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Israels sorgenvoller Blick nach Syrien

Kersten Knipp14. Oktober 2013

In Syrien bekämpfen sich auch sunnitische und schiitische Extremisten wie Al-Kaida und Hisbollah. Aufmerksam beobachten die Israelis den Kriegsverlauf. Denn beide Gruppen sind vereint im Hass auf den jüdischen Staat.

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Die israelische Armee auf einem Beobachtungsposten auf den Golanhöhen (Foto: Reuters)
Wachsamer Blick Richtung Syrien: Die israelische Armee auf den GolanhöhenBild: Reuters/Baz Ratner

Syrien ist ein Schlachtfeld, das Terroristen verschiedenster Couleur anzieht. Sunnitische Extremisten kämpfen gegen die Truppen von Präsident Baschar al-Assad für einen islamistischen Gottesstaat, unter ihnen auch Kämpfer der Terrorgruppe Al-Kaida und deren Ableger. Auf der Gegenseite steht auch die schiitische Hisbollah. Die Kämpfer aus dem Libanon sind angetreten, um Assad an der Macht zu halten. Denn zusammen mit dem ebenfalls schiitisch dominierten Irak bildet Syrien die geographische und politische Verbindungsachse zwischen dem Iran und dem Libanon. Fiele Assad, wäre die Verbindung der Hisbollah zu ihren Sponsoren in Teheran unterbrochen.

Angesichts der angespannten Lage im Nachbarland bemüht sich die israelische Regierung um politische Zurückhaltung. Zwar bombardierte die israelische Luftwaffe mehrfach Ziele in Syrien, dies aber diente offiziellen Quellen zufolge ausschließlich der nationalen Sicherheit. So habe man Waffentransporte an die Hisbollah verhindern wollen.

Für die Zeit nach dem Ende der Gewalt werden derzeit in Israel verschiedene Szenarien durchgespielt. Je nach Ausgang des Krieges in Syrien muss sich der jüdische Staat auf unterschiedliche Machthaber in Damaskus einstellen – und jeder von ihnen, so die Erwartung, wird Israel vor spezifische Herausforderungen stellen.

Insofern, so der an der Hebräischen Universität von Jerusalem lehrende Nahost-Experte Elie Podeh, sehe ein Teil der Israelis der Entwicklung in Syrien mit Sorge entgegen.

Karte von Israel und seinen Nachbarstaaten (DW online)
Gefährliche Nachbarschaft: Israels Lage im Nahen Osten

"Kampf zwischen Schlechten und noch Schlechteren"

Allerdings, erklärt er, gebe es auch andere Stimmen. Ihnen zufolge sei die derzeitige Situation für Israel nicht schlecht. "Für die Optimisten bedeutet der Bürgerkrieg, dass die Syrer mit ihren eigenen Problemen befasst sind und darum keine Gefahr für Israel darstellen."

Klar ist aber, dass diese Ruhe zeitlich begrenzt ist. Der Krieg wird irgendwann ein Ende finden. Was dann kommt, ist offen. Man wisse nicht, wie eine politische Alternative zu Assad aussähe, so Podeh. Die Hoffnungen der meisten Israelis richten sich auf eine moderate Regierung in Damaskus.

Denkbar sind aber auch andere, für Israel weniger beruhigende Szenarien. Schwierig werde es in jedem Fall, glaubt der am "Begin-Saddat-Center for Strategical Studies" lehrende Politologe Mordeschai Kader. Denn Israel habe weder zu Assad noch zu den Dschihadisten ein gutes Verhältnis. Wenn sie könnten, würden beide Parteien Israel auslöschen. "In Syrien findet aus unserer Sicht kein Krieg zwischen Guten und Bösen statt, sondern einer zwischen den Schlechten und den noch Schlechteren", so Kader.

Sollten am Ende die Truppen der Opposition den Krieg gewinnen, ist nicht auszuschließen, dass die gegen Assad kämpfenden Dschihadisten ihren Anteil an der politischen Macht fordern. Das, so Kader, sei für Israel eine neue Situation. Denn mit Gruppen wie Al-Kaida, der Nusra-Front oder der Organisation "Islamischer Staat in Irak und Syrien" habe man in Israel bislang keine Erfahrungen gesammelt. "Darum ist einigen Leuten in Israel Assad lieber."

Kämpfer der Al-Nusra Front in Syrien (Foto: AP)
Bereit für den Heiligen Krieg: Al-Nusra-Kämpfer in SyrienBild: picture-alliance/AP

"Assad ist ein Teufel – aber einer, den wir kennen"

Darunter befinde sich auch die israelische Regierung, so Kader weiter. Sie würde es bevorzugen, wenn Assad an der Macht bliebe. Denn ihn kenne man in Israel, und man wisse, wie mit ihm umzugehen sei. Nahost-Experte Podeh ist gleicher Ansicht: "Assad ist ein Teufel, aber zumindest einer, den wir kennen. Und das ist besser als ein Teufel, den wir nicht kennen."

Dennoch: Auch ein Verbleib Assads an der Macht werfe für Israel Probleme auf, sagt Kader. Assad habe ein enges Verhältnis zu Iran. "Und Iran stellt für Israel und andere Staaten eine strategische Bedrohung dar."

Dass am Ende die Dschihadisten in Syrien triumphieren, bezweifelt Elie Podeh ohnehin. Dazu seien sie zu schwach. Aber dennoch: "Sollte Al Kaida aber an die Macht kommen, wäre das eine Bedrohung für Israel – aber auch für den Westen."

Geschwächte Hisbollah

In Hinsicht auf die Aktivitäten der libanesischen Hisbollah, gegen die Israel 2006 Krieg führte, zieht man in Jerusalem eine verhalten positive Bilanz. Zwar sei die Hisbollah im Libanon weiterhin eine sehr starke Kraft, erläutert Elie Podeh. "Aber man kann sagen, dass ihre Bedeutung in der arabischen Welt infolge ihrer Unterstützung des Assad-Regimes zurückgegangen ist."

Soldaten der syrischen Armee feiern die Wiedereroberung der an die Rebellen gefallenen Stadt Qusair (Foto: Getty Images)
Siegerpose: Soldaten der syrischen Armee - auf ihrer Seite kämpft auch die HisbollahBild: AFP/Getty Images

Viele sunnitische Staaten hätten sich inzwischen gegen Hisbollah gestellt. Vor allem aber habe das syrische Engagement der Hisbollah auch im Libanon selbst Konsequenzen: "Das Image der Organisation hat dadurch gelitten. Ihre Position ist schwächer geworden. Und das ist eine gute Nachricht für Israel und den Westen allgemein", sagt Podeh.

Auch Mordechair Kader beobachtet im Libanon eine wachsende Kritik an der Hisbollah. Er beobachtet aber auch zunehmend konfessionelle Spannungen. "Im Libanon findet ein verborgener Krieg zwischen Schiiten und Sunniten, Christen und Drusen statt, der das ganze Land in Brand setzen könnte." Verantwortlich dafür sei die Hisbollah. Aus diesem Grund könne er auch die Haltung mehrerer europäischer Staaten nicht verstehen, die den politischen Arm der Partei weiterhin anerkennen. "Zugleich ignorieren sie den Terror, den die Organisation im Libanon, in Israel und in Syrien verbreitet."