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Armut oder Terrorismus?

Norbert Ahrens/mik20. März 2002

In Monterrey sprechen Nichtregierungsvertreter, Politiker und Wirtschaftsexperten über die Zukunft der armen Länder. Viele Teilnehmer fordern statt der "Koalition gegen den Terrorismus" eine "Koalition gegen die Armut".

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Kinder sind von Armut besonders stark betroffenBild: AP

Für die schwedische UN-Botschafterin Ruth Jacoby, eine der Organisatoren der UN-Konferenz von Monterrey, stellt das Treffen zwar einen Fortschritt dar. Allerdings erinnert sie daran, dass Entwicklungshilfe nicht isoliert betrachtet werden dürfe. "Vor allem glaube ich, es handelt sich auch um eine neue Form der Zusammenarbeit, eine Zusammenarbeit zwischen den Finanzinstitutionen, der Entwicklungsinstitutionen und auch der Handelsinstitutionen." Man könne nicht mit der einen Hand – durch Entwicklungshilfe - etwas geben, während man mit der anderen Hand – durch Importbeschränkungen - wieder etwas wegnehme, sagte Jacoby.

Das Schlussdokument der Konferenz, der sogenannte "Konsens von Monterrey", ist bereits vor Beginn der Tagung erarbeitet worden und muss nun nur noch am 22. März verabschiedet werden. Zwar mahnt das Papier in allgemeinen Worten "die Konstruktion eines besseren Welthandelssystems" an, konkrete Vorschläge und Maßnahmen werden aber nicht erwähnt.

Kritik an Schlussdokument

Es ist daher nicht verwunderlich, dass es bereits heftige Kritik an dem Papier gab. Globalisierungsgegner und Menschenrechts-Organisationen bemängeln, im Monterrey-Konsens" fehlten verbindliche Zusagen für Schuldenstreichungen ebenso wie die Einlösung des 30 Jahre alten Versprechens der Industriestaaten, die Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Bruttosozialprodukts zu erhöhen.

Auch der Ökumenische Rat der Kirchen übte Kritik: "Finanzierung kann und darf kein Selbstzweck sein", heißt es in der Stellungnahme des Weltkirchenrates. Und: "Wir dürfen nicht vergessen, dass wir in einer Welt leben, in der die mächtigsten 20 Prozent der Weltbevölkerung mehr als 83 Prozent des weltweiten Einkommens konsumieren, in einer Welt voller Konflikte, von denen die meisten ihre Ursachen in der Armut haben."

Kritik am Wirtschaftsmodell

Der Monterrey-Konsens erwähne explizit weder die Notwendigkeit einer Kontrolle der Finanzmärkte noch die Förderung von Gleichheit und Menschenrechten als Faktoren im Welthandel. Besonders scharf geht das Papier des Weltkirchenrates mit der seiner Ansicht nach fehlenden Kritik am neo-liberalen Wirtschaftsmodell ins Gericht. "Dieses Modell enthält keinerlei Hoffnung, die Armut zu eliminieren oder auch nur zu reduzieren." Stattdessen schaffe es mehr Ungleichheit und schliesse weltweit ganze Bevölkerungen aus. "Wir sind besorgt darüber, dass eine UN-Konferenz erneut von neo-liberaler Wirtschaftspolitik durch die Welthandelsorganisation, die Weltbank und den Internationalen Währungsfonds (IWF) dominiert wird", lautet das Fazit des Weltkirchenrates.

Wie aus Kreisen des Vorbereitungskomitees zu hören ist, war es vor allem der Druck der US-Regierung, der ein deutlicheres Schlussdokument von Monterrey verhindert habe. US-Präsident George W. Bush habe sogar seine Teilnahme - am Donnerstag und Freitag - und damit auch die Zusage von fünf Milliarden US-Dollar davon abhängig gemacht. Die "Koalition gegen die Armut", sollte sie denn in Monterrey zustande kommen, wird wohl auf jeden Fall schwächer ausfallen als die "Koalition gegen den Terrorismus".

Trotz aller Querelen und Kritik: Damit die Enwicklungshilfe eine Chance hat, muss nach sich nach Auffassung der schwedischen UN-Botschafterin Jacoby muss sich vor allem die Einstellung der Menschen in den Industrieländern ändern. "Die Bevölkerung in den reichen Ländern muss ja auch damit einverstanden sein und es gut finden." Unterstützung für diesen Wandel sollten die Politiker und die Medien leisten. "Damit das nicht so gesehen wird, dass man den eigenen Leuten etwas wegnimmt, sondern im Gegenteil, dass man der eigenen Bevölkerung etwas schenkt, indem man ihr hoffentlich eine besser Welt schenkt", sagte Jacoby.