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Zum richtigen Zeitpunkt in die Spielerkabine

Bernd Gräßler, Berlin6. Januar 2006

Selbst die Kanzlerin interessiert sich jetzt kraft Amtes für die Fußball-WM. Sie will die deutsche Elf sogar in der Umkleidekabine besuchen - aber nur, wenn sie ins Finale kommt. Ein Ansporn der besonderen Art.

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In diesem Jahr richtet Deutschland die Fußball-WM aus, oder um mit dem deutschen Sportfunktionär Thomas Bach zu sprechen, "Wir sind Fußball-WM", nachdem "Wir" im vergangenen Jahr bereits Papst waren.

Dass "Wir" auch Weltmeister werden, wird von manchen bezweifelt, aber Kanzlerin Angela Merkel erklärte in ihrer Neujahrsansprache, die Chancen stünden gar nicht schlecht. Frau Merkel jedenfalls scheint fest entschlossen, sich auch den Herausforderungen des runden Leders zu stellen.

Das Runde ins Eckige

In einem Interview für die Boulevardzeitung "Bild am Sonntag" erklärte sie bereits mit großer Sachkunde die Abseitsregel, trat nach dem Interview für die Fotografen eigenfüßig gegen den Ball und kündigte an: wenn Deutschland ins Finale komme, gehe sie zu den Spielern in die Kabine, und zwar "zum geeigneten Zeitpunkt".

Das lässt der Phantasie Raum, wann dieser Zeitpunkt sein könnte. Mancher hat vielleicht Bilder von halbnackten Männern im Siegesrausch vor Augen und fürchtet um die Moral in der Fußballerkabine. Eine bisher völlig unterschätzte Konsequenz aus der Wahl einer Frau ins Kanzleramt.

Eng mit Kohl in der Kabine

Für Merkels männliche Vorgänger gab es da keine Probleme, oder besser gesagt: fast keine. Als Helmut Kohl 1996 nach dem gewonnenen EM-Finale gegen Tschechien zur Mannschaft in die Kabine ging, wollten die Journalisten wissen, wie es gewesen sei. "Eng", antwortete Mittelfeldspieler Mehmet Scholl.

Der schwergewichtige Kohl ist nicht mehr Kanzler und Scholl nicht mehr in der Nationalelf, aber eine andere Klippe für die Kanzlerin könnte die Sangesfreude der übermütigen Kicker sein, so sie denn gewinnen. Aus dem Jahr 1996 ist überliefert, die Fußballer hätten beim Auftauchen Helmut Kohls in ihrer Kabine gesungen: "Helmut, senk' den Steuersatz...."