1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Arabische Touristen in München

Claudia Zeisel2. Oktober 2013

Jeden Sommer reisen Hunderttausende arabische Touristen in die bayerische Landeshauptstadt, viele kommen aus den reichen Golfstaaten. München hat sich bestens auf die zahlungskräftigen Gäste eingestellt.

https://p.dw.com/p/19lD7
München-Panorama (Foto: Fotolia/ Elena kouptsova-vasi)
München hat viel zu bieten: Sehenswürdigkeiten wie Frauenkirche und Neues Rathaus - und gilt außerdem als ShoppingparadiesBild: Fotolia/ Elena kouptsova-vasi

Ahmed wollte eigentlich nur ein paar Wochen in München bleiben. Ärzte hatten ihm in seiner Heimat Saudi-Arabien bei einer Fußoperation versehentlich den Nerv durchtrennt. Um sich von den besten Ärzten behandeln zu lassen, kam der 36-jährige Pilot nach München. Das ist inzwischen zwei Jahre her, sein Fuß ist gut verheilt. Doch von seiner Lieblingsstadt will sich Ahmed einfach nicht trennen. Seit Monaten wohnt er in verschiedenen Hotels. "München ist der beste Ort, an dem ich je war", sagt Ahmed. "Hier ist es sauber, sicher, die Leute sind freundlich und respektvoll. Ich liebe das Leben hier."

Nach Großbritannien ist Deutschland das beliebteste europäische Reiseziel für arabische Touristen. Die meisten kommen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, gefolgt von Saudi-Arabien und Kuwait. Die Stadt München schätzen sie besonders. Vor allem in den Sommermonaten, wenn es in ihrer Heimat sehr heiß ist, kommen Gäste aus den Golfstaaten in die Isarmetropole, sehen sich historische Stätten an, besuchen Ärzte und Kliniken - und gehen shoppen.

Arabische Touristen auf Rundfahrt auf einer Rikscha Ort und Datum (Foto: Salah Soliman)
2011 zählte Deutschland etwa 1 Million Übernachtungen arabischer Touristen, allein 370.000 davon in MünchenBild: DW/S.Soliman

Hauptsache Luxus

Besonders die arabischen Gäste aus der Oberschicht sind zahlungskräftige Kunden. Laut Statistik geben sie im Schnitt 550 Euro pro Tag aus. Die Hälfte ihrer Einkäufe in Deutschland tätigen sie in München. Neben Markenkleidung stehen Schmuck, Geschirr und medizinische Artikel auf ihrer Einkaufsliste. Kein Wunder, dass Boutiquen-Betreiber und Hoteliers die Sommermonate inzwischen "Arabische Wochen" getauft haben.

"Ob Taschen, Parfüms oder Highheels - die arabischen Kundinnen kaufen alles, was Luxus ist", verrät eine Verkäuferin von Dolce & Gabbana in der Maximilianstraße. Hierbei gelte der Grundsatz: Je teurer, desto besser. Der Geschmack arabischer Frauen unterscheide sich nicht von dem reicher Europäerinnen, sagt sie. "Nur kriegen wir die Sachen später unter dem Schleier nicht zu sehen."

Arabische Frauen beim Einkauf in der Münchner Fußgängerzone (Foto: DW/Soliman)
Der Umsatz stimmt - arabische Touristen in MünchenBild: DW/Soliman

Obwohl viele arabische Touristen Englisch sprechen, kommen ihnen die Geschäfte inzwischen entgegen und engagieren Dolmetscher. Dolce & Gabbana hat eine Mitarbeiterin eingestellt, die fließend arabisch spricht. Männliche Verkäufer hätten bei den Damen aus dem Orient keine Chance. "Wenn die arabischen Frauen in die Umkleidekabine gehen, heißt es für unsere männlichen Kollegen: Abstand halten!"

Der erste Schnee auf der Zugspitze

Neben den guten Einkaufmöglichkeiten schätzen arabische Gäste auch Münchens geografische Lage. Durch die Nähe zu Österreich, der Schweiz und Italien lässt sich ein München-Besuch gut mit einer Rundreise verbinden. Vor allem aber ist es von der bayerischen Landeshauptstadt nicht weit bis in die Alpen. Und die sind für die Gäste aus der Wüste ein besonderer Höhepunkt.

25.000 Besucher aus den Golfstaaten kommen jährlich auf die Zugspitze, Deutschlands höchsten Berg. Manche sehen hier zum ersten Mal in ihrem Leben Schnee. "Die Kinder sind jedes Mal außer Rand und Band, wenn sie auf der Zugspitze stehen und diesen Ausblick haben", sagt Fremdenführer Eid Hafez. Die Erwachsenen griffen dagegen zum Handy, um ihren Verwandten in der Heimat zu sagen: "Du wirst nicht glauben, wo ich gerade stehe!"

Wanderer in winterlichem Alpen-Panorama (Foto: Getty Images)
Auf der Zugspitze gibt es oft auch im Herbst schon SchneeBild: Getty Images

Der Ägypter Eid Hafez begleitet regelmäßig arabische Familien durch ihren Urlaub. Obwohl er weiß, dass es Medizintourismus auch in Zukunft geben wird, glaubt er, dass die Zahl arabischer Patienten in München wieder leicht zurückgehen wird. "Einige Regierungen in den Golfstaaten haben verstanden, dass sie vor Ort eine bessere medizinische Versorgung bieten müssen." Sie ließen derzeit neue Krankenhäuser bauen und verbesserten deren Ausstattung.

Muslimisches Essen und Gebetsräume

An den Münchner Hotel-Betreibern jedenfalls dürfte der arabische Tourismus-Boom nicht scheitern. Sie haben sich ganz auf ihre muslimischen Gäste eingestellt. Luxushotels wie der Bayerische Hof oder das Kempinski bieten Verpflegung nach islamischem Standard, statten ihre Zimmer bei Bedarf mit einem Kompass aus, der die Richtung nach Mekka anzeigt und in einigen Hotels gibt es Gebetsräume.

So auch im City Apart Hotel nahe des Münchner Hauptbahnhofs, das überwiegend Gäste aus den Golfstaaten beherbergt. Sie fühlen sich wohl in dem arabisch geprägten Viertel mit Dönerläden, Schischabars und Schmuckgeschäften an jeder Ecke und bleiben oft mehrere Monate. In den Appartments mit Küche können sich die Familien ihr Essen selbst zubereiten. Im Untergeschoss gibt es Gebetsräume. Sie laden Freunde ein, feiern bis tief in die Nacht.

McDonald's-Filiale in München mit Firmenschild in arabischer Schrift (Foto: DW/Soliman)
Fastfood - auch auf arabischBild: DW/Soliman

Weil es dann ab und zu auch mal laut werden kann, hat Hotelmanager Harro Reich seit einem halben Jahr Security-Personal engagiert: "Die sorgen nachts für Ruhe, indem sie die Gäste höflich bitten, auf ihren Zimmern zu bleiben." So fühle sich niemand gestört. In der Tat: In der Lobby des Hotels sitzen entspannt Männer in weißen Dischdasch-Gewändern auf der Couch und unterhalten sich. Kinder spielen Fangen, hin und wieder kommt eine vollverschleierte Frau aus dem Aufzug. "Isch liebe disch" sagt der achtjährige Mohammed aus Saudi-Arabien und schaut Rezeptionistin Christine verschmitzt an. Trotz der Aussicht auf eine Nachtschicht muss sie lachen.