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Kashmiri Al-Kaida

6. Juni 2011

Bei einem US-Drohnenangriff in Pakistan soll Al-Kaida-Anführer Ilyas Kashmiri getötet worden sein - damit verliert das Terrornetzwerk ein weiteres Mitglied seiner Führungsriege.

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Mohammed Ilyas Kashmiri spricht am 11.07.2001 auf einer Pressekonferenz (Bild: DPA)
Bild: picture alliance/dpa

Der Einäugige mit dem rot gefärbten Bart galt unter Terror-Experten als einer der gefährlichsten Terroristen weltweit. Das US-Nachrichtenmagazin Newsweek taufte ihn unlängst ein "Genie des Bösen". Der 1964 in Pakistan geborene Ilyas Kashmiri war unter Dschihadisten schon früh eine Legende. Er kämpfte gegen die Sowjets in Afghanistan und zündete Bomben in der zwischen Indien und Pakistan umkämpften Kaschmir-Region. Später stellte er sich in den Dienst des pakistanischen Militärgeheimdienstes. In den 90er Jahren schloss er sich der Terrorbewegung Harakat ul Jihad al Islami an, als deren Anführer er zuletzt galt. Kashmiri soll darüber hinaus auch Kommandeur der sogenannten Brigade 313 gewesen sein. Diese Spezialeinheit innerhalb des Al-Kaida-Netzwerks ist vor allem damit beauftragt, Terroranschlägen in Europa auszuführen. Darum tauchte sein Name auch in Zusammenhang mit der Terrorwarnung Ende 2010 in Deutschland auf.

Ein Auge auf Europa

Ilyas Kashmiri wurde 2003 wegen Attentatsplänen auf den damaligen pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf verhaftet, später aber wieder freigelassen. Ihm werden exzellente Verbindungen zu anderen militanten Gruppen nachgesagt, darunter auch zu Lashkar-i-Toiba, einer Gruppierung, die für die Anschläge in Bombay im Jahr 2008 verantwortlich gemacht wird. Zusammen mit dem pakistanisch-stämmigen US-Bürger David Headley soll Kashmiri 2009 den vereitelten Anschlag auf die dänische Tageszeitung "Jyllands-Posten" geplant haben. Das Blatt hatte seinerzeit die umstrittenen Mohammed-Karikaturen abgedruckt. Zuletzt hatte sich Kashmiri zu dem Sprengstoffanschlag auf das Touristenlokal "German Bakery" im Februar 2010 in der indischen Stadt Pune bekannt, bei dem 17 Menschen starben.

Terrorangriff im indischen Pune am 14.2.2010 (Bild: AP)
Terrorangriff im indischen Pune am 14.2.2010Bild: AP

Ende vergangener Woche (04.06.2011) soll Kashmiri bei einem US-Drohnenangriff getötet worden sein; dafür gibt es allerdings bis jetzt keine offizielle Bestätigung. Trifft es zu, wäre seine Tötung der zweite erfolgreiche Schlag gegen das Terrornetzwerk Al Kaida innerhalb von nur einem Monat. Erst am 2. Mai hatten die USA bei einer Kommando-Aktion im pakistanischen Abbottabad mit Osama Bin Laden den langjährigen Chef der Al Kaida getötet.

Drohnen über Waziristan

Zum Zeitpunkt des tödlichen Drohnenangriffs soll Kashmiri gerade mit Gefolgsleuten Tee in einem Apfelhain in Waziristan getrunken haben. Das unwegsame Gebiet an der Grenze zu Afghanistan gilt seit langem als bevorzugtes Versteck für die Kämpfer der Al Kaida und der Taliban. Innerhalb der vergangenen zwölf Monate haben die USA ihre Angriffe mit ferngesteuerten Drohnen gerade in diesem Gebiet mehr als verdoppelt.

Nach Informationen von US-Geheimdienstexperten soll der 47-jährigen Kashmiri ein wichtiges Verbindungsglied zwischen der Al Kaida und den Taliban gewesen sein. Zusammen mit Abu Yahya al-Libi, einem aus US-amerikanischer Militärhaft in Afghanistan entflohenen Libyer, und mit dem Chef der Al Kaida im Jemen, Nassir al-Wuhayshi, zählte Kashmiri nach dem Tod Bin Ladens zum engeren Führungskreis des Terrornetzwerks.

Neue Kooperationsbereitschaft Pakistans?

US-Drohne über Pakistan (Bild:DPA)
US-Drohne über PakistanBild: picture alliance / dpa

Wie die USA nun auf Kashmiris Spur kamen, darüber gibt es bis jetzt nur Spekulationen. Denkbar wäre, dass Informationen auf Computer-Festplatten und in Dokumenten, die man im Haus von Osama Bin Laden in Abbottabad sichergestellt hat, den US-amerikanischen Geheimdienst zu seinem Aufenthaltsort führten.

Wahrscheinlicher ist jedoch ein anderes Szenario: Die Regierung Pakistans steht unter massivem Druck, nachdem die USA Bin Laden ausgerechnet in Abbottabad, in unmittelbarer Nähe zu Pakistans größter Militärakademie, aufgespürt hatten. Das hat die Kooperationsbereitschaft mit den USA erhöht, so dass Islamabad Washington gezielte Hinweise auf Kashmiris Aufenthaltsort gegeben hat. Experten gehen davon aus, dass sich im pakistanischen Geheimdienst ISI derzeit ein Machtkampf abspielt zwischen solchen Kräften, die im Anti-Terrorkampf mit den USA kooperieren möchten und jenen, die selbst enge Verbindungen zu den Islamisten unterhalten.

Autor: Daniel Scheschkewitz
Redaktion: Beate Hinrichs