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Wappnen gegen Rechts

Nils Naumann28. April 2012

Am 1. Mai wollen Rechtsextreme in Bonn aufmarschieren. Ein breites Bündnis ruft zu Gegenaktionen auf. Auch viele Politiker in der früheren Bundeshauptstadt unterstützen die Proteste gegen Rechts.

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Teilnehmer der NPD-Veranstaltung «Rock für Deutschland» warten am Samstag (11.07.2009) in Gera auf Einlaß in einen abgesperrten Park. Zeitgleich protestieren mehrere hundert Menschen mit einer Kundgebung und einem Demonstrationszug gegen dieses Konzert. Die Veranstaltungen werden von einem Großaufgebot von Polizeieinheiten aus mehreren Bundesländern abgesichert. Foto: Peter Müller dpa/lth (zu dpa 4178 und lth 4172 vom 11.07.2009) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Neonazi-Konzert in GeraBild: picture-alliance/dpa

Paula hat Angst. Die Kubanerin - ihren wirklichen Namen will sie nicht nennen - lebt im Bonner Stadtteil Beuel. Am 1. Mai wollen hier Rechtsextremisten aus ganz Nordrhein-Westfalen und dem Rheinland aufmarschieren. "Ich werde an diesem Tag zu Hause bleiben", sagt Paula. Zu groß sei die Gefahr, beleidigt oder angegriffen zu werden.

Dabei lebt Paula eigentlich gerne in Bonn. Normalerweise, sagt die 40-Jährige, fühle sie sich hier sicher. Denn eigentlich ist Bonn-Beuel ein eher beschaulicher Stadtteil mit liebevoll restaurierten Jugendstilvillen, blühenden Alleen und Straßencafés, vor denen die Menschen in der Sonne sitzen.

Ein Stadtteil macht mobil

Die geplante Demonstration der Rechtsextremisten beunruhigt nicht nur Paula, sondern auch zahlreiche andere Bonner Bürger. Viele wollen offen Widerstand leisten.

Auch Wolfgang Hürter, der Bezirksbürgermeister des Stadtteils Beuel, gibt sich kämpferisch: "Wir müssen dem rechten Spuk die Stirn bieten!" Hürter sitzt im großen Saal des Bezirksrathauses. Neben ihm auf dem Podium sitzen Vertreter von Gewerkschaften, Jugendinitiativen und Parteien. Rund 100 Menschen sind gekommen, um ihren Widerstand gegen den Aufmarsch der Rechtsextremisten abzustimmen.

Was die Menschen hier besonders empört: Nur wenige Meter von der geplanten Route liegt der Synagogenplatz. Hier erinnert ein Mahnmal an das 1938 von den Nazis zerstörte jüdische Gotteshaus von Bonn-Beuel. Außerdem soll die Demonstration am Dr.-Weis-Platz vorbeiführen. Der jüdische Mediziner Max Weis wurde von den Nationalsozialisten verschleppt und ermordet.

Mahnmal für die zerstörte Synagoge in Bonn-Beuel *** Wer hat das Bild gemacht?: Nils Naumann Wann wurde das Bild gemacht?: 27.04.12 Wo wurde das Bild aufgenommen?: Bonn
Am Wegrand der Rechtsextremen liegt das Mahnmal für die zerstörte Beueler SynagogeBild: DW

Mehrere Rechtsextremisten-Demos geplant

Schon seit einigen Jahren haben Deutschlands Rechtsextremisten den 1. Mai als Aufmarschtag entdeckt. In diesem Jahr sind wieder Veranstaltungen in mehreren Städten geplant, unter anderem auch in Hamburg, Dresden und Mannheim. Mal tritt die rechtsextreme NPD als Organisator auf, mal sogenannte "Parteifreie Kräfte" oder "Autonome Nationalisten".

