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Neue Dauerausstellung für KZ Auschwitz-Birkenau

Sarah Judith Hofmann2. Juni 2015

Berge von Schuhen Ermordeter: Damit hat das Museum Auschwitz die Gräuel der Nazis ins Gedächtnis gegraben. Aber reicht das heute noch? 70 Jahre nach der KZ-Befreiung soll die Arbeit an einer neuen Ausstellung beginnen.

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KZ Auschwitz-Birkenau: Schuhberg hinter einer Vitrine, (Foto: Rosalia Romaniec / DW)
Bild: DW/R.Romaniec

Aus drei Teilen soll sie bestehen, die neue Hauptausstellung von Auschwitz-Birkenau. Eigene Abteilungen widmen sich den Tätern, dem Massenmord an den europäischen Juden und dem Leben der Häftlinge. All dies wurde bislang im Museum Auschwitz nämlich nicht oder vielmehr nur sehr knapp beschrieben.

Die Hauptausstellung war nach einer ersten Fassung von 1947 einzig 1955 noch einmal grundlegend überarbeitet worden - danach verließ man sich auf die schockierende Wirkung der Vitrinen voller Haare, Schuhe, Brillen und Koffer der Ermordeten. Auch Fotos von Häftlingen aus dem sogenannten Stammlager Auschwitz I werden bis heute in den Gängen einzelner Baracken gezeigt, ebenso wie ein Modell des gesamten Areals von Auschwitz-Birkenau, dem größten der ehemaligen deutschen Vernichtungslager. Mindestens 1,1 Millionen Menschen wurden dort ermordet.

Das größte Vernichtungslager der Nazis

Angeschlossen an Auschwitz I (wo in erster Linie politische Häftlinge untergebracht waren) und Auschwitz-Birkenau (ein riesiges Areal, auf dem sich sowohl Baracken als auch Gaskammern und Krematorien befanden) war Auschwitz III Monowitz, ein Industrieareal, in dem Firmen wie I.G. Farben mit Hilfe der Nationalsozialisten Profit machten. Neben dem Zahngold und der Kleidung der Millionen Juden, Sinti und Roma und politischen Häftlingen, waren selbst die Haare der Ermordeten noch zu Geld gemacht worden. Geld, das in deutschen Kassen landete.

Gemordet wurde nicht allein in Auschwitz. Auch Majdanek, Treblinka, Belzec und Sóbibor waren Vernichtungslager, in denen Menschen wie am Fließband einer Fabrik ermordet wurden. Und auch in allen anderen Konzentrationslagern wie Ravensbrück, Dachau, Buchenwald, Mauthausen und vielen weiteren wurden Menschen systematisch getötet, indem man sie durch schwere Arbeit, Folter, Hunger oder durch Erschießen zu Tode brachte. Ganz zu schweigen von den Massenerschießungen in der Schlucht von Babyn Jar in der Nähe von Kiew oder im Wald von Ponar in der Nähe von Vilnius, um nur zwei zu nennen.

Und doch: Auschwitz ist das Symbol für all diese Orte. Denn dort wurde das industrialisierte Morden der Nazis auf die Spitze getrieben. Nirgendwo sonst wurden in so kurzer Zeit so viele Menschen auf so perfide Weise umgebracht.

Tausende von Geldbeuteln, die den KZ-Insassen abgenommen wurden (Foto: Reuters)
Nach wie vor berührend: Else Meier aus Köln oder das Waisenkind Hanna - die Koffer im Museum Auschwitz erinnern an die Menschen, denen sie gehörten, bevor sie ihnen bei ihrer Ankunft im KZ abgenommen wurden.Bild: Reuters/P. Ulatowski

Museumspädagogik von 1955

Erklärt wurden diese Fakten vom bisherigen Museum Auschwitz nur durch bloße Schrifttafeln an Wänden. Auf moderne Museumspädagogik mit Filmen, Computern oder Originaltönen von Opfern wurde in der Hauptausstellung Auschwitz bisher verzichtet.

Seit 1960 gibt es zwar sogenannte "Nationenausstellungen" in mehreren Baracken, bei denen den Menschen des jeweiligen Landes gedacht wird, die in Auschwitz ermordet wurden. Diese sind zum Teil hochmodern und wurden auch in den letzten Jahren immer wieder erweitert. Seit 2009 hat die Gedenkstätte auch eine eigene Facebook-Seite. Inzwischen "gefällt das" mehr als 185.000 Personen. Mehr als 1,5 Millionen Menschen besuchten die Gedenkstätte im vergangenen Jahr bei Oswiecim in Polen. Und doch wurde die Hauptausstellung seit 60 Jahren nicht mehr erneuert.

Die Gedenkstätte verfällt

Vom Verfall bedroht ist auch Auschwitz-Birkenau - die Mordfabrik der Nazis, gut drei Kilometer vom Museum entfernt. Nur wenige der Baracken sind für Besucher zugänglich, in allen anderen droht Einsturzgefahr. Die von den Nazis vor ihrer Flucht gesprengten Krematorien und Gaskammern sind Ruinen, die ungeschützt der Witterung ausgesetzt sind. Für den Erhalt dieser Gebäude und Erinnerungsorte fehlte lange das Geld. 2009 wurde die Stiftung Auschwitz-Birkenau gegründet. Ihr Ziel: Weltweit Spenden einwerben und aus den jährlichen Zinsen die dringend notwendigen Erhaltungs- und Restaurierungsarbeiten finanzieren. 120 Millionen Euro wurden insgesamt zugesagt, 60 Millionen allein aus Deutschland. Auch andere EU-Staaten, die USA oder etwa die Türkei haben Hilfen versprochen. Doch Jahre vergingen, ohne dass das Geld tatsächlich bei der Stiftung ankam.

Ankunft der Juden in Auschwitz-Birkenau (Foto: AP Photo/Yad Vashem)
Wer heute auf dem Gelände von Auschwitz-Birkenau an der sogenannten "Rampe" steht, wo die Züge mit Menschen aus ganz Europa ankamen, denkt unweigerlich an Fotos wie dieses.Bild: Yad Vashem Photo Archives

Nun scheint immerhin die Finanzierung für die neue Hauptausstellung des Museums geklärt zu sein - dank der vom polnischen Kulturministerium zugesicherten Unterstützung, sagte Piotr Cywinski, der Direktor der Gedenkstätte, am Dienstag bei der Sitzung des Internationalen Auschwitz-Rates in Oswiecim. Etwa 25 Millionen Euro sollen in die völlig neu konzipierte Ausstellung fließen. Wegen der Denkmalschutzauflagen für das ehemalige Lager wird der Bau in den einstigen Häftlingsbaracken jedoch nur langsam Fortschritte machen - nach Angaben eines Sprechers wird die Ausstellung erst in etwa elf Jahren fertig sein.