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Demokraten in Hongkong enttäuscht

Matthias von Hein13. September 2004

500.000 Hongkonger demonstrierten im Juli für die Ausweitung ihrer Rechte. Bei den Demokraten weckten sie damit Hoffnungen auf Erfolge bei den jüngsten Parlamentswahlen. Doch diese Hoffnungen wurden enttäuscht.

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Hongkong: Wegweiser zu den ParlamentswahlenBild: AP

Es war das größte Experiment in Sachen Demokratie in China - und doch sind die Demokraten in Hongkong betrübt. Zwar haben die demokratischen Parteien eine Mehrheit der Stimmen errungen und bei der Zahl der direkt gewählten Sitze noch einen zugelegt. Doch haben von der Rekord-Wahlbeteiligung besonders die an Peking orientierten Parteien profitiert. Sie verdoppelten nahezu ihre direkt gewählten Sitze von 7 auf 12.

Die demokratischen Parteien hatten die Wahl als Referendum über die Ausweitung der Demokratie in Hongkong angelegt. Denn bisher werden nur die Hälfte der 60 Sitze in Hongkongs Parlament frei gewählt. Die andere Hälfte wird von Berufsverbänden vergeben und die sind traditionell eher Peking-freundlich. Bei der Wahl ihrer Regierung haben die Hongkonger bisher gar nichts zu sagen: Der Chef der Verwaltung wird von Peking bestimmt.

Veränderungen

Das zu ändern hatte eine halbe Million Menschen noch am 1. Juli demonstriert, dem 7. Jahrestag der Rückgabe Hongkongs an die Volksrepublik. Immerhin sahen die Vereinbarungen zwischen China und England eine Ausweitung der Demokratie in Hongkong ausdrücklich vor: Die Direktwahl des Verwaltungschefs war für das Jahr 2007 und die freie Wahl aller Abgeordneten für 2008 in Aussicht gestellt worden.

Aber Peking war durch die Massendemonstrationen im Juli 2003 aufgeschreckt worden und hatte Sorge vor weiterer Ausbreitung des Demokratievirus bekommen. Im Februar dieses Jahres hat die Pekinger Führung deshalb kurzerhand das Autonomiestatut neu interpretiert. "Ein Land" hieß es da etwa, habe Vorrang vor "zwei Systemen". Außerdem bedeute Selbstregierung im wesentlichen "Regierung durch Patrioten".

Die vorausgegangene Kritik an den Sicherheitsgesetzen sei im Übrigen "unpatriotisch" gewesen. In der Folge und im Vorfeld der Wahlen wurde die demokratische Opposition in einer maßlosen Kampagne als "unpatriotisch" verunglimpft. Einzelne prominente Vertreter wurden als Verräter bezeichnet. Der von den Demokraten in Hongkong angestrebte Erdrutschsieg musste aus Pekinger Sicht unter allen Umständen verhindert werden.

Machtvolles Zeichen

Nicht nur wäre die Mehrheit im Parlament gefährdet gewesen und damit die Regierungsfähigkeit von Verwaltungschef Tung. Ein massiver Zuwachs an Stimmen wäre eben auch ein machtvolles Zeichen für den Wunsch nach mehr Demokratie gewesen - und hätte möglicherweise bis in die Volksrepublik ausgestrahlt.

Und genau dies hat die Bedeutung dieser Wahlen ausgemacht: Nicht nur sieben Millionen Menschen in Hongkong wären betroffen gewesen - ein Sieg der Demokraten hätte auch all jene in der chinesischen Führung widerlegt, die den Chinesen die "Reife" zur Demokratie absprechen. Deswegen hat Peking im Vorfeld massiv auf die Wahlen Einfluss genommen.

Nicht zufällig wurde kurz vor der Wahl eine Delegation Hongkonger Unternehmer nach Peking eingeladen, um dort über lukrative Aufträge im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen 2008 zu verhandeln. Und auch die Entsendung der chinesischen Medaillengewinner von Athen diente der Mobilisierung "patriotischer Gefühle".

Das Konzept ist aufgegangen: Bei den Hongkongern hat die Sorge um die wirtschaftliche Zukunft an den Wahlurnen den Ausschlag gegeben - und die hängt eben stark vom Festland ab. Auch die von den Demokraten durchgesetzte Neuauszählung von 350.000 Stimmen auf Hongkong-Island konnte an diesem traurigen Resultat nichts ändern.