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Der Teufel liegt im Detail

Nina Werkhäuser, Berlin16. Juni 2004

Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union kommen am Donnerstag (17.6.) in Brüssel zusammen. Sie müssen während des Gipfels zahlreiche Fragen klären. Dazu will auch Deutschland maßgeblich beitragen.

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Schon seit längerem Anlass für Diskussionen: Die EU-VerfassungBild: AP


Für die Bundesregierung liegt der Teufel im Detail. Zwar sei die doppelte Mehrheit bei Abstimmungen im EU-Ministerrat inzwischen allgemein akzeptiert, aber die Ausgestaltung werde schwierig, heißt es in Regierungskreisen. Das Prinzip der doppelten Mehrheit berücksichtigt sowohl die Zahl der Staaten als auch die Größe der Bevölkerung - ein Verfahren, das Spanien und Polen im Dezember 2003 noch ablehnten.

Das ist zwar inzwischen nicht mehr grundsätzlich der Fall, aber jetzt kommt es auf den genauen Modus an. Die Bundesregierung hat sich dabei auf die Formel "55 Prozent der Mitgliedsstaaten, die zugleich 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren" festgelegt. Das ist die Formel, die der irische Ratspräsident Bertie Ahern den 24 anderen Mitgliedsstaaten beim Brüsseler Gipfel unterbreiten will. Der Bundesregierung ist dabei wichtig, dass der Abstand zwischen den beiden Schwellenwerten - 55 und 65 Prozent - nicht geringer wird.

Keine Begeisterung für doppelte Mehrheit

Wenig begeistert ist die Bundesregierung von den Vorschlägen für Zusatzklauseln zur doppelten Mehrheit, die in Brüssel auf den Tisch kommen werden. Etwa die, dass vier Mitgliedsstaaten oder 15 Prozent der EU-Bevölkerung einen Vorschlag blockieren können. "Beide Vorschläge halten wir für verzichtbar", heißt es bei den deutschen Verhandlungsführern, die für ein möglichst einfaches und transparentes Beschlussverfahren plädieren.

Für "völlig abwegig" hält man auch den Vorschlag, dass Länder, die sich bei einer Abstimmung enthalten, beim Zusammenzählen nicht mitgerechnet werden sollen. "Das führt zum Abstimmungschaos", heißt es in Regierungskreisen. Die Sorge, dass Entscheidungen in der EU später einmal auf sehr undurchsichtige Weise zustande kommen könnten, ist auf der deutschen Seite jedenfalls deutlich spürbar.

Reichlich Streitpunkte vorhanden

Ein weiterer Streitpunkt sind die Politikbereiche, in denen die Verfassung Mehrheitsentscheidungen (also keine einstimmigen Entscheidungen) zulassen wird, etwa die Steuer- und Sozialpolitik. Die Bundesregierung will sich in Brüssel erneut für Mehrheitsentscheidungen stark machen, um die Möglichkeit von Blockaden zu beschränken. Großbritannien hingegen will bei einstimmigen Entscheidungen bleiben.

Als neuen Mann an der Spitze der EU-Kommission sähe die Bundesregierung gerne den belgischen Ministerpräsidenten Guy Verhofstadt. "Falls er zur Verfügung steht, hat er unsere Unterstützung", heißt es in Regierungskreisen. Ein deutscher Kandidat stehe dagegen nicht zur Debatte.

Die Frage eines Gottesbezugs in der Verfassung ist nach Ansicht der Bundesregierung noch offen. In dieser "extrem schwierigen Frage" sei die irische Präsidentschaft selbst ein wenig ratlos, da die Positionen unvereinbar seien - manche Länder wollten den Gottesbezug unbedingt, andere lehnen ihn vehement ab. Aber daran werde die Verfassung nicht scheitern, heißt es in Berlin.