Bier für die Welt
23. April 2005Traditionell steht in Deutschland der 23. April ganz im Zeichen des Bieres. Warum? Ganz einfach: Am 23. April 1516 wurde das deutsche Reinheitsgebot proklamiert. Seitdem gilt per Gesetz: Ins Bier gehören nur Wasser, Hopfen und Malz, inzwischen darf auch Hefe dabei sein. Das älteste Lebensmittelgesetz der Welt wird vor allem in Deutschland gefeiert - und auch eingehalten.
"Verkostungs-Training"
Die Gralshüter der Lehre vom reinen Bier sitzen 20 Kilometer nördlich von München: In Freising-Weihenstephan gibt es den Hochschulstudiengang Brauwesen. Studenten aus der ganzen Welt weihen sich hier der Wissenschaft der Bierherstellung. Hiroshi Yamashita aus Japan kennt sich aus mit deutschem Bier. Das beweist er bei der wissenschaftlichen Bierprobe - genannt "Verkostungs-Training" - am Lehrstuhl für Technologie der Brauerei Weihenstephan. "Der Geschmack ist sehr vollmundig. Typisch deutsches Bier. Die Bitterkeit ist etwas stärker als bei japanischem Bier." Sein Arbeitgeber, die Asahi-Brauerei, einer der führenden Bierproduzenten in Japan, hat ihn zu einem Bier-Forschungsaufenthalt nach Weihenstephan geschickt. "Es war mein Traum in Weihenstephan zu studieren", sagt er. In Japan gäbe es zwar einen Studiengang für Sake (Reiswein), aber kein Brauwesen - obwohl es natürlich große Brauereien gibt.
In der Tat: Der Studiengang Brauwesen in Weihenstephan als Außenstelle der Technischen Universität München ist einzigartig. Zumindest fast: Nur in Berlin gibt es noch ein ähnliches Ausbildungsangebot. Doch weil Bier weltweit vor allem mit Bayern assoziiert wird, ist die Anziehungskraft der Münchener Hochschule ungleich höher. Auch im Ausland wurde immer wieder versucht, einen vergleichbaren Hochschulstudiengang einzurichten - zum Beispiel in den USA. Doch was fehlt, ist die Tradition - die verbindet man in Sachen Bier weltweit mit Deutschland und insbesondere mit Bayern.
1000 Jahre Bier
"Die Tradition spielt in der Tat eine große Rolle", sagt Werner Back, Professor für Technologie der Brauerei in Weihenstephan. "Die bayerische Staatsbrauerei hat hier im Jahr 1040 zum ersten Mal Bier gebraut. Die Ausbildung wird hier seit vielen Jahren gepflegt." Geschätzt wird die fast 1000-jährige bayerische Brautradition auch von Ben Bailey aus Texas. Für sein Brauerei-Studium in Weihenstephan belegte er zunächst eigens fünf Jahre Germanistik in den USA. Hat sich das gelohnt? Klar, meint er. "Ich könnte in jede Brauerei in die USA gehen und sagen, dass ich in Weihenstephan studiert habe. Und die würden dann wissen, dass ich das und das kann. In den USA gäbe es lediglich Lebensmitteltechnologie mit ein paar Vorlesungen in Brauwesen. "Aber es ist kein gesamtes Studium, und hier in Weihenstephan ist alles konzentriert auf das Brauwesen."
Mekka der Bierbrauer
Der Studiengang in Weihenstephan wird immer beliebter. Von etwa 250 Studenten haben in diesem Semester über 100 neu angefangen. Das Studium ist hart, viele brechen ab. Etwa 15 Prozent sind ausländische Studenten, die besonders motiviert sind. Mit oft jahrelangen Deutschkursen haben sie sich auf das Studium an der bayerischen Bieruniversität vorbereitet. So auch der Chinese Fei Qian. Er schätzt an der Ausbildung in Weihenstephan, dass der Weltruhm des deutschen Bieres nicht nur aufs rein Wissenschaftliche begrenzt ist: "Weihenstephan ist ja das Mekka der Bierbrauer und des Bieres. Und wenn man in Deutschland mal ein Bier getrunken hat, kann man schon eine gewisse Liebe dazu entwickeln."
Die Liebe zum deutschen Bier hat auch Lucero Gonzalez Castro aus Kolumbien entdeckt. Wie Fei Qian möchte sie nach dem Studium eine eigene Brauerei gründen. Andere Studenten arbeiten später in der Pharmabranche, der Getränke- oder allgemein der Lebensmittelindustrie. Die Kolumbianerin Lucero Gonzalez Castro möchte später ihr eigenes Bier nach dem deutschen Reinheitsgebot brauen. Sie findet es einfach besser- nicht nur am "Tag des Deutschen Bieres."