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Cheneys F-Wort

Daniel Scheschkewitz28. Juni 2004

Wenn Politiker ausrasten, dann ist das selten so eindrucksvoll wie bei US-Vizepräsident Dick Cheney: Er bedachte einen altgedienten Senatoren mitten in den heiligen Hallen des US-Parlaments mit dem berüchtigten F-Wort.

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Es ging um Politik, Religion und Geld. Ohrenzeugen des Streits zwischen Dick Cheney - immerhin der zweithöchste Repräsentant seines Landes - und Senator Patrick Leahy von der Demokratischen Partei berichteten, dass sich der lautstarke Disput am Firmennamen Halliburton entzündet habe. Halliburton ist der Energiekonzern, der sich gerade bei diversen Wiederaufbauprojekten im Irak eine goldene Nase verdient.

Dick Cheney war früher Chef dieser Firma. Klar, dass die politischen Gegner des Vizepräsidenten diese Verbindung nutzen, um Cheney immer wieder als vermeintlichen Kriesgewinnler zu diffamieren. Sehr zum Ärger des Bush-Stellvetreters, der seinem Unmut diesmal mit der obszönsten Beschimpfung Luft machte, die im Englischen denkbar ist. "Fuck off" soll Cheney dem kritischen Senatoren zu gerufen haben. Weil es Cheney wirklich ernst meinte, soll er Leahy gleich noch ein "Fuck yourself!" hinterher geschickt haben.

Therapeutische Wirkung

Im ansonsten so puritanischen Amerika werden Verbal-Injurien gerne dem Sexualbereich entommen. Doch bisher galten Politiker in der Öffentlichkeit nicht unbedingt als Protagonisten eines solchen Sprachgebrauchs. Cheney gab sich jedoch unbeirrt. Statt der allgemein erwarteten Entschuldigung legte er nach. Ja, er habe das wohl so gesagt beschied er den nachfragenden Journalisten, und er habe sich danach deutlich besser gefühlt. Nun muss man sich zwar grundsätzlich um Cheney Gesundheitszustand immer wieder Gedanken machen, schließlich wurden dem alterenden Vizespräsidenten bereits einige Bypässe gelegt, bis jetzt war jedoch nicht bekannt, dass gerade dem Wort „Fuck“ eine besonders therapheutische Wirkung beigmemessen wird.

Nicht sehr wählerisch

Zwar ist Cheneys Ausfall sicher ein besonders drastisches Beispiel politischer Schamlosigkeit, aber durchaus kein Einzelfall. Bushs Herausforderer bei den kommenden Präsidentschaftswahlen, John Kerry, fühlte sich schon während des Vorwahlkmapfes in einem Interview mit dem Musikmagazin "Rolling Stone" bemüßigt, seine Nähe zur Jugendsprache dadurch unter Beweis zu stellen, dass er das eine oder andere F-Wort in seine Kommentare zur Regierungspolitik im Irak einfließen ließ. Und auch Präsident Bush selbst war im Wahlkampf 2000 nicht gerade wählerisch in seiner Wortwahl. Vor laufenden Mikrofonen nannte er damals einen Reporter der "New York Times" ein "major league asshole“, was sich wohl am ehesten mit "Arschloch der Sonderklasse" übersetzen liesse.

Nicht jugendfrei

Nicht alle kommen in den USA aber so ungeschoren davon wie Dick Cheney. Michael Moores neuer Film "Fahrenheit 9/11", der sich in gewohnt satririscher Weise mit der Bushregierung beschäftigt, wurde von der Filmaufsichtsbehörde als nicht uneingeschränkt jugendfrei eingestuft. Warum wohl?! ... weil im Film einige Male das skandalöse F-Wort fällt. Nicht alle im Land der Freiheit sind im Gebrauch ihrer Sprache eben gleich frei.