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Film

Zum Tod von Michel Piccoli

Torsten Landsberg
18. Mai 2020

Er spielte mit Romy Schneider und fraß sich an der Seite von Marcello Mastroianni im Skandalfilm "Das große Fressen" zu Tode. Nun ist Frankreichs Charakterdarsteller Michel Piccoli im Alter von 94 Jahren gestorben.

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Frankreich Schauspieler Michel Piccoli
Bild: AFP/A.-C. Poujoulat

Die Liste seiner Filme ist so lang wie die Namen seiner Regisseure prominent: Michel Piccoli, am 27. Dezember 1925 in Paris als Sohn einer Pianistin und eines Violinisten geboren, spielte in mehr als 200 Werken und arbeitete dabei mit Regie-Legenden wie Alfred Hitchcock, Costa-Gavras, Jean-Luc Godard oder Luis Buñuel zusammen.

Eine wiederkehrende und enge Bindung entstand zu Claude Sautet, mit dem er 1970 für "Die Dinge des Lebens" zum ersten Mal drehte. Es folgten mehrere gemeinsame Filme wie "Das Mädchen und der Kommissar" oder das Drama "Vincent, François, Paul und die anderen".

Für Aufsehen sorgte 1973 "Das große Fressen", in dem Piccoli zusammen mit Marcello Mastroianni, Ugo Tognazzi und Philippe Noiret eine Gruppe von Männern im mittleren Alter spielte, die sich einem nicht endenden, übermäßigen Essen samt sexuellen Ausschweifungen hingaben. Das Gelage führte in den kollektiven Suizid, der Film galt damals als Skandal.

Das große Fressen Filmstill
Michel Piccoli (links im Bild) in "Das große Fressen" Bild: picture-alliance/dpa/United Archives/IFTN

Schauspielerei als "Wunsch zu fliehen"

Schon während seiner Schulzeit hatte sich Piccoli für die Schauspielerei interessiert, später nahm er Unterricht an der Schauspielschule von René Simon. Die Sehnsucht nach dem Theater begründete er einmal mit dem "Wunsch zu fliehen". Seine Eltern bezeichnete er als leidenschaftslos. In den 1950er Jahren spielte er auf verschiedenen Pariser Theaterbühnen, ab 1957 trat er regelmäßig am Théâtre National Populaire auf. Es folgten einige kleinere Filmrollen, ehe Piccoli 1963 mit der Hauptrolle des von Selbstzweifeln geplagten Schriftstellers Paul Javal in "Die Verachtung" an der Seite von Brigitte Bardot seinen Durchbruch als Filmschauspieler feierte.

Sein Repertoire war riesig: Piccoli spielte jüngere Liebhaber und Mörder, verzagte Künstler und Anarchisten. "Ich lege mir eine Handlung nicht zu, ich schlüpfe hinter meine Charaktere", sagte er mal. "Um ein Schauspieler zu sein, muss man flexibel sein." Politisch stand er, gemeinsam mit seinen Freunden Yves Montand und Jean Paul Sartre, den Kommunisten nahe. Er engagierte sich für die politische Linke, setzte sich für Geschlechtergerechtigkeit und Flüchtlinge und gegen den Front National und Rassismus jeglicher Couleur ein.

Mehrfach preisgekrönt

Michel Piccoli erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter 1980 die Goldene Palme von Cannes für seine Rolle in Marco Bellocchios "Der Sprung ins Leere" und zwei Jahre später den Silbernen Bären der Berlinale für seine Verkörperung eines Kaufhausdirektors in "Eine merkwürdige Karriere". Nur einen César, das französische Pendant zum Oscar, gewann er nie, obwohl er mehrmals dafür nominiert war. In den 1980er Jahren kehrte Piccoli wieder häufiger ans Theater zurück, spielte aber bis zu seinem letzten Werk 2014 auch regelmäßig in Filmproduktionen, etwa neben John Malkovich, Emmanuelle Béart und Marianne Sägebrecht.

Michel Piccoli
Michel Piccoli auf dem Roten Teppich in Cannes Bild: Imago/PicturePerfect/Visual/SLF

Piccoli war dreimal verheiratet, mit seiner letzten Frau, der Drehbuchautorin Ludivine Clerc, war er bis zu seinem Tod zusammen. Bereits am 12. Mai 2020 ist der französische Charakterdarsteller im Alter von 94 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls gestorben. "Ein Teil der Geschichte des französischen Kinos hat uns verlassen", würdigte der ehemalige französische Präsident François Hollande Piccolis Werk.