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Wohin mit den Milliarden?

11. Mai 2007

Ein unverhoffter Geldsegen: Um rund 179 Milliarden Euro werden die Steuereinnahmen in Deutschland bis zum Jahr 2011 stärker steigen als bislang veranschlagt. Karl Zawadzky kommentiert.

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Bild: DW
Karl Zawadzky


Die Wünsche sind immer größer als die finanziellen Möglichkeiten. Das ist beim Staat nicht anders als im privaten Leben. Nur ganz selten kommt es anders, zum Beispiel durch einen Lottogewinn. Dann ist vieles machbar, was zuvor unmöglich war. Genau in dieser Situation befinden sich jetzt Bundesfinanzminister Peer Steinbrück sowie die weiteren Verantwortlichen für die Staatsfinanzen. Denn als Folge der guten Konjunktur sowie der Anhebung der Mehrwertsteuer werden die Finanzämter bis zum Jahr 2011 die unvorstellbar große Summe von 179 Milliarden Euro mehr einnehmen als bislang veranschlagt. Die Steuerschätzung hätte günstiger nicht ausgehen können. Der Bund, die Länder und Gemeinden sehen sich unverhofft mit einem Luxusproblem konfrontiert, nämlich mit der Frage: Was tun mit den Milliarden?

Hatte Deutschland in den vergangenen Jahren über eine stetig steigende Staatsverschuldung und deren trostlose Konsequenzen diskutiert, so steht nun der große Geldsegen im Mittelpunkt des Interesses. Die Liste an Wohltaten, mit denen die Politiker die Bürger beglücken wollen, ist lang und teuer: Die Kinderbetreuung kann ebenso verbessert werden wie die Leistungen der Pflegeversicherung, für die Bildung kann ebenso mehr ausgegeben werden wie für die Entwicklungshilfe, finanzielle Engpässe sind bei der Bundeswehr ebenso zu beheben wie bei der Inneren Sicherheit, bei der Umweltpolitik ist viel zu tun. Und warum sollen nicht die Steuern gesenkt werden? Schließlich handelt es sich um das Geld der Bürger.

Abbau der Staatsschulden

Nach Jahren der wirtschaftlichen Stagnation geht es wieder aufwärts - in der Wirtschaft, am Arbeitsmarkt und in der Staatskasse. Das ist schön, doch das darf kein Anlass sein, vom strikten Sparkurs abzugehen. Denn den Zusatzeinnahmen von 179 Milliarden Euro steht nach wie vor eine staatliche Verschuldung von 1500 Milliarden Euro gegenüber. Jeden sechsten Euro von seinen Einnahmen muss der Staat bei seinen Gläubigern abliefern. Die zusätzlichen Einnahmen ändern nichts an der Notwendigkeit der Haushaltssanierung. Nur wird das jetzt etwas leichter. Hinzu kommt, dass die zusätzlichen Einnahmen erst einmal nur eine Hoffnung sind. Denn niemand weiß, wie lang die gute Konjunktur anhält. Sicher aber ist, dass auch auf den schönsten Aufschwung ein Abschwung folgt. Der hat dann wieder negative Konsequenzen für die Staatseinnahmen.

Wann denn sonst kann Schluss gemacht werden mit der staatlichen Schuldenmacherei, wenn nicht bei guter Konjunktur und kräftig sprudelnden Steuerquellen? Das heißt: Zwar kann ein geringer Teil der zusätzlichen Einnahmen für die Finanzierung dringendster Aufgaben eingesetzt werden, doch der größte Teil des Geldsegens muss dem Abbau der Staatsschulden dienen. Dabei geht es erst um das Ende der Schuldenaufnahme zur Finanzierung der öffentlichen Haushalte und danach um den Abbau des in den letzten Jahrzehnten angehäuften Schuldenberges. Wenn die gute Entwicklung bei den Einnahmen anhält, sollte spätestens 2009 ein ausgeglichener Bundeshaushalt möglich sein. Danach kann damit begonnen werden, die Staatsschuld abzutragen. Solide Haushaltspolitik hat Vorrang vor der Bedienung politischer Wünsche.