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Öl und Euro treiben deutsche Konjunktur

Rolf Wenkel16. April 2015

Top-Arbeitsmarkt, Konsumenten in Kauflaune, billiges Öl und schwacher Euro: In ihrem Frühjahrsgutachten sagen führende Wirtschaftsforscher einen neuen Aufschwung voraus - und fordern Steuererleichterungen.

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Mitarbeiter kontrolliert Kompensatoren (foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/D. Naupold

Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einem kräftigen Aufschwung, schreiben führende Wirtschaftsforscher aus Deutschland, Österreich und der Schweiz in ihrem als "Gemeinschaftsdiagnose" genannten Frühjahrsgutachten. Die Wirtschaft "wird stimuliert von unerwarteten expansiven Impulsen, insbesondere dem Verfall des Ölpreises und der starken Abwertung des Euro. Das Bruttoinlandsprodukt wird in diesem Jahr voraussichtlich um 2,1 Prozent steigen", schreiben die Experten. Im Herbst hatten sie der deutschen Wirtschaft nur 1,5 Prozent Wachstum in diesem Jahr zugetraut.

Dabei ist der Konsum die Stütze des Aufschwungs. " Der niedrige Ölpreis lässt den Deutschen mehr Geld für den Konsum, der niedrige Euro schiebt die Exporte an", sagte der Konjunkturchef des Ifo-Instituts, Timo Wollmershäuser, in Berlin. Die Bundesregierung ist bislang vorsichtiger und sieht 2015 ein Plus von nur 1,5 Prozent.

Steuerreform angemahnt

Für das kommende Jahr erwarten die Institute, die im Auftrag der Bundesregierung ihre Schätzung erstellen, einen Anstieg der Wirtschaftsleistung um 1,8 Prozent. Stütze des Aufschwungs bleibe der private Konsum: Die Verbraucher würden wegen der niedrigeren Energiepreise sowie höherer Löhne und Gehälter mehr ausgeben.

Die öffentlichen Haushalte würden in diesem und im nächsten Jahr vermutlich mit Überschüssen von jeweils über 20 Milliarden Euro abschließen, schreiben die Forscher. "Die daraus resultierenden Gestaltungsspielräume sollten eingesetzt werden, um jetzt eine Reform des Steuer-und Abgabensystems anzustoßen. Aufgrund der im internationalen Vergleich hohen Belastung des Faktors Arbeit ergibt sich nach Einschätzung der Institute dringender Handlungsbedarf."

Die Abgabenlast, die Differenz zwischen Arbeitskosten und Nettolöhnen, gehöre in Deutschland zu den höchsten unter den OECD-Ländern, schreiben die Forscher weiter. "Deshalb sollte vor allem der Einkommensteuertarif - insbesondere im Bereich kleiner und mittlerer Einkommen - leistungsfreundlicher gestaltet werden, um die Belastung des Faktors Arbeit zu reduzieren und so das Wachstumspotenzial in Deutschland zu steigern."

Risiken bleiben bestehen

Allerdings sehen die Forscher auch einige Risiken, die den Aufschwung in Deutschland rasch eintrüben könnten. So seien die Folgen der erwarteten Zinsanhebung in den USA und der Wachstumsschwäche in China unklar. Die Konflikte zwischen Russland und der Ukraine sowie im arabischen Raum könnten zudem jederzeit eskalieren, was wieder zu höheren Ölpreisen und Turbulenzen an den Finanzmärkten führen könnte.

"Auch die sich erneut verschärfenden Finanzprobleme Griechenlands stellen ein erhebliches Risiko für die Konjunktur in Europa dar", heißt es in der Gemeinschaftsdiagnose, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung in Wien, das Ifo-Institut in München, die Konjunkturforschungsstelle ETH in Zürich, das Institut für Wirtschaftsforschung Halle , das Rheinisch-Wetsfälische Institut in Essen, Kiel Economics sowie das Institut für höhere Studien in Wien erstellt haben.