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Zwei Deutsche verschleppt

12. Februar 2007

Eine aus Deutschland stammende Mutter und ihr Sohn sind allem Anschein nach im Irak verschleppt worden. Bundesaußenminister Steinmeier: "Wir können nicht ausschließen, dass es sich um eine gewaltsame Entführung handelt."

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... und wieder ist der Krisenstab des Auswärtigen Amtes gefordertBild: AP

Der Sprecher des Bundesaußenministers, Jens Plötner, forderte die Medien zur Zurückhaltung auf, um das Leben der Deutschen nicht zu gefährden. Gleichwohl berichtete der Berliner "Tagesspiegel" unter Berufung auf Sicherheitskreise, die bewaffneten Entführer hätten Mutter und Sohn bereits am vergangenen Dienstag (6.2.2007) aus ihrem Wohnhaus in Bagdad verschleppt. Die gut 60 Jahre alte Frau sei mit einem irakischen Arzt verheiratet. Der Sohn sei Mitte 20 und im irakischen Außenministerium tätig. Die Geiselnehmer hätten gedroht, ihn zu erschießen. Dies berichtete auch die "Bild"-Zeitung.

"Wir hoffen, dass das Ganze einen guten Ausgang findet, und wir tun natürlich alles dafür, dass die beiden deutschen Staatsangehörigen gesund zu ihren Familien zurückkehren können", betonte Bundesaußenminister Steinmeier. Nach ARD-Angaben leben die beiden Verschleppten seit Jahrzehnten im Irak. Die Mutter habe familiäre Bindungen nach Berlin.

Noch etwa 100 Bundesbürger im Irak

Ein Außenamtssprecher wollte nicht dazu Stellung nehmen, ob es bereits Kontakt zu den Entführern gibt. Nach seinen Angaben halten sich noch etwa 100 Bundesbürger im Irak auf. Darunter seien auch Personen, die trotz eindringlicher deutscher Reisewarnungen in das Land eingereist seien. Dazu gehören einzelne Firmenvertreter und deutsche Mitarbeiter von Sicherheitsfirmen.

Die größte Gruppe der deutschen Staatsangehörigen befindet sich auf Grund von familiären Bindungen im Lande - also Iraker mit deutschem Pass oder Deutsche, die schon lange dort leben. Der Sprecher betonte aber, "unabhängig vom aktuellen Wohnort" gelte für alle deutschen Staatsangehörige die konsularische Betreuungspflicht.

Krisenstab schon längst einberufen

Steinmeier sagte, bereits am vergangenen Dienstag (6.2.2006) sei "der Krisenstab im Auswärtigen Amt zusammengetreten, um zu sehen und zu tun, was möglich ist". "Wir hoffen, dass das Ganze einen guten Ausgang findet, und wir tun natürlich alles dafür, dass die beiden deutschen Staatsangehörigen gesund zu ihren Familien zurückkehren können."

Im Krisenstab laufen alle Informationen zusammen; er hält außerdem Kontakt zu den maßgeblichen Stellen im Irak. Dem rund um die Uhr tagenden Gremium gehören die Außenamtsexperten für den Irak, aber auch Spezialisten für Entführungsfälle des Bundeskriminalamtes (BKA) an. Der Stab, dessen Sitzungen in der Regel von Außenstaatssekretär Reinhard Silberberg geleitet werden, besteht aus bis zu 20 Experten an. Auch Außenminister Frank Walter Steinmeier (SPD) nimmt gelegentlich an den Beratungen teil.

Dritter Entführungsfall in nur 15 Monaten

In den vergangenen 15 Monaten musste der Krisenstab des Auswärtigen Amtes zweimal wegen Entführungen von deutschen Staatsangehörigen im Irak zusammentreten. Betroffen waren seinerzeit die Archäologin Susanne Osthoff sowie die beiden Leipziger Techniker Thomas Nitzschke und René Bräunlich.

Am 25. November 2005 wurde die damals 43-jährige Osthoff zusammen mit ihrem Fahrer im Irak entführt. Nach zahlreichen Appellen an die Entführer wurde sie am 18. Dezember 2005 in Bagdad freigelassen. Die im Januar 2006 auf dem Weg zu ihrer Arbeit entführten Ingenieure Nitzschke und Bräunlich kamen im Mai nach mehr als dreimonatiger Geiselhaft wieder frei. Die Zahlung von Lösegeld wurde von der Bundesregierung nicht bestätigt.

"Entführungsindustrie" auf dem Vormarsch

Im Irak hat sich seit dem US-Einmarsch eine kriminelle "Entführungsindustrie" etabliert. Nach US-Angaben werden an manchen Tagen landesweit bis zu 50 Iraker gekidnappt, um Lösegeld zu erpressen. Die geforderten und meist auch bezahlten Beträge liegen demnach für einheimische Geschäftsleute bei etwa 30.000 bis 50.000 US-Dollar. Für Ausländer würden erhebliche höhere Beträge gefordert. (ana)