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Biobauern

Anja Kimmig7. September 2013

Erträge, die kaum zum Leben reichen und strenge Richtlinien der EU machen den Biobauern zu schaffen. Viele hören auf oder kehren zur konventionellen Landwirtschaft zurück. Eine Trendwende?

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Mähdrescher auf dem Feld Foto: DW

Die Nachfrage nach Bioprodukten steigt in Deutschland stetig. Lebensmittel ohne Chemie und der Umweltschutz werden Deutschen wichtiger, in den letzten vier Jahren hat das Handelsvolumen um 21 Prozent zugenommen. Nur in den USA ist die Nachfrage größer. Doch deutsche Biobauern hinken dem Boom hinterher. Bisher sind nur knapp acht Prozent der Bauernhöfe und rund sechs Prozent der Flächen auf Ökolandbau umgestellt. Günstige Importe aus Europa und Übersee machen den Landwirten zu schaffen. Jeder Discounter bietet sein eigenes Biosortiment an, und das entsprechend günstig. Das verdirbt die Preise.

Landwirt Stefan Röhke (Foto: DW)
Stefan Röhke hat von Bio wieder umgestellt auf konventionellen Anbau. Mit Erfolg.

Biobauern geben auf

Stefan Röhke ist deshalb letztes Jahr zur konventionellen Landwirtschaft zurückgekehrt. Mit 19 Jahren hat er den elterlichen Hof im Wendland im Bundesland Niedersachsen übernommen. Den Job als Landmaschinentechniker hat er an den Nagel gehängt und den Betrieb einige Jahre später auf Ökolandbau umgestellt: 80 Hektar Land für Biogemüse und -getreide. Es war seine persönliche Entscheidung gegen Spritzmittel und Kunstdünger.

Doch elf Jahre später sieht alles ganz anders aus. "Ich war unzufrieden mit den schlechten Erträgen, den Schwierigkeiten bei der Ernte, die Kontrollen. Da wollte ich zurück. Aber mich hat immer wieder der Gedanke gebremst, dass ich öko schöner finde, also Losfahren mit der Spritze macht mir schon Probleme, und das ganze Giftzeug zu verbreiten", sagt Stefan Röhke.

Erträge reichen kaum zum Leben

Zwei Tonnen Biogetreide hat er pro Jahr geerntet. Bei Preisen von 25 Euro pro Doppelzentner reichte das kaum zum Leben. Auch die strengen Bio-Richtlinien haben ihm zu schaffen gemacht. Im Wendland hat der Landwirt mit den nährstoffarmen Boden zu kämpfen. Trotzdem durfte Stefan Röhke nur wenig Dünger verwenden. "Mit 40 Kilogramm Stickstoff, dir mir die Richtlinie erlaubt, kann ich keine vernünftige Kultur erzeugen, zumindest, dass der Ertrag für mich passt. Da müsste ich schon für den Doppelzentner Getreide 70 Euro kriegen", so Stefan Röhke. Seit er wieder zurück umgestellt hat, hat sich sein Ertrag mehr als verdoppelt.

Viel Arbeit, wenig Ertrag - Biobauern greifen wieder zu Chemie

Studie erforscht die Gründe

Das Thünen-Institut in Braunschweig hat untersucht, warum Biobauern aufhören oder zurück umstellen. Zwischen 2003 und 2010 standen zwei Biobauern, die neu umgestellt haben, einer gegenüber, der wieder aufgehört hat. Jährlich sind das rund 600 Öko-Betriebe. Wirtschaftliche Motive, fehlende Entwicklungsperspektiven und Probleme mit den Richtlinien sind die Hauptgründe. Hiltrud Nieberg ist Agrarwissenschaftlerin und hat die Studie mitverfasst. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Rahmenbedingungen für Ökobetriebe verbessern müssen.

Wie hoch die Prämien für Biobauern sind, hängt zum Beispiel von den Bundesländern und der jeweiligen Regierung ab. "Je nach Politik werden sie abgesenkt, ganz gestoppt, dann wieder raufgesetzt", so Nieberg. "Es bedeutet eine große Unsicherheit, wenn ich umstellen will und gar nicht weiß, ob ich in fünf Jahren die Prämie noch bekomme, wenn sich meine Investitionen aber erst in 20 Jahren amortisieren."

Änderung der EU-Agrarpolitik - Nachteil für den Ökolandbau

Ende Juni haben sich EU-Parlament und -Rat über die Ausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) verständigt. Noch sind die Beschlüsse nicht rechtskräftig, doch einige Punkte sind so gut wie sicher. So ist geplant, die Gelder aus der sogenannten zweiten Finanzierungssäule um rund 15 Prozent zu kürzen. Das sind die Mittel, die untern anderem dem Ökolandbau zu Gute kommen und womit die Prämien für Biobauern bezahlt werden.

Ein Biosiegel auf einer Packung Kresse (Foto: dpa)
Das Biosiegel: Seit September 2001 wurden mehr als 66.000 Produkte damit gekennzeichnet.Bild: picture-alliance/dpa

Beim Bund für Ökologische Lebensmittelwirtschaft stößt die geplante Kürzung auf Kritik. "Man braucht mehr Geld für mehr Ökobauern und akzeptiert gleichzeitig eine Kürzung des Topfes, aus dem das bezahlt werden soll", so der Verbandsvorsitzende Felix Prinz zu Löwenstein. " Wenn es mit Logik zugehen würde, dann müsste man die zweite Säule zunehmend besser ausstatten und überhaupt nicht kürzen."

Ökolandbau-Ziele in weiter Ferne

Die EU lässt den Mitgliedstaaten offen, Gelder umzuschichten, um die Kürzungen für den ländlichen Raum auszugleichen. Doch Bundeslandwirtschaftsministein Ilse Aigner hat schon angedeutet, dass es in Deutschland nicht dazu kommen wird. Dabei wachsen die Ökoflächen in Deutschland nur langsam, 2012 um nur 1,8 Prozent. Das Ziel der Bundesregierung, 20 Prozent Ökolandbau, liegt in weiter Ferne. Bis wann man das Ziel erreichen will, hat man gleich gar nicht festgelegt.