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Wirbel um Millionen-Spende an die FDP

18. Januar 2010

Die FDP hat dafür gesorgt, dass Hoteliers weniger Mehrwertsteuer zahlen müssen. Ein Großaktionär aus dieser Branche hatte zuvor über eine Million Euro gespendet. Zufall?

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Logo der Freiheitlich-Demokratischen Partei: die Buchstaben F,D,P in blauer Schrift auf gelbem Grund; darunter der Schriftzug "Die Liberalen" in gelber Schrift auf blauem Grund.

In Deutschland sorgt mal wieder eine großzügige Spende aus der Privatwirtschaft an eine politische Partei für Schlagzeilen. Ein Milliardär, der Mehrheitseigner an einer Hotelkette ist, ließ 2009 den Freien Demokraten (FDP) 1,1 Millionen Euro zugute kommen. Zu den ersten Amtshandlungen der seit Herbst regierenden Koalition aus Konservativen (CDU/CSU) und FDP gehörte die drastische Reduzierung der Mehrwertsteuer für die Hotelbranche von 19 auf 7 Prozent.

"Es gibt keinen politischen Skandal"

Die Opposition ist empört: Von "moralischer Korruption" sprechen die Sozialdemokraten, von "gekaufter Demokratie" die Linken, die ein Verbot von Parteispenden fordern. Als "absurd" weisen die Freidemokraten den Vorwurf zurück, die Spende des Großaktionärs stehe in Zusammenhang mit der Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes. Die FDP habe sich nichts vorzuwerfen, sagte ihr Generalsekretär Christian Lindner. Seine Partei habe bereits 2007 einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz für das Beherbergungsgewerbe gefordert. Das stehe in keinem Zusammenhang mit der Spende. "Da ist nichts aufgedeckt worden, da gibt es keinen politischen Skandal", bekräftigte Lindner.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner mit gespitztem Mund und ernstem Blick; im Hintergrund eine blau-gelbe Wand mit dem Schriftzug FDP (Foto: AP)
FDP-Generalsekretär Christian Lindner: "Da ist nichts aufgedeckt worden."Bild: AP

Verfahrenstechnisch hat sich die FDP korrekt verhalten. Im Parteien-Gesetz ist vorgeschrieben, dass Spenden, die im Einzelfall 50.000 Euro übersteigen, unverzüglich dem Präsidenten des Deutschen Bundestages zu melden sind. Dieser ist seinerseits gehalten, die betreffende Spende unter Nennung des Spenders zeitnah als Bundestags-Drucksache zu veröffentlichen. Drucksachen wiederum stehen im Internet, sind also öffentlich einsehbar. So kann beispielsweise seit Ende November 2009 jeder wissen, dass die "Substantia AG" der FDP allein am 13. Oktober 300.000 Euro gespendet hat.

Grüne sprechen von "Klientel-Politik"

Sechs Tage später ist der Bundestagspräsident darüber ordnungsgemäß informiert worden. Fünf Tage später beendeten Union und FDP ihre Koalitionsverhandlungen und bildete eine neue Regierung. Diese zeitliche Abfolge ist es offenbar, die den Vorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, Cem Özdemir, zu seiner Beurteilung der Spende kommen lässt: "Hier soll ganz offensichtlich Klientelpolitik gemacht werden." Man fordere Obergrenzen für Spenden von Unternehmen an Parteien, damit sich Fälle wie die nun heftig diskutierte Hotel-Spende nicht wiederholen könnten, sagte Özdemir.

FDP-Generalsekretär Lindner appellierte an die Opposition, Spenden an Parteien nicht "nur als Unterstützung ihrer politischen Positionierung" zu sehen. In diesem Lichte betrachtet wäre auch eine im Februar 2009 erfolgte großzügige Spende der Automobil-Industrie an die damals noch regierenden Sozialdemokraten fragwürdig, weil Ende März die so genannte Abwrackprämie für alte Autos aufgestockt worden sei, argumentiert Lindner. Mit dieser Prämie wurde die kränkelnde Auto-Industrie massiv unterstützt. Einen Zusammenhang zwischen Spende und SPD-Politik stellt der FDP-Generalsekretär allerdings nicht her. "Und ich warne davor, den politischen Diskurs in dieser Weise zu vergiften."

"Transparency" für Spenden-Begrenzung

Grünen-Chef Cem Özdemir. (Foto: Bündnis 90 / Die Grünen)
Grünen-Chef Cem Özdemir fordert Obergrenzen für Partei-SpendenBild: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Die Senkung der Mehrwertsteuer für die Hotel-Branche von den üblichen 19 auf 7 Prozent rechtfertigte Lindner mit der wirtschaftlich schwierigen Lage. Viele zehntausend Beschäftigte gerade in den kleinen Hotels müssten um ihren Arbeitsplatz bangen. Nun gebe es eine Entlastung für diese Betriebe. Es spreche also in der Sache viel dafür, so zu handeln, wie es die Koalition getan habe, sagte Lindner.

In der Diskussion über die Parteispenden-Praxis hat sich auch die Anti-Korruptions-Organisation "Transparency International" zu Wort gemeldet. Eine Höchstgrenze für Parteispenden von 50.000 Euro pro Jahr und Unternehmen oder Person würde den Debatten über den unlauteren Einfluss von Großspenden die Grundlage entziehen, argumentiert "Transparency".

Autor: Marcel Fürstenau

Redaktion: Dеnnis Stutе