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Immer mehr Hungernde

14. Oktober 2008

Der Hunger in der Welt hat erstmals wieder deutlich zugenommen. Experten sprechen von einer "dramatischen Trendwende". Die Welthungerhilfe fordert deshalb nach dem Beispiel des Hilfsfonds für Banken ein "Rettungspaket".

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.(AP Photo/Schalk van Zuydam)
Dieser Junge aus dem Niger leidet an UnterernährungBild: AP

Rund um den Globus leiden fast eine Milliarde Menschen an Hunger. Im Vergleich zum Vorjahr stieg 2007 die Zahl der Hungernden weltweit von 848 auf 923 Millionen Menschen. Das geht aus dem Welthunger-Index 2008 hervor, den das Washingtoner Forschungsinstitut für Ernährungspolitik (IFPRI) und die Welthungerhilfe am Dienstag (14.10.) in Berlin vorstellten.

Afrika südlich der Sahara ist Schlusslicht

Viele Hände recken sich dem Mann entgegen, der in einem indischen Tempel essen verteilt (Quelle: AP)
In 33 Ländern ist die Lage "sehr ernst" oder "gravierend"Bild: AP

Demnach herrscht in 33 von 88 untersuchten Ländern eine "sehr ernste" oder "gravierende" Hungersituation. Während sich die Lage in Peru und Vietnam deutlich verbessert hat, schneiden die Demokratische Republik Kongo, Eritrea, Burundi, Niger und Sierra Leone bei dem Ranking am schlechtesten ab. Nach Weltregionen gruppiert, bildet Afrika südlich der Sahara das Schlusslicht. Für Länder wie Somalia, Irak und Afghanistan liegen dem IFPRI aufgrund der Kriegssituation keine Daten vor.

IFPRI-Direktor Joachim von Braun sprach von einer "dramatischen Trendwende". Während in den vergangenen Jahren die Zahl der Hungernden kontinuierlich um ein Prozent pro Jahr zurückgegangen sei, sei sie 2007 erstmals wieder um 75 Millionen gestiegen.

Im Welthunger-Index 2008 wurden auch erstmals die aktuellen Werte mit denen von 1990 verglichen. Obwohl sich demzufolge die Lage in einigen Regionen in Asien, Nordafrika, Lateinamerika und in Nahost verbessert hat, gebe es "auf breiter Front" keinen Fortschritt in der Hungerbekämpfung, betonte von Braun.

Rettungspakete nicht nur für Banken

Blick auf die Deutschlandzentrale der Welthungerhilfe in Bonn (Quelle: AP)
Die Deutsche Welthungerhilfe fordert Politiker zum Handeln aufBild: AP

Für 2008 erwartet der Experte angesichts von Nahrungsmittelknappheit und Finanzkrise einen weiteren Anstieg um 75 Millionen Hungernde. Das Millenniumsziel, die Zahl der Hungernden bis 2015 zu halbieren, sei nur realisierbar, wenn jährlich zusätzlich 14 Milliarden Dollar in die Entwicklungshilfe flössen.

Die Deutsche Welthungerhilfe hat deshalb ein "Rettungspaket" für die Hungernden gefordert, das dem für die internationale Finanzwirtschaft vergleichbar ist. "Fast eine Milliarde Hungernde sind eine Schande für die Menschheit. Und im Gegensatz zu den Banken sind sie nicht selbst schuld an ihrer Misere", sagte die Vorstandsvorsitzende der Welthungerhilfe, Ingeborg Schäuble.

Eine Milliarde für die Armen

Das allgemeine Umdenken über die Rolle des Staates und der Weltgemeinschaft, das durch die Finanzkrise eingesetzt habe, müsse sich auch auf die Hungerkrise erstrecken, fügte die Gattin von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hinzu. Dabei sei die Ernährungskrise schlimmer als die der Geldwirtschaft, weil sie Millionen Menschen bedrohe.

Ingeborg Schäuble forderte die Europäische Kommission auf, endlich die nicht abgerufene eine Milliarde Euro, die ursprünglich als EU-Agrarsubvention vorgesehen war, für Entwicklungshilfe freizugeben. Am Donnerstag, dem Welternährungstag (16.10.), wird darüber in Brüssel entschieden. (ag)

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