leben, die gar nichts besitzen", prognostiziert Dragomir Jankov.
Es gab viele Kritikpunkte zu dem Gesetzentwurf. Eva Vukasinovic glaubt sogar, dass es fast zu jedem Paragraphen eine Anmerkung gibt. Es bleibt noch abzuwarten, welche von den Kritikpunkten die Regierung berücksichtigen wird und was für ein Gesetzentwurf dem serbischen Parlament zur Abstimmung vorgeschlagen wird. Auch wenn nicht alle Ungerechtigkeiten abgeschafft werden, kann das Gesetz der serbischen Wirtschaft einen bedeutsamen Schwung geben - besonders wenn es die ausländischen Investoren als ein Signal dafür annehmen, dass Serbien ein attraktives Land für ihre Investitionen ist.
Mit der Rückgabe wird im kommenden Jahr begonnen. Die Entschädigungen werden ab 2015 ausgezahlt.
Autor: Dinko Gruhonjic
Redaktion: Yordanka Yordanova