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Wut und Trauer nach Terroranschlag

20. Oktober 2012

Mit landesweiten Protesten und Straßenblockaden haben Libanesen auf den verheerenden Terroranschlag im Zentrum Beiruts reagiert. Die Regierung bot ihren Rücktritt an und sieht eine Verbindung zum Bürgerkrieg in Syrien.

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Brennende Barrikaden nach Ausschreitungen auf den Straßen Beiruts (Foto: AP/dapd)
Libanon Beirut ProtesteBild: dapd

Aufgebrachte Demonstranten zündeten Reifen an. Sie demonstrierten nach Behördenangaben in mehrheitlich von Sunniten bewohnten Vierteln in Beirut, in der südlich gelegenen Stadt Sidon, in Tripoli im Norden sowie in mehreren Städten im Bekaa-Tal im Osten des Landes. Auch die Verbindungsstraße zwischen der Innenstadt von Beirut und dem internationalen Flughafen blieb gesperrt, ebenso wie die Autobahn von Beirut nach Syrien. Die Armee wurde in Alarmbereitschaft versetzt.

Libanons Ministerpräsident Nadschib Mikati berief den Sicherheitsrat des Landes ein und ordnete für diesen Samstag einen nationalen Tag der Trauer an. Schulen und Geschäfte blieben geschlossen, an allen Regierungsgebäuden wehten die Fahnen auf halbmast. Bei dem Autobombenanschlag im christlichen Viertel Aschrafijeh waren am Freitag acht Menschen getötet und mehr als 80 verletzt worden. Unter den Toten ist auch der Chef des Polizeigeheimdienstes Wissam al-Hassam, dem dieser Anschlag gegolten haben soll. Anti-syrische Gruppen im Libanon sehen die Verantwortlichen in Damaskus. Auch die libanesische Regierung spricht von einer Verbindung zwischem dem Anschlag und dem Bürgerkrieg in Syrien. Der Angriff stehe in Zusammenhang mit den jüngsten Ermittlungen al-Hassans, sagte Mikati nach einer Sondersitzung seines Kabinetts.

Libanon: Suche nach den Schuldigen

Regierung in Beirut bietet Rücktritt an

Die Opposition forderte die Demission der Regierung, weil ihr auch Mitglieder der pro-syrischen schiitischen Hisbollah angehören. Das Kabinett bot seinen Rücktritt zwar an, bleibt aber auf Bitten von Präsident Michel Suleiman für eine Übergangszeit im Amt, wie Ministerpräsident Mikati mitteilte.

Al-Hassam hatte nach Angaben aus Geheimdienstkreisen in den vergangenen Tagen mehrmals Morddrohungen erhalten. Al-Hassam stand der oppositionellen, anti-syrischen Zukunftsbewegung des früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri nahe, der 2005 bei einem Anschlag getötet worden war. Der Geheimdienstler hatte zudem die Ermittlungen gegen den früheren pro-syrischen Informationsminister Michel Semaha geleitet. Diesem wird vorgeworfen, in die Planung von Bombenanschlägen gegen syrienkritische Libanesen verwickelt gewesen zu sein. Nach Angaben aus Polizeikreisen hat Semaha zugegeben, persönlich Sprengstoff von Syrien über die Grenze in den Libanon transportiert zu haben. Neben ihm wurde auch der syrische Geheimdienstchef Ali Mamluk in Abwesenheit angeklagt.

Anschlagsopfer Wissam al-Hassam (Foto: dpa)
Opfer des Anschlags: Wissam al-HassamBild: picture-alliance/dpa

UN verurteilen Terroranschlag

Unterdessen verurteilte der UN-Sicherheitsrat das Attentat scharf. In einer von den 15 Mitgliedsstaaten des UN-Sicherheitsrates in New York einmütig verabschiedeten Erklärung wird der Anschlag als Terrorakt eingestuft. "Terrorismus in allen seinen Formen und Erscheinungen ist eine der ernsthaftesten Bedrohungen für den internationalen Frieden", heißt es in der Erklärung. Das höchste UN-Gremium wandte sich gegen "jeden Versuch, den Libanon durch politische Morde zu destabilisieren". Auch die Vereinigten Staaten, Deutschland, Frankreich und andere Staaten verurteilten den Bombenanschlag.

Auch die syrische Regierung verurteilte das Attentat als "feigen terroristischen Angriff". Die schiitische Hisbollah-Miliz, die engste Verbündete des syrischen Regimes im Libanon, erklärte, sie sei schockiert über das "furchtbare terroristische Verbrechen". Alle politischen Kräfte im Libanon müssten gegen "jeden Verschwörer wider das Leben und die Sicherheit der Nation" zusammenarbeiten.

Der Libanon war zwischen 2004 und 2008 von einer Serie von Sprengstoffanschlägen erschüttert worden. Schon damals gab es den Verdacht, das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad könnte an der Planung der Attentate beteiligt gewesen sein. Als Folge des Bombenattentates auf Rafik Hariri im Februar 2005 hatte Syrien seine letzten Truppen aus dem Nachbarland abziehen müssen. Seit dem Beginn des Bürgerkriegs in Syrien ist der Libanon gespalten in Anhänger und Gegner Assads.

wl/gmf/gd/kis (dpa, dapd, afp, rtr)