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Einen Schritt vor, einen zurück

25. Oktober 2002

Das Geiseldrama von Moskau hat sich mit der ultimativen Androhung von Hinrichtungen verschärft. Die Forderung der Geiselnehmer: sofortiger Abzug der russischen Truppen aus Tschetschenien.

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Angespannte Situation: Geiseln mit GeiselnehmerinBild: AP

"Die Frist läuft im Morgengrauen ab, danach beginnen die Erschießungen", teilte die Direktion des Musicals 'Nord-Ost' nach einem Telefonat mit einem ihrer Mitarbeiter mit, der seit Mittwoch (23.10.2002) zusammen mit rund 700 Menschen in der Gewalt der rund 50 Geiselnehmer in einem Moskauer Konzertsaal ist. Auch die Angehörige einer anderen Geisel bestätigte der Nachrichtenagentur dpa dieses Ultimatum.

Freilassungen am Freitag morgen

Die Geiselnehmer ließen sieben Russen frei, später durften auch acht Kinder das Gebäude verlassen, begleitet von Vertretern des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK). Sie wurden zur medizinischen Kontrolle in das Krisenzentrum in der Nähe des Theaters gebracht. Die etwa sieben bis 13 Jahre alten Kinder schienen bei guter Gesundheit zu sein. Der Fernsehsender NTW berichtete, eines der Kinder habe seine Mutter in dem Theater zurücklassen müssen. Der russische Parlamentsabgeordnete Dmitri Rogosin sagte der Nachrichtenagentur Interfax, es gebe die Hoffnung, dass binnen weniger Stunden eine weitere Gruppe von Kindern freigelassen werde.

Ausländer bleiben nach wie vor gefangen


Verhandlungen zur Freilassung der Ausländer wurden am Morgen plötzlich abgebrochen, wie der US-Generalkonsul in Moskau, James Warlick, ohne Angaben von Gründen mitteilte. Die Geiselnehmer hatten sich zuvor nach Angaben des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB grundsätzlich bereit erklärt, alle festgehaltenen Ausländer freizulassen. Unter den Geiseln sind Deutsche, Briten, Amerikaner, Niederländer, Österreicher und Australier. Die beiden russischen Parlamentsabgeordneten Irina Chakameda und Josif Kobson hatten nach Gesprächen mit den Geiselnehmern am Donnerstag erklärt, sie wollten alle Gefangenen aus Ländern freilassen, die «mit Tschetschenien nicht im Krieg» sind.

Angespannte Lage


Über die Situation im Inneren des Theaters gab es am Freitag widersprüchliche Angaben. Eine der Geiseln, Anna Adrianowa, sagte dem Radiosender Echo Moskau: "Wir sind sicher und gesund, es ist warm und wir haben Wasser." Eine andere Geisel sagte jedoch, die Situation sei angespannt. Den Gefangenen fehle es an Wasser, und sie müssten den Orchestergraben als Toilette benutzen. Einige der Geiseln begannen nach Angaben von Geheimdienstsprecher Sergej Ignatschenko damit, Sympathien für die Forderungen der Geiselnehmer zu zeigen. Sie riefen ihre Angehörigen zu Demonstrationen für ein Ende des Tschetschenien-Krieges auf. In der Nähe des Theaters versammelten sich am Morgen etwa 100 Demonstranten mit Plakaten, auf denen ein Abzug der russischen Truppen aus dem Kaukasus gefordert wurde.(ap/arn)