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Zinstief frisst Spareinlagen auf

Jörn Bender, dpa6. Juli 2012

Viele Kleinsparer verkennen: Aktuell fressen nicht hohe Teuerungsraten ihre Anlagen auf, sondern extrem niedrige Sparzinsen. Die Suche nach lohnenden - und zugleich sicheren - Alternativen ist schwierig.

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Symbolbild Zinsen (Foto: dpa)
Deutschland Symbolbild ZinsenBild: picture-alliance/Ernst Weingar

Fürs Alter sparen war nie so nötig wie heute - und selten so wenig attraktiv. Seit Monaten wirft die Europäische Zentralbank (EZB) Geschäftsbanken frisches Geld im Grunde hinterher. Zwar ist der Wettbewerb um Kundeneinlagen dennoch in vollem Gange, weil Banken auf Dauer eine stabile Kundenbasis brauchen. Doch hohe Zinsen für Tages- und Festgeld suchen Anleger derzeit meist vergeblich. Im Gegenteil: Oft taugen die Angebote nicht einmal zum Ausgleich der Inflation. Experten warnen vor riskanten Alternativen.

"Nach Abzug der Inflation macht jeder, der sein Geld auf dem Konto, dem Sparbuch oder in Bundesanleihen anlegt, ein Verlustgeschäft", urteilte Finanzexperte Bert Flossbach von der Kölner Vermögensverwaltung Flossbach von Storch schon im Mai in einer Mitteilung mit dem Titel: "Die Enteignung der Anleger hat begonnen".

Wer vorsorgt, zahlt die Zeche

In dieselbe Kerbe schlug Mitte Juni der Chef des Versicherungsverbandes GDV, Rolf-Peter Hoenen, im Gespräch mit der Wochenzeitung "Die Zeit": "Der Altersvorsorgesparer zahlt die Zeche für die expansive Geldpolitik zur Stützung von Banken und Staaten. Dazu kommt die höhere Inflation. Das Geld der Sparer wird täglich weniger wert. Das ist eine schleichende Enteignung."

Geld in Europa ist billig wie nie - zumindest für die Banken. Am Donnerstag öffnete die EZB die Geldschleusen noch weiter und senkte den Leitzins von bereits extrem niedrigen 1,0 Prozent auf 0,75 Prozent. Dass die Notenbanken den Geschäftsbanken im Dezember und Februar zudem insgesamt eine Billion Euro extrem billiges Geld zur Verfügung stellten, verdarb zusätzlich die Preise für Sparer.

Inflation verstärkt negativen Trend

Die Rechnung ist im Grunde einfach, wie ein Blick auf Daten der Frankfurter FMH Finanzberatung zeigt: Wer auf dem Sparbuch für 0,5 Prozent Jahreszins 20.000 Euro anlegt, verliert bei einer Inflation von 2,1 Prozent pro Jahr 1,6 Prozent an Kaufkraft. Im Verlauf von zehn Jahren verringert sich der reale Wert der Anlage bei gleich bleibenden Bedingungen auf nur noch 17.020 Euro, was einem Verlust von fast 15 Prozent entspricht.

Obwohl vielen das klar ist, bleiben die meisten Menschen traditionellen Anlageformen treu - auch, weil Rendite für manche Sparer nicht alles ist. Trotz aktuell nur 0,7 Prozent Verzinsung war die Nachfrage nach einem Sparkonto der Öko-Bank GLS, aus dessen Einlagen Kredite in Entwicklungsländern vergeben werden, so groß, dass nun die staatliche KfW mit ins Boot geholt wurde: Die KfW sichert das Risiko für unbesicherte Kredite bis zehn Millionen Euro ab, das über der GLS-Grenze von drei Millionen Euro liegt.

Exotische Alternativen

Wer sich nach lukrativen Alternativen umschaut, sieht sich entweder zu exotischen Banken oder in riskante Anlagen getrieben. In den Hitlisten von Vergleichsportalen wie FMH und Biallo rangieren bei den Konditionen für Tages- und Festgeld derzeit in Deutschland eher unbekannte Anbieter wie MoneYou, Ikano Bank, VTB Direktbank und DenizBank auf den vorderen Plätzen.

Andere Anlagen wie Anleihen von Mittelständlern, die für mehrere Jahre sieben bis zehn Prozent Zinsen jährlich versprechen, halten Verbraucherschützer für riskant: Anleger müssten sich im Klaren sein, dass sie dabei ihren Einsatz komplett verlieren können. Bleiben noch: Gold? Überteuert, meinen Experten. Immobilien? Günstige Darlehen sprechen dafür, doch Kapital wird so langfristig gebunden. Bankenexperte Christoph Kaserer von der TU München bringt es - für Sparer wenig ermutigend - auf den Punkt: "Am Ende des Tages gibt es auf kurzfristige Sicht keine Alternative."