Oft schreiben sich die Organisatoren der rechtsextremen Demos am Tag der Arbeit eher "linke" Parolen auf die Fahnen. Häufig geht es gegen Europa, den Euro und die Finanzmärkte. Die Bonner Veranstaltung steht zum Beispiel unter dem Motto "Finanzsysteme brechen - Knechtschaft überwinden". Eine Forderung, die im Moment sicherlich viele Menschen in Deutschland unterschreiben würden.

Was aber wirklich dahinter steckt, zeigt ein Blick in den Aufruf der sogenannten "Freien Kräfte im Rheinland": Die Organisatoren der "nationalen und sozialistischen Demonstration" fordern zum Beispiel "die Gemeinschaft aller Deutschen" - was naturgemäß alle Nichtdeutschen ausschließt.

Razzia in der rechten Szene Ein sichergestellter Helm mit Hakenkreuz, ein Schlagring, eine Pistole, die Nachbildung eines Gewehrs und Patronen liegen am Mittwoch (25.04.2012) während einer Pressekonferenz im Polizeipräsidium Köln auf einem Tisch. Die Polizei in Nordrhein-Westfalen hat bei einer Razzia gegen die rechte Szene drei Verdächtige festgenommen. In Düsseldorf, Essen, Wuppertal und Radevormwald seien Wohnungen und Geschäfte durchsucht sowie Unterlagen sichergestellt worden. Foto: Marius Becker dpa/lnw
Sichergestellt bei einer Razzia in der rechten Szene: Helm mit Hakenkreuz, Schlagring, PistolenBild: picture-alliance/dpa

"Großes Gewalt- und Gefahrenpotenzial"

Die Erstanmelder der Bonner Demonstration sind einschlägig bekannt und vorbestraft. Einer von ihnen sitzt derzeit sogar wegen Unterstützung der rechtsextremen kriminellen Vereinigung "Aktionsbüro Mittelrhein" in Haft. Diese Gruppe war zum Teil gewalttätig gegen Antifaschisten vorgegangen.

Wolfgang Hürter, Bezirksbürgermeister von Bonn-Beuel, kann nicht verstehen, warum die Polizei die Demonstration nicht verbietet. Das Gewalt- und Gefahrenpotenzial durch die Rechten, glaubt Hürter, sei groß genug für ein Verbot.

Bei welcher Gelegenheit/in welcher Situation wurde das Bild aufgenommen?: Bürgerversammlung Bonn-Beuel zur Vorbereitung von Aktionen gegen Demonstration von Rechtsextremisten in Bonn-Beuel *** Wer hat das Bild gemacht?: Nils Naumann Wann wurde das Bild gemacht?: 27.04.12 Wo wurde das Bild aufgenommen?: Bonn
Für ein Verbot: Wolfgang Hürter, Bezirksbürgermeister von Bonn-BeuelBild: DW

Das meint auch Lena Schneider, Sprecherin des Aktionsbündnisses "Bonn stellt sich quer": "Wir sind entsetzt", sagt sie. "Wir denken, es ist unsere Pflicht, uns solchen Menschen in den Weg zu stellen."

Breite Unterstützung der Gegenaktionen

In dem Bündnis haben sich rund 80 Organisationen zusammengeschlossen, darunter Gewerkschaften, Parteien und Kirchenvertreter. Sie alle wollen gegen den Neonazi-Aufmarsch protestieren, mit Mahnwachen, Gottesdiensten und friedlichen Sitzblockaden. Das Ziel der Blockierer: Die Rechtsextremisten sollen den Bonner Bahnhof erst gar nicht verlassen können.

Unterstützung hat das Bündnis "Bonn stellt sich quer" inzwischen auch vom Stadtrat bekommen. In der Ende vergangener Woche verabschiedeten Resolution heißt es: "Wir gehen in unserer Stadt entschieden gegen Gewalt, Diskriminierung, Ausgrenzung und Rassismus vor." Gemeinsam mit dem Oberbürgermeister ruft der Stadtrat die Bonner Bürger auf, sich an den zahlreichen Aktivitäten gegen die Demonstration der Rechtsextremisten zu beteiligen.