Dienstreise zum Fußballzwerg
12. August 2009"Ein Tor gegen Deutschland wäre für meine Mannschaft wie ein dicker Lottogewinn", sagte Berti Vogts im Vorfeld des Spiels am Mittwoch (12.08.2009). Der Ex-Bundestrainer (1990-1998) sitzt seit einem Jahr auf der Trainerbank der Aserbaidschaner. Bisher schnitt sein Team in der WM-Qualifikation mäßig ab. Lediglich ein torloses Unentschieden im Heimspiel gegen Liechtenstein steht auf der Haben-Seite. Ansonsten kassierte die Mannschaft aus dem Kaukasus vier Niederlagen: Zweimal 0:1 gegen Wales, 0:1 in Finnland und 0:2 in Russland. Vor allem im Angriff hapert es bei den Aserbaidschanern. "Wir müssen einen Torjäger finden", meint Vogts, "sonst wird der Druck auf Dauer zu stark." Ob sein Ende 2009 auslaufender Vertrag als Nationaltrainer verlängert wird, steht in den Sternen.
Ohne Podolski, mit Klose
Immerhin, so richtig unter die Räder gekommen sind die Aserbaidschaner in der WM-Qualifikation bisher noch nicht. Die Niederlagen blieben mit maximal zwei Gegentreffern im Rahmen. "Das zeigt, dass die Mannschaft eine gewisse Solidität hat. Deshalb muss man aufpassen und von Anfang an Gas geben", mahnt der deutsche Teammanager Oliver Bierhoff. Im Angriff muss Bundestrainer Joachim Löw ohne den verletzten Lukas Podolski auskommen. Mario Gomez wird stürmen, und auch der zuletzt angeschlagene Miroslav Klose kann wohl spielen.
Hitzlsperger statt Frings
Für Schlagzeilen hatte die Entscheidung Löws gesorgt, Mittelfeldspieler Torsten Frings zu Hause zu lassen. Der Bremer hatte sich über den Umgang mit ihm beschwert: "Wenn man acht oder neun Jahre die Knochen für das Land hingehalten hat, kann man erwarten, dass man vernünftig miteinander umgeht." Frings kam seit dem verlorenen EM-Finale gegen Spanien im Juni 2008 nur zu zwei Einsätzen im Nationaltrikot und hatte sich bereits Ende vergangenen Jahres beschwert. Löw reagierte auf die neuerliche Kritik gelassen. Er habe 20 Minuten lang mit Frings telefoniert und ihm gesagt, "wie ich die Situation einschätze und was ich von ihm sehen will". Statt Frings soll der Stuttgarter Thomas Hitzlsperger neben Michael Ballack die Fäden ziehen.
Zwischen Äthiopien und Neukaledonien
Mit fünf Siegen und einem Unentschieden führt Deutschland die Tabelle der Qualifikationsgruppe 4 an, einen Punkt vor Russland. Aserbaidschan ist Vorletzter. In der Weltrangliste liegt die Mannschaft aus dem Kaukasus derzeit auf dem 137. Platz, einen Platz hinter Äthiopien, einen vor Neukaledonien. Der Begeisterung der Zuschauer für das Nationalteam tut das keinen Abbruch. "In der Liga kommt hier kein Mensch. Die spielen hier beim Spitzenspiel vor 200, 300 oder 400 Zuschauern", erzählt Ex-Nationaltorwart Uli Stein, der zu Vogts' Trainerstab gehört. "Aber bei Länderspielen ist das Stadion voll."
Wie ein DFB-Pokalspiel
Alles andere als ein Sieg der deutschen Mannschaft in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku wäre dennoch eine faustdicke Überraschung. Bundestrainer Löw vergleicht die Partie am Kaspischen Meer mit einem Pokalspiel eines Bundesligisten gegen einen Zweitligisten. "Wenn wir unser Leistungsvermögen erreichen, werden wir drei Punkte mitnehmen." Dass auf der Trainerbank des Gegners einer seiner Vorgänger sitzt, lässt Löw kalt: "Berti Vogts ist aktuell kein Gesprächspartner für mich. Er wird mir eh keine Informationen geben."
Autor: Stefan Nestler
Redaktion: Wolfgang van Kann
DW-RADIO überträgt das WM-Qualifikationsspiel Aserbaidschan gegen Deutschland am Mittwoch in einer Sondersendung live ab 16.05 UTC (18.05 MESZ).