1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Alles fromme Wünsche?

Anja Fähnle31. Dezember 2013

Jedes Jahr ist es dasselbe: Zwischen Weihnachten und Neujahr machen sich viele Deutsche Vorsätze für das neue Jahr. Doch nur knapp die Hälfte schafft es, diese auch umzusetzen. Warum dann der Aufwand?

https://p.dw.com/p/1AXvZ
Symolbild, auf dem in roter Schriftzug Prost Neujahr, umrankt von schillernden Papierkringeln (Foto: Jens Büttner, dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

"Ich nehme mir vor, im nächsten Jahr regelmäßig ins Fitnessstudio zu gehen", sagt die 41-jährige Sabine. "Und ich nehme mir vor, weniger Freizeittermine zu haben", meint der 65-jährige Hans. Wie die beiden haben knapp 40 Prozent der Deutschen rund um den Jahreswechsel gute Vorsätze für das neue Jahr. An erster Stelle steht seit Jahren die Stressvermeidung, gefolgt von mehr Zeit für die Familie oder Freunde und mehr Sport. Das hat das Meinungsforschungsinstitut Forsa in ihrer alljährlichen Umfrage zum Jahresende 2013 herausgefunden. Im Auftrag der Krankenkasse DAK-Gesundheit befragt das Forsa-Institut seit 2006 bundesweit mehr als 3000 Männer und Frauen. Knapp 40 Prozent der Befragten machen sich jedes Jahr Vorsätze.

Neujahr sei für viele Menschen wie ein Neustart, sagt der Bochumer Psychologie Jürgen Margraf: "Dahinter stecken drei psychologische Prinzipien". So seien Neujahrsvorsätze ein Versuch der Menschen, Kontrolle über ihr Leben zu bekommen: "Wir wollen kontrollieren, weil Stress, der kontrollierbar ist, uns nicht krank macht". Ähnlich sieht das auch Stephan Grünewald, einer der Gründer des Marktforschungsinstituts Rheingold in Köln. Vorsätze gäben eine Stoßrichtung vor: "Ich entwickle ein Bild von mir, wie ich sein könnte", erläutert Grünewald.

Porträt von Stefan Grünewald, Psychologe (Foto:Karlheinz Schindler, dpa)
Grünewald: "Man kriegt eine Stoßrichtung, aber man eröffnet auch eine Kampfzone"Bild: picture-alliance/dpa

Der Kampf gegen den inneren Schweinehund

Der zweite Grund für Vorsätze, sagt Margraf im Gespräch mit der Deutschen Welle, sei der unrealistische Optimismus des Menschen, "wir trauen uns mehr zu als wir eigentlich können". So stufe sich der Deutsche zum Beispiel bei seiner Schönheit auf einer Skala von 1 bis 100 bei 75 ein und nicht bei 50. Und bei den Neujahrsvorsätzen denken wir, "wir können das, wenn wir es uns nur vornehmen".

"Man eröffnet in seinem Leben aber auch eine Kampfzone", meint der Kölner Psychologe Grünewald. Wenn man sich vornehme, mit dem Rauchen aufzuhören oder mehr Sport zu treiben, "dann bin ich in einem beständigen Kampf gegen die Nikotinsucht oder gegen den inneren Schweinehund". Das Leben bekomme dadurch eine ganz andere Dramaturgie, auch weil man jederzeit an seinem Vorsatz scheitern könne.

Viele Vorsätze scheitern früh

Und das tun sehr viele. Nur die Hälfte der Deutschen, die sich Vorsätze machen, setzen diese länger als drei Monate um, so das Ergebnis der Forsa-Umfrage für das Jahr 2014. Während das für Margraf mit dem unrealistischen Optimismus der Menschen zusammenhängt, ist das Scheitern für Grünewald ein Akt des Selbstbetrugs: "weil wir letztendlich häufig wissen, dass wir das gar nicht durchhalten können", sagt er im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Eine Familie mit zwei Kindern spielt ein Brettspiel (Foto: Heiko Wolfraum, dpa)
54 Prozent der Deutschen wollen mehr Zeit für Familie oder Freunde habenBild: picture-alliance/dpa

Wie sich Vorsätze für das neue Jahr erfolgreicher umsetzen lassen, dazu haben die beiden Psychologen ein paar Tipps. "Da hilft ein konkreter Plan mit Teilschritten, am besten eine schriftliche Überwachung der Erfolge", sagt Margraf. Mehr Sport machen bedeute nicht, gleich am 1. Januar zehn Kilometer zu laufen, sondern das Lauftraining langsam aufzubauen, rät Margraf. Auch Grünewald empfielt Zwischenziele. Wichtiger sei aber noch sich Ziele zu setzen, die einen nicht "komplett überfordern", sagt er.

Schriftliche Fixierung und Innehalten

Er selber nimmt sich zwischen Weihnachten und Neujahr immer ein paar Stunden Zeit, um in seinem Kalender seine Ziele für das kommende Jahr aufzuschreiben. Ein Jahr später überprüft er dann seine Vorsätze. Sein oberstes Ziel 2012 sei gewesen, ein drittes Buch zu schreiben. "Das habe ich auch geschaftt", erzählt er. Andere Ziele, wie Veränderungen in seinem Institut, seien dann allerdings zu kurz gekommen.

Jürgen Margraf, Bochumer Professor für Psychologie und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (Foto: Ruhr-Uni Bochum)
Margraf: "Wir trauen uns mehr zu als wir eigentlich können"Bild: picture-alliance/dpa

Auch Jürgen Margraf macht sich immer mal wieder Vorsätze, aber selten zum 1. Januar, eher an Geburtstagen. Einer seiner Vorsätze für jedes Jahr sei es, weniger Stress zu haben, "den schaffe ich nur manchmal", gibt er zu.

"Die zehn besten Vorsätze für 2014"

Die Online-Zeitung Huffington Post machte sich Ende November über den Vorsätze-Enthusiasmus der Deutschen lustig und listetedie zehn besten Vorsätze für 2014auf: zum Beispiel kein Geld für sinnlose Dinge ausgeben, nur für unnötige oder einmal in der Woche ins Fitnessstudio gehen, nur um zu prüfen, ob es noch da sei.

Das könnte Sabine nicht. Sie braucht handfeste Vorsätze, die sie auch umsetzen kann. Ins Fitnessstudio ist sie 2013 immerhin bis zum Sommer gegangen - dann hatte sie Probleme mit der Schulter. Vielleicht hält sie im neuen Jahr länger durch - "bis zum Herbst", sagt sie augenzwinkernd.