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VW in Mexiko

Gero Schließ29. Januar 2014

Seit 50 Jahren produziert VW im mexikanischen Puebla. Eine Erfolgsgeschichte für den Konzern. Jetzt soll auch der Golf VII aus Mexiko kommen und das schwächelnde US-Geschäft ankurbeln.

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VW-Logo (Foto: Gero Schließ)
Bild: Gero Schließ

Ohne Evelin Dabrera Nava geht es nicht bei VW in Puebla. Jetta und Beetle liegen bereits in ihren Händen und ab diesem Tag kommt noch der neue Golf dazu. Die junge Frau arbeitet in der Endabnahme. Sie steht so ziemlich am Ende des hell erleuchteten Hightech-Produktionsbandes und prüft bei allen Fahrzeugen, was uns so lieb und wichtig ist: Hupe, Licht, Scheibenwischer und alles, was mit Elektrik zu tun hat. Die junge Frau arbeitet seit 14 Jahren für Volkswagen. Dass sie nun auch den neuen Golf mitproduziert, macht sie "nervös, aber auch stolz. Das ist ein sehr wichtiges Modell für VW, das hier in Mexiko gebaut wird. Ich möchte mich kontinuierlich weiterbilden, damit ich meine Arbeit richtig leisten kann."

Volkswagen in Puebla, das ist für den Konzern eine Erfolgsgeschichte. In den 50 Jahren des Bestehens von VW Mexiko wurden hier in den mexikanischen Fabriken mehr als zehn Millionen Fahrzeuge produziert. Täglich sind es zur Zeit 2500 Autos. Puebla, so heißt es, sei der zweitgrößte Volkswagenstandort nach Wolfsburg. Alles fing an mit dem VW-Käfer, der hier noch vom Band rollte, als die Produktion des Modells in Deutschland bereits eingestellt war. Und die jetzt begonnene Produktion des Golf VII ist der vorläufige Höhepunkt.

Der Golf aus Mexiko

Mit seinen Investitionen in Mexiko zielt der Volkswagen-Konzern vor allem auf den US-amerikanischen Markt, der zuletzt empfindlich lahmte. Will VW-Chef Martin Winterkorn mit der Verlagerung der Golf-Produktion nach Mexiko dem wichtigen Geschäft im nordamerkanischen Markt den dringend benötigten Auftrieb geben?

"Das war sicher nicht der Grund", wiegelt er ab. "Der Grund, dass wir hier in Mexiko den Golf und auch den Golf Variant fertigen werden, hat damit zu tun, dass in den USA die Nachfrage nach sogenannten Schrägheckfahrzeugen, also der Golfklasse, zunimmt."

VW-Chef Martin Winterkorn (Foto: Getty Images)
VW-Chef WinterkornBild: Getty Images

Erfolg auf dem riesigen wachstumsstarken amerikanischen Markt ist unverzichtbar, will Volkswagen sein ehrgeiziges Ziel erreichen, die Nummer 1 unter den Weltkonzernen zu werden.

"Mexiko hat den großen Vorteil, dass es im Welthandel zollfrei exportieren kann. Sowohl nach Amerika als auch nach Europa", erklärt Winterkorn und verweist noch auf einen anderen Aspekt: "Mexiko ist deswegen auch wichtig, weil wir es in der langen Zeit geschafft haben, dass die Ausbildungsqualität unserer mexikanischen Mitarbeiter auf dem Niveau der Deutschen ist. Was sehr wichtig, ist, weil wir hier hochkomplizierte Fahrzeuge herstellen, wie den neuen Golf."

Duale Ausbildung

Da der mexikanische Markt kaum den Bedarf an Facharbeitern deckt, hat Volkswagen - anders als Konkurrenten wie Ford - von Anfang an für die Ausbildung eigener Fachkräfte gesorgt. Fast 5000 Lehrlinge haben das firmeneigene "Volkswagen Instituto" bisher durchlaufen. Im jetzigen Jahrgang sind es 550 Männer und Frauen, darunter Carlos Daniel Romero und Ixoye Pachero Godinez. Die beiden sehen es als große Chance ihres Lebens, für Volkswagen arbeiten zu können. "Ich bin sehr motiviert, hier meine Fähigkeiten und meine Arbeit in dieser Schule zu zeigen", sagt Romero. Und Godinez findet es toll, "in einer großen Firma zu arbeiten. Wir können wachsen in dieser Firma und verschiedenste Dinge lernen."

