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China – Genforschung ohne Grenzen?

Ali Akinci17. April 2002

Chinas Biotech-Industrie ist technisch auf westlichem Standard. Ethisch will man aber noch einen Schritt weitergehen: Menschenklone sind im Gespräch. Warum? China will in den "Klub" der entwickelten Länder aufsteigen.

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Die Ethik in Sachen Genforschung steckt noch in den KinderschuhenBild: AP

Die "Konferenz zum Menschlichen Genom" in Shanghai ist am Mittwoch (17.04.2002) zu Ende gegangen. Einstimmiges Resümee der Forscher: Menschliches Klonen ist tabu. "Wir lehnen schon den Gedanken daran vollständig ab", sagte eine Sprecherin der Organisation zum Menschlichen Genom (HUGO).

Die unerträgliche Leichtigkeit des Klonens

Die unterschiedliche Herkunft der Tagungsteilnehmer ist kein Problem: Trotz auseinander gehender Moralvorstellungen und unterschiedlicher gesetzlicher Beschränkungen - man sei sich einig über die ethische Verantwortung in der Genforschung.

Embryo
Fünfzelliger Keim eines menschlichen EmbryosBild: AP

Interessant ist das politische Parkett, auf dem die Wissenschaftler tagen. Frisch gebohnert zwar durch wirtschaftsorientierte West-Ost-Dialoge, aber es knarrt hier und da. Fand die Konferenz doch in Chinas Industrie-Boomtown Shanghai statt. Denn Tatsache ist: Chinas Führungsriege sieht in der Biotechnologie eine großartige wirtschaftliche Zukunft. Da werden bei moralischen und ethischen Bedenken gelegentlich beide Augen zugekniffen.

Die Organstraße – von China nach Europa

Nicht gerade zimperlich ist man beispielsweise in China in Sachen Organhandel. Laut unbestätigten Meldungen würden Todesurteile zwecks Organentnahme ausgesprochen. Die "Ware" setze man dann im Handel mit dem Westen ab. Sicher aber ist laut Amnesty International nur eins: Beigesetzt werden die Hingerichteten ohne Herz, Niere oder Leber. Warum sollte man Ressourcen wegwerfen? Die Menschenrechtsorganisation beruft sich auf Aussagen ehemaliger chinesischer Gefängnisärzte.

Human Genom
Human Genome ProjectBild: AP

Als einziges Schwellenland beteiligt sich China am weltweiten Human-Genom-Projekt. Also der Entschlüsselung des menschlichen Genoms. Seitdem boomt die Biotechnologie im Land. Im vergangenen Jahr machte Chinas Biotech-Industrie 2,4 Milliarden Dollar Umsatz – dreimal soviel wie die deutsche Konkurrenz. Kein Wunder. Hohe Gehälter und eine nahezu unbegrenzte Forschungsfreiheit locken gut ausgebildete Wissenschaftler ins Land.

Wegschauen und "Weiter-Gen"

Erlaubt ist, was nützt – lautet die Devise. Zwar erklärte das Gesundheitsministerium letztes Jahr, China würde keine Experimente mit dem Klonen von Menschen erlauben. Aber eine Kontrolle gibt es de facto nicht. Ergebnis: Mehrere Dutzend Embryonen seien mit Hilfe von menschlichen Stammzellen bereits geklont worden, berichtet das Fachmagazin "The Scientist".

Chinesische Polizisten
In Reih und GliedBild: AP

"Der moralische Status des Embryos ist für viele kein Problem. Es ist sehr einfach, Spender zu gewinnen", erklärt China-Experte Ole Döring vom Institut für Asienkunde in Hamburg. Keine kritische Öffentlichkeit störe die Forscher bei der Arbeit.

Schätzungen zufolge arbeiten in China derzeit rund 600 Wissenschaftler an Genexperimenten – hinzu kommen mehrere Tausend Labormitarbeiter. Die nötige Finanzspritze kommt aus Peking. Ein Ethikkatalog mit Richtlinien zum Thema Klonen liegt vor, wird aber nicht benutzt. Experten befürchten deshalb: Der Nahe Osten und China werden zur Klon-Achse des Bösen.