1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wird Autozulieferer Grammer chinesisch?

29. Mai 2018

Ein weiteres deutsches Unternehmen wird wohl von Chinesen übernommmen: der bayerische Autozulieferer Grammer. Dabei wurde der Investor Jifeng einst an Bord geholt, um eine feindliche Übernahme zu verhindern.

https://p.dw.com/p/2yUqA
Grammer AG
Bild: picture alliance/dpa/A. Weigel

Es sieht so aus, als würden die Chinesen mal wieder ein deutsches Unternehmen schlucken. Der bayerische Autozulieferer Grammer steht voraussichtlich vor einem Verkauf nach China. Der Hersteller von Mittelkonsolen, Armlehnen, Kopfstützen und Lkw-Sitzen befindet sich in fortgeschrittenen Verhandlungen mit seinem chinesischen Großaktionär Ningbo Jifeng, der ein 772 Millionen Euro schweres Übernahmeangebot vorlegen will, wie Grammer am Dienstag mitteilte.

Jifeng war vor gut einem Jahr von Grammer an Bord geholt worden, um den unerwünschten Großaktionär Hastor abzuwehren. Jifeng hält 25,5 Prozent an dem Unternehmen aus Amberg in der Oberpfalz und will nun laut Finanzkreisen auf mindestens 50 Prozent aufstocken. Die Chinesen böten den rund 13.000 Grammer-Mitarbeitern eine Beschäftigungsgarantie über siebeneinhalb Jahre, sagten zwei mit den Plänen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters.

Eine Einigung auf einen Fusionsvertrag gebe es noch nicht, betonte ein Grammer-Sprecher. Die Aktionäre setzen aber darauf, dass die Übernahme zustande kommt. Die im Kleinwerte-Index SDax notierte Aktie schoss um 20 Prozent auf 61,60 Euro nach oben und lag damit leicht über den 61,25 Euro, die Jifeng einschließlich der geplanten Dividende von 1,25 Euro für 2017 bietet.

Grammer-Beschäftigte protestieren gegen Investor
Grammer-Beschäftigte protestierten 2017 gegen Investorenfamilie HastorBild: picture alliance/dpa/A. Weigel

Für die Familie Hastor, den bosnischen Eigentümer des Autozulieferers Prevent, biete das Angebot eine gute Möglichkeit zum Ausstieg, schrieb DZ-Bank-Analyst Michael Punzet. Die Hastors hatten 2016 eine Beteiligung von 19 Prozent aufgebaut, waren aber mit dem Versuch gescheitert, Vorstandschef Hartmut Müller zu stürzen.

Prevent liegt mit mehreren deutschen Autobauern, allen voran Volkswagen, im Clinch. Grammer hatte berichtet, dass mehrere Hersteller nach dem Einstieg der Hastors mit Aufträgen gezögert hätten. Nach einer Übernahme durch Jifeng könne sich der Ordereingang wieder normalisieren, schrieb Analyst Punzet.

China auf Einkaufstour

Die Autozulieferbranche gehört neben dem Maschinenbau zu den Branchen, die chinesische Firmen in Deutschland vorzugsweise ins Visier nehmen. Vor allem über die milliardenschwere Übernahme des Roboter-Herstellers Kuka war kontrovers diskutiert worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bei ihrem Besuch in China kürzlich auf gleiche Rechte für deutsche Unternehmen bei Übernahmen in China gepocht. Bisher sind sie dort meist auf Gemeinschaftsprojekte mit chinesischen Partnern angewiesen.

Den Einstieg von Jifeng bei Grammer hat die Bundesregierung bereits durchgewinkt, so dass die Chinesen auch bei einer Übernahme keine Hürden erwarten. Jifeng habe von Anfang an auf einen größeren Anteil spekuliert, sagte ein Insider. Erst jetzt habe das von der Familie Wang beherrschte Unternehmen, das kleiner ist als Grammer, aber die Finanzierung der Übernahme gesichert. Inklusive Schulden müssten die Chinesen mehr als eine Milliarde Euro finanzieren. Ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, für den Jifeng 75 Prozent der Anteile bräuchte, sei nicht geplant, sagten Insider.

Grammer hatte erst vor einer Woche die größte Übernahme seiner Geschichte in Angriff genommen, um bei US-Autobauern stärker Fuß zu fassen: Der umgerechnet 233 Millionen Euro teure Zukauf des Kunststoff-Spezialisten Toledo Molding & Die (TMD) aus dem US-Bundesstaat Ohio soll mit Krediten finanziert werden.

iw/hb (rtr)