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Gekrönte und ungekrönte Oberhäupter

10. Januar 2012

Die Urlaubszeit naht. Und damit ist der Streit in deutschen Familien programmiert. Geht es ans Meer oder in die Berge? Wer sich für den Chiemgau entscheidet, findet dort die Alpen und den drittgrößten See Deutschlands.

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Bootsfahrt auf dem Chiemsee mit den Chiemgauer Alpen im Hintergrund (Foto: DW)
Chiemsee und die AlpenBild: DW

Josef Ecker liebt seine Heimat. Das ist ihm in der Ferne bewusst geworden. Josef Ecker arbeitet als Musiklehrer. Nicht nur in Bergen im Chiemgau, sondern überall in Deutschland. Vor 13 Jahren hat Ecker erstmals ein Jodelseminar angeboten und damit eine Marktlücke entdeckt.

Jodel-Lehrer Josef Ecker hat seinen rechten Arm in die Höhe gehoben und jodelt (Foto: DW)
Optimale Haltung: Jodel-Lehrer Josef EckerBild: DW

Heute melden sich täglich bis zu zehn Interessenten, die diese urbayerische Art des Singens lernen wollen. Hausfrauen und Manager sind dabei. Eine Gruppe Briten reiste einmal extra aus London für einen Abendkurs an. Medien haben ihm sogar das Prädikat "Jodel-König" verliehen. Er hätte auch bei der Wahl zum Trachten-König gute Chancen, mit der knielangen Lederhose und dem Konterfei des Bayern-Königs Ludwig II. auf dem Hosenträger. "Der König war ein Förderer der Musik", erklärt Ecker.   

Die Voraussetzungen zum Jodeln schaffen

Josef Ecker trägt Lederhose mit König-Ludwig-Konterfei auf den Hosenträgern. (Foto: DW)
König-Verehrung auf der LederhoseBild: DW

"Eine kräftige Stimme, die richtige Atmung durch das Zerchfell und die passende Umgebung braucht es", erklärt Josef Ecker und zeigt nach oben auf seinen "Hausberg", den Hochfelln. Am liebsten würde er auf den 1674 hohen Gipfel laufen, "weil sich das für einen Bayern so gehört. Der erobert den Berg am liebsten zu Fuß."

Das würde aber zu lange dauern. Dehalb nehmen wir die Drahtseilbahn. Bis zur Mittelstation betätigt sich Josef Ecker als Fremdenführer. Er deutet auf die Maxhütte, wo vor 450 Jahren schon Erz verarbeitet wurde. Heute können sich Besucher im Museum in den alten Gebäuden am Fuße des Berges über die Geschichte der Eisengewinnung und Metallverarbeitung informieren. Unterhalb der Bahn, an der Mittelstation, tauchen in der Sonne mehrere Almhütten auf. Die Häuser Bergens werden immer kleiner. Das Dorf liegt idyllisch eingebettet in Moränenhügel, die aus der Eiszeit stammen erklärt Josef Ecker. Und dann zeigt Ecker auf das Moor. In dem Naturschutzgebiet brüten seltene Vogelarten.

Was braucht der Mensch mehr?

"Man kann Klettern, Bergwandern, Flachwandern und auf dem See kann man segeln und schwimmen", schwärmt Josef Ecker. Den Chiemsee kann man auch mit dem Fahrrad umrunden. Rund 60 km sind es.

Blick vom Hochfelln bei Bergen auf das Tal mit dem Chiemsee (Foto: DW)
freie Sicht und abendliche RuheBild: DW

Nach 15 Minuten Fahrt sind wir oben auf dem Gipfel des 1674 Meter hohen Hochfelln angekommen und genießen den Rundumblick auf das Alpenvorland und die Zentralalpen. Am Horizont glänzen die schneebedeckten Spitzen des Großglockners. Davor im nächsten Tal sind die Häuser des Wintersportortes Ruhpolding zu erkennen. Hier auf der Höhe sei der geeignete Ort zum Jodeln, findet der Musiklehrer. "Die Landschaft, die Natur sind meine Kooperationspartner. Da kann ich frei atmen."

Jetzt geht es los - juhuhuhu

Und dann erklärt er, dass man zur Vorbereitung mit einem Arm eine weit ausholende Bewegung machen sollte, als wolle man jemanden freudig begrüßen. Gleichzeitig streckt er den Bauch raus, um tief Atem zu schöpfen. "Man muss den Atem auch hinten im Nierenbereich spüren." Das nennt man Zwerchfellatmung. Und schon legt er los. Hulliahe-idi-he-hidi. Juhuhuhu. Im Sommer, sagt er, bekomme er in wenigen Sekunden eine Antwort von Wanderern. Früher hätten die Alm- und Bergbewohner sich durch Jodeln über weite Distanzen verständigt. Er habe das Jodeln überall praktiziert, auch schon in Fußgängerzonen und sei immer mit einem Lächeln begrüßt worden.

