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Zensur durch Kriminalität und Gewalt

Mariana Ribeiro 2. Mai 2006

Presse- und Meinungsfreiheit haben in Brasilien seit dem Ende der Militärdiktatur große Fortschritte gemacht. Heute machen den Medien dafür Drogen- und Mafiabosse Probleme.

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Laut brasilianischer Grundverfassung im Paragraph über Pressefreiheit darf "das Weitergeben von Informationen nicht untersagt oder eingegrenzt werden". Die Geschichte zeigt, dass es nicht immer so war. Während der Militärdiktatur zwischen 1964 und 1985 geriet die Presse permanent unter Druck. Tageszeitungen, Zeitschriften, Bücher, Theaterstücke, Filme und sogar Popsongs wurden systematisch von Regierungsbeamten kontrolliert, um alles, was dem Regime unangenehm schien, aus dem Weg zu schaffen. In jener Zeit sind zahlreiche Journalisten und Schriftsteller gefoltert worden. Viele gingen ins Exil.

Voraussetzung für Demokratie

Mit dem Ende des Militärregimes begann man, eine Wiederbelebung des Begriffes Pressefreiheit im Lande zu spüren. Heute gibt es zumindest keine gesetzlichen Mechanismen, die der journalistischen Praxis im Wege stehen oder Zensur legitimieren. "Die Pressefreiheit ist eine der wichtigsten Voraussetzungen der Demokratie, ohne die es kein politisches freies System geben kann", sagt darum auch der brasilianische Schriftsteller Zuenir Ventura im Gespräch mit DW-WORLD.DE.

Theorie und Praxis

Obwohl die Pressefreiheit in Brasilien theoretisch vorhanden ist, sieht die Situation in Großstädten wie Rio de Janeiro oder São Paulo anders aus. Dort, wo der Drogenhandel den Alltag in den Slums und armen Vierteln bestimmt, kann ein Bericht über einen Drogenboss für den Journalisten Lebensgefahr bedeuten. Sie fängt mit der Recherche vor Ort an und steigt mit der Veröffentlichung des Materials.

Ein grausames Beispiel ist der Fall des Journalisten Tim Lopes, der 2002 von Drogenhändlern in Rio de Janeiro brutal ermordet wurde, nachdem er für den mächtigen Fernsehsender Globo TV einen Beitrag über Misshandlungen von Minderjährigen und Drogenkonsum in den so genannten "Bailes Funk" (eine Art Disko) drehte.

Parallelmacht und Zensur

Lopes ist von Drogenbossen in der Favela Vila Cruzeiro gefoltert und verbrannt worden. Während die Öffentlichkeit im ganzen Lande schockiert war, zirkulierten Funksongs auf dem Schwarzmarkt, die das Geschehen ausführlich beschrieben. Das Beispiel zeigt, wie die durch Kriminalität in den Großstädten entstandene "Parallelmacht" eine besondere Art der Zensur übt. Diese Situation wird durch die Ineffizienz des Staates ermöglicht, der die Sicherheit des Bürgers nur mangelhaft gewährleistet. Trotz allem versucht ein repräsentativer Teil der Medien immer mehr sich solchen Einschüchterungsversuchen zu entziehen.