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"Der Beitritt Polens wird die Europäische Union insgesamt auch politisch stärken"

4. Juni 2003

– EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen zum EU-Beitritt Polens und den polnisch-deutschen Beziehungen

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Köln, 4.6.2003, DW-radio / Polnisch, deutsch, Barbara Cöllen

(...)

Frage:

Wie beurteile Sie die Rolle Polens in der EU nach dem Irak-Konflikt?

Günter Verheugen:

Nun, Polen hat in diesem Konflikt eine sehr klare und deutliche Position eingenommen, aber hat sich darin ja nicht unterschieden von einer ganzen Reihe wichtiger Mitgliedsländer. Man kann ja nicht sagen, dass Polen isoliert gewesen wäre. Das Problem, das wir in der Europäischen Union hatten, ist kein Problem, das Polen geschaffen hatte, sondern es ist ein Problem, dass wir nicht in der Lage waren, eine gemeinsame Position zu finden. Und ich sehe, was Polen angeht, zwei besonders wichtige Aspekte: Der eine ist, dass Polen seine guten Beziehungen zu den USA einbringen wird in die gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik. Und das kann uns nur helfen. Denn Europa ist ja interessiert und muss interessiert sein an einer leistungsfähigen, strategischen Allianz mit den USA. Und da kann ein Land wie Polen also wirklich nur hilfreich und nützlich sein. Und das zweite ist, dass Polen eine aktive Rolle schon jetzt spielt bei der Diskussion über die Verbesserung der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik, bei der Frage ihrer Leistungssteigerung, größerer Klarheit und größerer Transparenz. Und Polen zeigt sich in der bisherigen Diskussion als ein gemeinschafts-freundliches Land, und ich habe auch nie etwas anderes erwartet. Darum glaube ich, dass der Beitritt Polens die Europäische Union nicht nur auf den klassischen Gebieten der Wirtschaftspolitik und der anderen Gemeinschaftskompetenzen stärken wird, sondern ich glaube, dass der Beitritt Polens die Europäische Union insgesamt auch politisch stärken wird.

(...)

Frage:

Wie sehen Sie die Bedeutung des EU-Beitritts Polens für die deutsch-polnische Zusammenarbeit?

Günter Verheugen:

Das ist eine Entwicklung von absolut historischer Bedeutung. Denn der Beitritt Polens bedeutet ja, dass zum ersten Mal seit vielen hundert Jahren Polen in seiner Geschichte nicht irgendwo dazwischen liegt, also zwischen Deutschland und Russland oder zwischen West und Ost, sondern fest dazu gehört zu einem sich vereinigenden Europa, das enge freundschaftliche, stabile Beziehungen sucht zu seinen östlichen Nachbarn. Und die jetzt eingetretene Situation, zusammen mit Deutschland Teil der europäischen Integration zu sein, zusammen mit Deutschland übrigens auch im selben Verteidigungsbündnis, heißt eben, dass ein völlig neues Kapitel in der Geschichte der beiden Nationen aufgeschlagen wird. Es ist für die Zukunft ausgeschlossen, dass zwischen diesen beiden Nationen noch einmal Konflikte entstehen können. Das ist ja wahrscheinlich, wenn man die polnische Geschichte betrachtet, für die meisten Polen und Polinnen das Wichtigste. Der Beitritt zur Europäischen Union und das dadurch veränderte Verhältnis zu Deutschland geben Polen die strategische Sicherheit, die das Land viele hundert Jahre lang nicht gehabt hat.

(...) (lr)