Der Eremit mit Anschluss zur weiten Welt

Der Meier Loisl hält sich am liebsten zurück. Der Wirt der Hochfellnhütte lebt fast das ganze Jahr hier oben, denn im Winter kann man bis ins Tal Skifahren. Er habe auf dem Hochfelln alles, was er brauche: herrliche Aussichten und Ruhe am Abend. Jodeln muss der "Bergkönig" nicht zur Verständigung. Das Haus verfügt über einen drahtlosen Internetanschluss.

Der sagenhafte König und sein "Tempel des Ruhmes"

Plakat zur bayerischen Landesausstellung auf Schloss Herrenchiemsee aus Anlass des 125. Todestags von König Ludwig II. (Foto: DW)
Was vom König übrig bliebBild: DW

König Ludwig II. hätte die moderne Technik sicher gefördert. Der Bayernkönig war zwar gegen den Ausbau des Schienennetzes im Königreich, weil es die idyllische Einsamkeit und die romantische Natur zerstöre, er selbst genoss die nächtlichen Fahrten auf dem ersten elektrisch beleuchteten Schlitten im Land. Und auf Schloss Neuschwanstein befand sich eine Fernsprechwandstation, die 1885 gebaut wurde. Zum 125. Todestag des Monarchen stellt eine multimediale Landesausstellung im Schloss Herrenchiemsee, auf der gleichnamigen Insel, das Leben und die damalige Zeit dar.

Schloss Herrenchiemsee (Foto: DW)
"Neu-Versailles" in BayernBild: DW

Original-Exponate wie das bestens erhaltene Taufkleid wurden dafür zusammengetragen. Erstmals können Besucher die unvollendeten Räume im Schloss, dem "Tempel des Ruhmes" besichtigen, dass der König nach dem Vorbild des Schlosses Versailles, zu Ehren des französischen Sonnenkönigs Louis XIV. errichten ließ. Ganze sechs Tage verbrachte der menschenscheue Monarch im Herbst 1885 in den prunkvollen Räumen auf dem Inselschloss, die mit modernster Technik ausgestattet waren. Die Ausstellung bietet eine umfassende sachliche Darstellung auf den König, dessen Tod so rätselhaft bleibt wie sein Leben aus heutiger Sicht dekadent erscheint.

Mysteriöser Tod bleibt ungeklärt

Entwurf für das Chambre de Parade in Herrenchiemsee (Foto: Haus der Bayerischen Geschichte)
Entwurf für einen SalonBild: Haus der Bayerischen Geschichte

Seine Spur verliert sich am 13. Juni 1886 am Starnberger See. Wählte er den Freitod, löste sich versehentlich ein Schuss aus der Waffe seines begleitenden Arztes oder wurde Ludwig II. ermordet?

Die Zeiger seiner Taschenuhr, in die Wasser eingedrungen war, blieben um 18:54 Uhr stehen. Auch sein Regenschirm wurde am Ufer gefunden. Beide Gegenstände sind auf Herrenchiemsee ausgestellt. Sie gehören zum Mythos, der König Ludwig II. umgibt. 

Der Kardinal - und ein Irrtum

Spuren eines anderen Bayern von hohem Bekanntheitsgrades finden sich unweit des Chiemsees. Papst Benedikt XVI. besuchte die Ratzinger Höhe, einen begrünten Hügel nahe der Gemeinde Prien, von dem man einen herrlichen Blick auf den See und die Chiemgauer Berge in zehn Kilometer Entfernung hat.

Hinweis auf Besuch des früheren Kardinals Ratzinger (Papst Benedikt 16.) auf der Ratzingerhöhe, Chiemsee (Foto: DW)
Hier war...Bild: DW

Der Ort wurde aber nicht nach dem derzeitigen Oberhaupt der Römisch-Katholischen Kirche benannt, sondern ist von dem Weiler Ratzing abgeleitet. Dennoch besteht durchaus eine Verbindung zwischen dem Papst und der Anhöhe auf 694 Meter über dem Meeresspiegel.

Die Mutter des früheren Kardinals Josef Ratzinger wohnte bei Rimsting unterhalb der Ratzinger Höhe. Und daher besuchte auch Ratzinger einmal den Fleck und pilgerte vorbei am Obstlehrpfad, mit vielen Bäumen aus aller Welt. Ein Lindenbaum, den die Bürger der Gemeinde Rimsting pflanzten, erinnert an das Ereignis.

Autorin: Karin Jäger
Redaktion: Arne Lichtenberg