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Krisen-Abwehr

Karl Zawadzky25. November 2008

Der Deutsche Bundestag hat am Dienstag (25.11.) den Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2009 sowie die von der Bundesregierung geplanten Maßnahmen gegen die Konjunkturschwäche beraten. Karl Zawadzky kommentiert.

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Karl Zawadzky, Wirtschaftsredaktion
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Wenn der Staat mit seinen Mitteln eine Rezession stoppen und die wirtschaftlichen Wachstumskräfte beleben will, dann darf er nicht kleckern. Er muss klotzen. Denn es gilt, die Unternehmen und die Verbraucher zu beeindrucken. So geschieht das in den USA, wo der gewählte Präsident Barack Obama ein Konjunkturprogramm im Umfang von 700 Milliarden Dollar vorbereitet, so geschieht das in Großbritannien, wo Premierminister Gordon Brown kurzerhand die Mehrwertsteuer um 2,5 Prozent kürzt.

Einzelmaßnahmen beeindrucken nicht

Auch die Bundesregierung hat ein Konjunkturpaket auf den Weg gebracht, aber dabei handelt es sich um eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen, die niemand beeindruckt haben. Kein Wunder, dass Sprecher der Regierungsfraktionen in der Bundestagsdebatte über dieses Maßnahmenbündel und über den Bundeshaushalt für das kommende Jahr ein späteres Nachlegen nicht ausschließen mochten. Das beeindruckt weder die Unternehmen noch die Verbraucher, sondern fördert bei eigentlich fälligen Investitionen oder privaten Anschaffungen den Attentismus. Das Gegenteil ist nötig, damit sich die konjunkturelle Talfahrt stoppen lässt.

Nachbesserung nicht ausgeschlossen

Sehr wohl und sehr schnell kann sich als nötig erweisen, den Bundeshaushalt für das kommende Jahr nachzubessern. Denn die Bemessungsgrundlage für den Etat ist die Annahme eines Wirtschaftswachstums von 0,2 Prozent. Damit bewegt die Bundesregierung sich am oberen Rand der Erwartungen. Realistischer dürfte sein, was die meisten Wirtschaftsforscher, Wirtschaftsverbände und Unternehmen befürchten, nämlich einen Verlust an Wirtschaftsleistung in der Größenordnung bis zu einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Einem solchen Szenario wird der Etatentwurf nicht gerecht. Dabei ist eines klar: Derzeit, so stellte das auch Bundesfinanzminister Peer Steinbrück fest, befindet Deutschland sich in einer Rezession. Die Wirtschaftsleistung ist rückläufig. Das war so nicht zu erwarten, als im Frühjahr das Zahlenwerk aufgestellt wurde. Auch weiß niemand, wie groß der Verlust an Wirtschaftsleistung sein und wann die Talsohle erreicht sein wird. Doch gerade in einer solchen Situation macht es wenig Sinn, der Entwicklung nachzueilen. Sondern der Versuch wäre angebracht, mit einem Paukenschlag die Abwärtsspirale zu stoppen. Das von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Maßnahmenpaket summiert sich zwar auf einen niedrigen zweistelligen Milliardenbetrag, aber die Vielzahl der Maßnahmen ergibt keinen großen Wurf.

Ruf nach Steuersenkung

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass in der Öffentlichkeit, aber auch in Teilen der Bundesregierung und der sie tragenden Fraktionen der Ruf nach Steuererleichterungen anschwillt. Nach dem Stabilitäts- und Wachstumsgesetz sind im konkreten Fall befristete Steuersenkungen möglich. So könnte die Bundesregierung die letzte Anhebung der Mehrwertsteuer für ein Jahr aussetzen. Das würde schnell wirken und könnte wegen der Befristung einen positiven Mitnahmeeffekt auslösen, wie er schon vor der letzten Anhebung zu beobachten war. Auch könnte der Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer abgeschafft werden, was schon lange geboten ist. Es kommt nämlich darauf an, die private Nachfrage zu stärken, um so Einbußen beim Export und bei den Investitionen auszugleichen. Von der CSU sowie vom Arbeitgeber- und vom Arbeitnehmerflügel der CDU werden solche Entlastungen vehement verlangt. Doch Bundeskanzlerin Angela Merkel will das nicht, jedenfalls nicht zum jetzigen Zeitpunkt. Sie will mit der Ankündigung von Steuererleichterungen in den nächsten Bundestagswahlkampf ziehen. Selbst wenn die politische Kalkulation aufgeht: Die Steuersenkungen werden zu spät kommen. Die aktuelle Wachstumsschwäche muss jetzt bekämpft werden und nicht erst in zwei Jahren.