VW in Mexico: Mitarbeiter Carlos Daniel Romero (Foto: Gero Schließ)
Mitarbeiter wie Carlos Daniel Romero halten VW für einen GlücksfallBild: Gero Schließ

Auch Evelin Cabrera Nava hat hier vor 14 Jahren ihre Karriere begonnen. "Ich bin stolz , weil das nicht alle Schüler schaffen. Danach habe ich in verschiedenen Hallen gearbeitet und mich weiterqualifiziert." Sie profitierte auch davon, dass VW Verträge mit verschiedenen Universitäten und Ausbildungszentren hat. "So habe ich mich weiterbilden können und jetzt meinen Abschluss als Techniker gemacht."

"Intelligenz ist besser als Kraft"

Die in lateinamerikanischen Ländern verbreitete "Cultura Machismo" macht allerdings trotz anderslautender Beteuerungen auch vor den Werkstoren eines deutschen Unternehmens keinen Halt. "Vor allem am Anfang war es schwierig, weil man nicht immer Hilfe von den Männern bekommen hat", sagt Evelin Cabrera Nava. "Man muss sich wirklich durchsetzen und kämpfen. Und man muss intelligenter sein. Intelligenz ist besser als die Kraft."

Sergio Mata Sánchez leitet das Volkswagen Instituto und spricht gerne von der "Familie Volkswagen." Die Jugendlichen kämen nicht nur mit technischen Kenntnissen in die Produktion, sondern auch mit dem Bewusstsein für Werte wie "Verantwortlichkeit, Qualität und der Fähigkeit, Probleme zu lösen."

Das Wachstum von VW in Mexiko wäre nach den Worten von Personalvorstand Dieter Neuhaeusser ohne diesen Ausbildungskraftakt gar nicht möglich gewesen,

"Innerhalb von 18 Monaten haben wir ein Motorenwerk aus dem Boden gestampft. Und mit dabei waren 80 Auszubildende aus unserer Schule. Das ist der beste Beweis dafür, wie wichtig die duale Ausbildung hier bei Volkswagen in Mexiko ist."

Wer das Glück hat, in Puebla zu den knapp 16.000 Mitgliedern der "Familie Volkswagen" zu gehören, verdient im Durchschnitt rund 15.000 Euro im Jahr. Auch wenn das VW-Management damit nach eigenen Angaben Spitzenlöhne zahlt, kann davon ein Arbeitnehmer mit Familie nicht leben. Doch dies tut der guten Stimmung in Puebla keinen sichtbaren Abbruch. Auch nicht beim mexikanischen Wirtschaftsminister Ildefonso Guajardo, der anlässlich des 50 Jahrestages von VW Mexiko nach Puebla gereist ist. "Wir werden geliebt von den Mexikanern", ist sich VW-Chef Winterkorn sicher. Und wer mit dem Minister spricht, versteht auch warum.

VW in Mexico: Mitarbeiterin bei der Endabnahme des Golf (Foto: Gero Schließ)
Kein gut bezahlter, aber ein sicherer ArbeitsplatzBild: Gero Schließ

Mexiko ist zwar zur Zeit ein Land mit guten Wirtschaftsdaten, aber mit schlechten Nachrichten von weitverbreiteter Banden- und Drogenkriminalität. Die ungelösten Sicherheitsprobleme schrecken nicht zuletzt ausländische Investoren ab. Da passt die von Volkswagen verbreitete mexikanische Erfolgsgeschichte bestens ins regierungsamtliche Marketing-Konzept: "Sie ist sehr wichtig, weil sie der Welt ein Bekenntnis der Mexikaner für jedwedes Investment in Mexiko zeigt," sagt Guajardo.

Die Mexikaner stellten sicher, so der Minister im Gespräch mit der Deutschen Welle, dass sich ausländische Investments auszahlten, so wie bei VW in den vergangenen 50 Jahren. "Wir sind überzeugt: Mit den Reformen, die unser Präsident umgesetzt hat, wird Volkswagen auch in den nächsten 50 Jahren eine Erfolgsgeschichte schreiben."