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Politik

Trump, Tweets und Tiraden

5. Februar 2017

Intensiv nutzt Donald Trump den Kurznachrichtendienstes Twitter. Er tut dies je nach Laune: mal als Präsident, mal als Privatmann. Mit seinen Tweets definiert er die Medienöffentlichkeit neu - und stößt auf Widerstand.

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USA Republikaner Vorwahlen Donald Trump Geste
Bild: picture-alliance/AP Photo/J. Locher

Alkohol trinkt er nicht. Den hat er noch nie angerührt. So hatte es Donald Trump im vergangenen Herbst dem Fernsehsender Fox News erklärt. Der Hintergrund: schlechte Erfahrungen in der Familie, Trumps älterer Bruder trank sich zu Tode.

Aber nicht nur für harte Drinks können Menschen eine Schwäche entwickeln. Es gibt Dinge, denen sie sich mehr widmen als ihnen gut tut. So erklärte die New York Times kürzlich, was sie für die persönliche Schwäche des Präsidenten hält: "Sein Laster ist Twitter."

Die Droge Aufmerksamkeit 

Trump, schreibt die New York Times, sei besessen von Quoten. Sie berichtet von den ihm gewidmeten, teils Jahrzehnte alten Titelseiten großer Zeitschriften in seinem Büro, von seinem Stolz, vom "Time-Magazine" zur Person des Jahres 2016 gekürt worden zu sein.

Und nun, als digitale Fortsetzung des Personenkults: Twitter. "Er hat ein Medium gefunden, das in jedem Sekundenbruchteil Anerkennung gewährt und dessen Reichweite in Echtzeit gemessen wird. Es erstellt Ratings für jeden einzelnen Satz, den man schreibt", heißt es in der Zeitung.

Karikatur von Donald Trump
Hair Force One - Trump, wie das Netz ihn sieht Bild: Twitter/@Knightcartoons

"Denkt wie Champions!"

Sätze in Twitter sind meist kurz. Ebenso, mit maximal 140 Zeichen, die Nachrichten als ganze. Das ist wenig, kann je nach Botschaft aber auch genügen. Es kommt eben darauf an, was man schreibt. Früher, im Jahr 2011, als Donald Trump die ersten seiner inzwischen über 34.000 Tweets absetzte, reichte der Raum, denn die Botschaften waren nicht sonderlich komplex. "Denkt wie Champions", ermutigte er seine Follower am Anfang seiner Twitterkarriere. Oder daran, sich immer bewusst zu sein, dass sie am Anfang von etwas Größerem stehen könnten.

Das, erinnert sich die Zeitung Politico, war die Zeit des freundlichen Twitter-Nutzers Donald Trump. Dann aber entdeckte er etwas Weiteres: dass Twitter wunderbar geeignet für Beschimpfungen sei. Obama sei "der schlechteste Präsident in der US-Geschichte, schrieb er etwa, er sei "schwach", "schlecht" oder "furchtbar", kurzum "ein inkompetenter Führer". Längst existieren Listen, auf denen die gröbsten Beschimpfungen gesammelt sind - es sind lange Listen.

Häufiger Seitenwechsel

In seiner Präsidentschaft zeigt Trump, dass sich Politik und spontane Gefühlsregungen nicht ausschließen, im Gegenteil: So derbe wie er, dürfte sich bislang kaum ein Politiker geäußert haben. Und erst recht niemand in auch nur annähernd vergleichbaren Posten. Dass sein Amt eine gewisse Zurückhaltung verlangt, dieser Gedanke ist Trump ganz und gar fremd.

Unbeschwert wechselt er die Seiten, tauscht binnen Minuten die Rolle des Privatmanns gegen die des Präsidenten. Arnold Schwarzenegger habe als Gouverneur von Kalifornien "einen wirklich schlechten Job gemacht und einen noch schlechteren in Apprentice (Anm. d. Red. eine Fernsehsendung)", twitterte Trump am 3. Februar 2017 um 12:24.

"Iran spielt mit dem Feuer", twitterte er gerade einmal vier Minuten später. Keine halbe Stunde darauf schießt er verbal auf die Teilnehmer der gegen ihn gerichteten weltweiten Kundgebungen. Das seien "Professionelle Anarchisten, Gauner und bezahlte Demonstranten".  

Dazwischen, um 12:34 Uhr kommentiert er die Erläuterungen des australischen Ministerpräsidenten Turnbull. Der hatte zuvor erklärt, das inzwischen legendäre Telefonat zwischen ihm und Trump sei - anders als in den Medien dargestellt - sehr wohl höflich verlaufen und nicht abrupt beendet worden. "Thank you", schrieb Donald Trump. Die Medien hätten über dieses Gespräch Fake News verbreitet, aber Turnbull habe die Wahrheit erzählt. "Very nice!" Schon jetzt kann Trump sich rühmen, mit seinen Tweets das Amt des Präsidenten stilistisch enorm erweitert zu haben. 

Populistische Appelle

Twitter, schreibt die New York Times, habe einst für die Hoffnung auf globalen Dialog gestanden. Das sei vorbei. Heute stehe die Plattform vor allem für Hetze. Eben dieser Platz, so die Zeitung wenige Tage vor Trumps Amtsantritt als US-Präsident, sei für ihn wie geschaffen: "Für jemanden, dem es vor allem auf Außenwirkung ankommt, ist Twitter das Furnier für populistische Appelle ohne das Ärgernis, dafür auch einstehen zu müssen."

Doch vielleicht muss Trump für seine Tweets doch noch einstehen. Die bislang schärfste Kritik am Stil seiner Twitter-Äußerungen kam vom scheidenden CIA-Präsidenten John Brennan. Spontanität sei keine Eigenschaft, die nationale Sicherheitsinteressen schütze, schrieb er kurz vor Trumps Amtsantritt. Es gehe nicht nur um die Person Trump. "Es geht um die Vereinigten Staaten von Amerika."

Reuige Trump-Wähler

Und noch etwas könnte Trump künftig zu schaffen machen: die Zahl seiner Anhänger. Bei einem knappen Drittel von Trumps Anhängern auf Twitter könnte es sich um falsche, um so genannte Fake-Anhänger handeln. So ist es auf dem Kontrollinstrument twitteraudit.com zu lesen. Die Zahl ist aufgrund des komplexen und zugleich in Teilen unsicheren Erhebungsverfahren zwar mit Vorsicht zu genießen, könnte aber einen Trend anzeigen.

Zwar wächst Trumps Account derzeit weiter. Ebenso wächst aber auch ein anderer: @Trump_Regretts. Darauf äußern sich Personen, die Trump gewählt haben und dies inzwischen bereuen. Als die Zeitung The Guardian am Sonntag um elf Uhr über diesen Account berichtete, hatte dieser 169.000 Anhänger. Einige Stunden später waren es bereits 183.000. Darunter mögen zwar auch einige Fake-Follower sein, aber der Account steht für eine Tendenz, die Donald Trump kaum gefallen dürfte.

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika