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Dienstwagen weg - Ärger da

28. Juli 2009

Die Dienstwagenaffäre von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt droht den Wahlkampfauftakt der SPD in dieser Woche zu überschatten.

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Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt kratzt sich in Berlin auf einer Pressekonferenz am Kopf (Foto: AP)
Ulla Schmidt ratlosBild: AP

Es ist ein Sommerurlaub, an den sich Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, SPD, noch lange erinnern dürfte. Erst wird ihr an ihrem Urlaubsort in Spanien der gepanzerte Dienstwagen gestohlen und dann wird das alles in Berlin zu einer neuen Dienstwagenaffäre, die der SPD den Wahlkampfauftakt in dieser Woche gründlich verhageln dürfte.

Was war geschehen?

Die Ministerin war in den Urlaub nach Alicante geflogen und hatte sich ihren Dienstwagen von ihrem Fahrer samt dessen Sohn an den Urlaubsort bringen lassen - rund 2400 Kilometer quer durch Europa. Das mache 500 Euro Benzingeld, rechnet ihre Sprecherin Dagmar Kaiser vor. Für das Geld hätte man am Urlaubsort keinen entsprechenden Wagen mieten können und darum sei alles korrekt und von den Richtlinien zum Gebrauch von Dienstwagen gedeckt.

Alles korrekt?

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt kommt mit dem Dienstwagen zu einem offiziellen Termin (Foto: DPA)
Anfang Juli in Berlin - da war der Dienstwagen noch daBild: picture-alliance/ dpa

"Ein Dienstwagen steht der Ministerin zu, im In- und Ausland. Private Kilometer werden privat abgerechnet, dienstliche sind dienstliche Termine," so die Sprecherin in Berlin vor der Bundespressekonferenz. Ministerin Schmidt habe an ihrem Urlaubsort in Spanien mehrere dienstliche Termine wahrzunehmen, fügt Kaiser hinzu. Doch dann kann sie nach einigem Überlegen nur zwei Termine nennen: einen Informationsabend zur Gesundheitspolitik mit deutschen Rentnern, die in Spanien leben und einen Besuch beim Bürgermeister ihres Ferienortes.

Dabei sei es jedoch "überhaupt nicht entscheidend, ob ein, zwei, drei oder zwanzig Termine" während des Urlaubs absolviert würden. Der gepanzerte Dienstwagen stehe der Ministerin dafür einfach zu. Das möge dem einen oder anderen missfallen, aber so sei es nun mal.

Verärgerung in Berlin

Ulla Schmidt (Foto: AP)
Erwischt!?Bild: AP

Dem Bund der Steuerzahler gefällt das ganz und gar nicht. Er mahnt die Bundesregierung zur Sparsamkeit. Gerade vor dem Hintergrund der hohen Staatsverschuldung müsse die Regierung mit gutem Beispiel vorangehen, sagt Geschäftsführer Reiner Holznagel. Laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung (Dienstagsausgabe) errechnete der Bund der Steuerzahler, dass die Reisekosten allein für Schmidts Fahrer mindestens 9388 Euro betragen.

Die Opposition in Berlin fordert unterdessen Aufklärung. Der Haushaltsausschuss müsse sich mit dem Thema befassen, erklärt FDP-Chef Guido Westerwelle und Grünen-Chefin Claudia Roth merkt an: "Man muss die Regeln nicht immer bis zum Exzess ausnützen. Manchmal gehört einfach ein gesunder Menschenverstand dazu, um zu sagen, das ist nicht nötig."

Bei allen anderen Ministern war der geforderte "gesunde Menschenverstand" offenbar vorhanden. Eine Umfrage unter den Sprechern der Ministerien in der Bundespressekonferenz ergab, dass alle Minister, die nicht wegen der besonderen Gefährdungslage auf einen gepanzerten Wagen und Personenschutz angewiesen sind, für ihren Urlaub private Fahrzeuge nutzen oder aber fliegen.

Wahlkampfauftakt überschattet

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil stellte sich in Berlin dennoch demonstrativ vor die Gesundheitsministerin. Ulla Schmidt habe sich im Rahmen von Recht und Gesetz verhalten. Sie sei eine gute Ministerin und man werde es nicht zulassen, dass sie in ein "komisches Licht" gerückt werde.

Für die SPD könnte die Dienstwagenaffäre der Ministerin zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt kommen. Denn die SPD will schon in dieser Woche den Wahlkampf eröffnen und damit der CDU zuvorkommen, deren Chefin Angela Merkel noch im Urlaub weilt. Am Donnerstag will Spitzenkandidat Frank-Walter Steinmeier in Berlin sein Wahlkampfteam präsentieren. Auch Schmidt wird an diesem Tag in der Hauptstadt sein. Sie unterbricht ihren Urlaub für ein Pressegespräch über die Pflegeberufe. Derzeit sei geplant, dass sie ihren Urlaub danach fortsetzen werde, hieß es in ihrem Ministerium.

Autorin: Bettina Marx

Redaktion: Kay-Alexander Scholz