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Afghanistan Bundeswehr

30. Mai 2011

Die Anschläge in Nord-Afghanistan, bei denen am Samstag sieben Menschen getötet wurden, bedeuten einen Einschnitt für die Sicherheitspartnerschaft. Ein Kommentar von Daniel Scheschkewitz.

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Die jüngsten Anschläge unterstreichen die verheerende Bilanz: Mehr als 50 deutsche und fast 2500 Soldaten der internationalen Schutztruppen sind bisher im Afghanistan-Einsatz ums Leben gekommen. Die Extremisten werden immer gefährlicher. Die Bundeswehr hat inzwischen sogar Mühe, ihre eigenen Generäle zu schützen.

Einer der Attentäter hatte sich offenbar in der Uniform der afghanischen Polizei Zugang zu dem hochkarätigen Sicherheitstreffen verschafft. Das ist Wasser auf die Mühlen derer, die seit Jahren die miserable Ausbildung der afghanischen Polizei beklagen - die auch in deutscher Verantwortung lag. Aber dies nun allein den deutschen Ausbildern anzukreiden, wäre unbillig. Die Geheimdienste hatten offenbar vor einem bevorstehenden Anschlag gewarnt, ohne dass dies zur Absage des Treffens geführt hätte.

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Strukturelle Defizite in der Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte werden seit langem beklagt. In der afghanischen Armee mangelt es - wie auch in der Polizei insgesamt - an staatsbürgerlicher Verantwortung und Nationalbewusstsein. Stattdessen sind vielfach die alten Stammesloyalitäten wirksam. Zudem sind Polizisten und die Soldaten der Afghanischen Nationalarmee, gemessen an ihrer Aufgabe, unterbezahlt. Statt einer soliden Bezahlung, die den einheimischen Soldaten und Polizeikräften und ihren Familien ein Auskommen ermöglichen würde, regieren Bestechung und Korruption. In derartigen Verhältnissen kann kein stabiles Umfeld wachsen, bleibt Sicherheit jederzeit torpedierbar und ihre Störung ein lohnendes Geschäft.

Die Übertragung von Sicherheitsverantwortung auf afghanische Einheiten in einem solchen Szenario ist mehr als riskant. Der Anschlag dürfte das gegenseitige Misstrauen noch erhöht haben. Andererseits scheint auf der politischen Ebene niemand bereit, die bevorstehende Truppenreduzierung in Frage zu stellen. Nicht in den USA, aber auch nicht in Deutschland.

Unter diesen Umständen können die Taliban gelassen auf Zeit spielen. Entweder sie werden an den Friedensverhandlungen beteiligt - und damit auch politisch akzeptiert - oder aber sie bomben sich sukzessive zurück an die Macht. Die Unterwanderung der afghanischen Sicherheitskräfte scheint dabei Teil ihrer Strategie zu sein, deren Umsetzung offenbar schon weit gediehen ist. Die Anschläge von Talokan zeigen es erneut.

Auch im zehnten Jahr nach Beginn des Afghanistaneinsatzes ist die Sicherheit am Hindukusch der neuralgische Punkt. Besserung ist nicht in Sicht. Eine schleichende Kapitulation vor den Taliban darf es dennoch nicht geben. Sonst war der Einsatz insgesamt umsonst.

Autor: Daniel Scheschkewitz
Redakteur: Klaus Dahmann