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Abenteuer Deutschland für einen Thailänder

21. Dezember 2010

Seine Kommilitonen lernten Englisch. Doch er fand das langweilig. So paukte Phongsakdi Chakshuvej Anfang der siebziger Jahre deutsche Vokabeln. Bereut hat er das nie. Noch heute arbeitet er bei einer deutschen Firma.

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Phongsakdi Chakshuvej beim Urlaub in EuropaBild: Phongsakdi Chakshuvej

Zum Gespräch erscheint er pünktlich auf die Minute: Phongsakdi Chakshuvej, ein mittelgroßer, schlanker Mann mit zurück gekämmtem Haar. Er lacht, wenn man ihn darauf anspricht. Präzise zu sein, zuverlässig und pünktlich – diese Eigenschaften habe er in Deutschland schätzen gelernt, sagt der Thailänder. Dort hat er in den 1970er Jahren studiert.

Deutsch Phongsakdi Chakshuvej Thailand
Phongsakdi Chakshuvej mit seiner FamilieBild: Holger Grafen

"Die Freunde, mit denen ich zusammen gelernt hatte, wollten alle in die englischsprachigen Länder gehen, nach Großbritannien oder in die USA", erinnert sich der heute 57-Jährige rückblickend an die Zeit nach der Schule. "Ich wollte woanders hin und nicht das Gleiche wie die anderen machen. Und so habe ich mir Deutschland ausgesucht, weil ich Ingenieur werden wollte." Denn: "Der Ruf deutscher Ingenieure ist perfekt, sehr gut, bis heute noch einer der besten der Welt."

Mit komplizierten Schachtelsätzen zum Studium

Deutsch paukte der junge Mann schon vorab. Denn dass das mit der komplizierten deutschen Sprache nicht so einfach werden würde, war ihm klar. Zum Studium landete er im bayerischen Coburg. Dort gab es bereits eine kleine Clique thailändischer Studenten. Da war die Heimat dann nicht mehr so fern. Für die Bewohner Coburgs hingegen waren die ausländischen Studenten ganz offensichtlich Exoten. "Coburg ist eine kleine Stadt, können Sie sich die Leute dort vorstellen?", erinnert er sich. "Obwohl dort schon seit Jahren eine Fach-Hochschule existiert, sprachen die meisten immer noch von Ausländern. Und die meisten konnten sich nicht vorstellen, dass wir Deutsch sprachen und guckten uns immer so komisch an." Doch das habe ihm nichts ausgemacht, sagt er weiter: "Thais sind ein fröhliches Volk, wir passen uns an. Und so kann ich sagen, dass ich in der Zeit in Deutschland, fünf Jahre, eine gute Zeit gehabt habe. Da kann ich nicht klagen."

Deutsch Phongsakdi Chakshuvej Thailand
Seit Jahren arbeitet er bei einem deutschen UnternehmenBild: Holger Grafen

Heute sitzt er in der Geschäftsleitung

Nach dem Studium Ende der 1970-er Jahre ging es dann auch mit dem Job ziemlich schnell: Phongsakdi Chakshuvej stieg bei der Traditionsfirma B. Grimm in Thailand ein, einer mittlerweile breit gefächerten Unternehmensgruppe. Diese ist unter anderem in den Bereichen Bau- und Transportwesen, medizinische Ausrüstung, Klimatechnik und Energie tätig. Heute ist er Mitglied der Geschäftsführung. Er erinnert sich noch gut an seinen Einstieg damals: "Mein Chef hat es sehr gut aufgenommen, der ist ja Deutscher", sagt er über den Start ins Berufsleben. "Aber die anderen Mitarbeiter, die guckten, ich will nicht sagen, ein bisschen merkwürdig. Ich bin damals schon ein bisschen deutscher gewesen als heute, weil ich alles sehr direkt ansprach und nicht so viele Scherze machte."

Deutsches Eis für die Kinder aus Thailand

Phongsakdi Chakshuvej heiratete 1985, seine Frau und er bekamen einen Sohn und eine Tochter. Sie sind heute 24 und 23 Jahre alt. Wenige Jahre nach der Hochzeit zog er erneut für einige Zeit nach Deutschland. "Die Kinder waren ungefähr vier und fünf, da musste ich in Deutschland ein Praktikum bei Siemens machen." Gut drei Monate lebte er mit seiner Familie in Deutschland. "Die Deutschen lieben ja Kinder, und wenn diese die kleinen asiatischen Kinder so laufen sahen, dann bekamen die Kleinen immer Schokolade oder Eis."

Deutsch Phongsakdi Chakshuvej Thailand
Ehemaligentreffen in CoburgBild: Holger Grafen

Auch wenn er seinen Lebensmittelpunkt in Thailand hat, kommen er und seine Frau immer gern zu Besuch nach Deutschland. Auch sein Sohn studiert mittlerweile dort – ebenfalls mit dem Ziel, Ingenieur zu werden. "Natürlich kann man die thailändische nicht mit der deutschen Mentalität vergleichen", sagt Phongsakdi Chakshuvet, wenn man ihn auf die Unterschiede zwischen den Kulturen anspricht. "Die Thais haben eine gute Mentalität und einen guten Charakter für sich, nur könnten sie einiges von Deutschland aufnehmen, zum Beispiel die systematische Denkweise oder die Genauigkeit." Er lacht, als er hinzufügt: "Aber langsam lernen sie das."

Phongsakdi Chakshuvet ist froh, beide Welten zu kennen. Wenn er vom Arbeitsalltag abschalten möchte, macht er Sport. Und er reist gerne. Mit seien Kindern fährt er gerne in den Nordosten Thailands. Dann besuchen sie dort die prächtigen Tempelanlagen.

Autorin: Nicola Glass

Redaktion: Esther Broders