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Der Abend des "Was wäre wenn"

André Leslie15. Oktober 2014

Auch gegen Irland hat die deutsche Fußball-Nationalmannschaft gepatzt. Das 1:1 ist enttäuschend. DW-Sportredakteur André Leslie war in Gelsenkirchen und hat sich auf die Suche nach den Gründen gemacht.

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EM-Qualifikationsspiel Deutschland Irland, Spieler der Nationalmannschaft stehen enttäuscht (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/Marius Becker

Lange Gesichter nach dem enttäuschenden 1:1 im EM-Qualifikationsspiel gegen Irland in Gelsenkirchen. Die deutschen Fans grummeln vor sich hin, als sie sich in der Dunkelheit auf den Heimweg machen. "Hummels und Kroos sind das Problem. Sie spielen einfach nicht gut genug zusammen", sagt einer. "Die Mannschaft muss sich erst finden", erklärt ein Mädchen im Deutschland-Trikot seinem Vater, warum die Weltmeister wieder nicht als Sieger vom Platz gegangen sind. "Sie wollten das Ergebnis über die Zeit retten", meint ein anderer Fan. "Dabei ist Angriff ist die beste Verteidigung."

Fehlende Frische

Die Fans liegen richtig. Die Gründe, warum das deutsche Team nach dem 0:2 in Polen auch gegen Irland sieglos blieb, sind vielfältiger Natur. Man sei in der Schlussphase zu hektisch gewesen und habe den Ball nicht vernünftig aus der Gefahrenzone befördert, sagte Verteidiger Jérôme Boateng der DW.

Doch die Hauptursache, warum Deutschland seit der WM nicht richtig auf die Spur kommt, ist ein anderer: Die Mannschaft hat an Klasse verloren. Mit den zurückgetretenen Philipp Lahm, Per Mertesacker und Miroslav Klose gingen Spieler auf Schlüsselpositionen. Lahm war nicht nur hinten sicher, sondern sorgte auch stets für Impulse nach vorne. Auf Mertesacker war in der Innenverteidigung Verlass. Und Klose wäre mit seinem Torriecher in Gelsenkirchen für ein entscheidendes zweites Tor gut gewesen.

Bundestrainer Joachim Löw beobachtet beim Spiel Deutschland gegen Irland (Foto: dpa)
Joachim Löw glaubt an seine SpielerBild: picture-alliance/dpa/Rolf Vennenbernd

Dazu fehlten wichtige Spieler wegen Verletzung oder Krankheit. Dennoch sieht Bundestrainer Joachim Löw keinen Mangel an Führungsspielern. "Wir haben Spieler wie Boateng, Kroos oder Hummels, die in diesem Team in die Führungsrolle geschlüpft sind", sagte Löw der DW. "Ich glaube, dass diese Jungs künftig noch mehr Verantwortung übernehmen und ihre Sache gut machen werden." Löw sieht eines der Hauptprobleme eher in der mangelnden Fitness seiner Spieler.

Ballbesitz schießt keine Tore

Dass die deutsche Mannschaft so bald nach dem WM-Triumph nach Entschuldigungen sucht, überrascht den ausländischen Beobachter. Es erinnert an die Stimmung der deutschen Fans und Medien vor der Weltmeisterschaft in Brasilien.

EM-Qualifikation 2014 Deutschland - Irland, Irlands Team feiert den späten Ausgleich (Foto: Dennis Grombkowski/Bongarts/Getty Images)
Irlands Team feiert den späten AusgleichBild: Dennis Grombkowski/Bongarts/Getty Images

Die Iren müssen sich um diese Stimmungslage nicht kümmern. Sie sangen in ihrer Umkleidekabine, als hätten sie gerade gewonnen. "Wir haben den Punkt geholt, weil wir gut verteidigt haben, nicht weil Deutschland seine Linie verloren hat", sagte Irlands Rekordnationalspieler Robbie Keane der DW. "Bis auf die Chancen in der Anfangsphase und Kroos‘ Weitschuss, der zum Tor führte, hatten sie nicht viele Gelegenheiten. Sie hatten zwar viel Ballbesitz, aber auf Tor geschossen haben sie selten."

Deutschland, vor gerade einmal drei Monaten noch verdienter Weltmeister, muss sich daran gewöhnen, dass sich die Gegner vorwiegend hinten hereinstellen und damit das deutsche Team zwingen, endlos hin- und her zu passen. Löws Spieler sind gefordert, diese Herausforderung zu meistern. Keine Entschuldigungen mehr!