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Anklage gegen 93-Jährigen wegen NS-Verbrechen in Auschwitz

15. September 2014

Der Vorwurf gegen den Freiwilligen der Waffen-SS lautet auf Beihilfe zum Mord in mindestens 300.000 Fällen. Der inzwischen 93-Jährige soll 1944 geholfen haben, Spuren des Massenmordens zu beseitigen.

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Bahnstrecke kurz vor der Einfahrt zum Bahnhof des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau (Archivbild: dpa/picture alliance)
Bild: picture alliance/dpa

Die Staatsanwaltschaft Hannover wirft dem Beschuldigten vor, im nationalsozialistischen Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau im Ankunftsbereich des Lagerbahnhofs zurückgelassenes Gepäck neu eintreffender Häftlinge weggeschafft zu haben. Dadurch sollten laut Anklagebehörde die Spuren des systematischen Mordens von KZ-Insassen für nachfolgende Häftlinge verwischt werden. Durch seine Tätigkeit habe der Mann den Mord an mehreren Hunderttausend Menschen unterstützt. Dem Freiwilligen der Waffen-SS sei bewusst gewesen, dass die als nicht arbeitsfähig eingestuften überwiegend jüdischen Häftlinge nach der Ankunft in den Gaskammern der Nationalsozialisten ermordet wurden, begründete die Staatsanwaltschaft Hannover, die in Niedersachsen für die Verfolgung von NS-Verbrechen zuständig ist, ihre Anklage.

Beihilfe zum Mord in mehr als 300.000 Fällen

In dem aktuellen Fall lägen bereits 16 Anträge von Überlebenden und Angehörigen der Opfer der sogenannten "Ungarn-Aktion" vor. Weitere seien angekündigt. Der heute 93-Jährige Angeklagte soll während der "Ungarn-Aktion" von Mai bis Juli 1944 in Auschwitz an der Bahnrampe im Lagerabschnitt Birkenau beschäftigt gewesen sein. Der Niedersachse soll nicht nur das Gepäck weggeschafft und damit Spuren für nachfolgende Häftlinge verwischt, zu seinen Aufgaben soll es auch gehört haben, dem Gepäck entnommenes Geld an das Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt der SS in Berlin weiterzuleiten. Damit habe er dem NS-Regime auch noch wirtschaftliche Vorteile verschafft.

Die Anklage sei wegen der Rechts- und Beweislage auf diesen Zeitraum eingeschränkt worden. Zwischen dem 16. Mai und dem 11. Juli 1944 trafen in Auschwitz-Birkenau 137 Eisenbahntransporte mit rund 425.000 Menschen aus Ungarn ein. Laut Anklage wurden mindestens 300.000 von ihnen in den Gaskammern getötet.

Frühere Ermittlungen gegen den Mann hatte die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main 1985 mangels Beweisen eingestellt. Das neue Verfahren beruht auf Vorermittlungen der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg. Über die Eröffnung des Verfahrens muss nun die zuständige Schwurgerichtskammer des Landgerichts Lüneburg entscheiden.

qu/gmf (dpa, afp)