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"Alles aufdecken"

Sean Sinico / sw28. Juni 2014

"YanukovychLeaks" machte im Februar 2014 Schlagzeilen. Damals retteten Journalisten Dokumente, die Ukraines Ex-Präsident Janukowitsch vor seiner Flucht verschwinden lassen wollte. Die Reporter haben noch viel zu tun.

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Screenshot von der Seite von YanukovychLeaks
Bild: YanukovychLeaks

Die Villa des ehemaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch ist für viele Menschen in der Ukraine zu einem Symbol für Transparenz und Informationsfreiheit geworden. Denn hier entdeckten Reporter erst das ganze Ausmaß an Korruption und Dekadenz, das Janukowitsch und seine Entourage an den Tag gelegt hatten.

Eigentlich wollte Janukowitsch sämtliche belastenden Dokumente in einem See versenken. Die Papiere wurden jedoch gefunden, als Journalisten und freiwillige Helfer nach der überstürzten Flucht des Ex-Präsidenten die Villa durchsuchten. Die Papiere wurden getrocknet, gescannt, analysiert und dann auf der Webseite "YanukovychLeaks" veröffentlicht. Zu den Dokumenten gibt es Hintergrundinformationen und Geschichten, auf Ukrainisch, Russisch und Englisch. Das ambitionierte Projekt erhält in diesem Jahr den Reporter Ohne Grenzen-Award der Bobs, dem DW-Preis für Onlineaktivismus.

Ukraine Viktor Janukowitsch Residenz in der Nähe von Kiew AFP PHOTO/GENYA SAVILOV
Janukowitschs Residenz "Meschigorje" - alles andere als ein bescheidenes EigenheimBild: GENYA SAVILOV/AFP/Getty Images

"YanokovychLeaks ist ein Symbol für den lang anhaltenden Kampf für Meinungsfreiheit", sagt Bobs-Jurymitglied Oksana Romaniuk. Die ukrainische Bloggerin ist Leiterin des Kiewer Instituts für Masseninformation und für den ukrainischen Zweig von Reporter Ohne Grenzen tätig.

Fakten statt Propaganda

Während die veröffentlichten Dokumente auf der Seite deutlich zeigen, dass Korruption und Zensur unter Janukowitsch an der Tagesordnung waren, repräsentiere YanukovychLeaks auch das, "was wir uns für die Zukunft wünschen", so Romianuk. "Wir haben eine sehr schwierige Situation im Osten der Ukraine", fährt die Bloggerin fort, "und ein großes Problem ist, dass die Leute durch die unterschiedlichen Ansichten getäuscht werden, die vom russischen und vom ukrainischen Fernsehen verbreitet werden." Dieses Projekt aber zeige echte Dokumente. "So können die Leute aufgrund von Fakten entscheiden, und nicht durch Propaganda."

Ukraine Journalisten scannen Unterlagen in Kiew ein. Foto: Mikhail Bushuev
Freiwillige Helfer scannten in nur acht Tagen mehr als 20.000 SeitenBild: DW/M. Bushuev

Alles wird aufgedeckt

Seit seiner Flucht im Februar hat man nicht mehr viel von Janukowitsch gehört. Die Ereignisse in der Ukraine haben sich seitdem überschlagen. Dennoch hören die 15 Journalisten nicht mit ihrer Arbeit auf. Es gilt, die mehr als 23.000 Seiten, die in nur wenigen Tagen von Freiwilligen eingescannt wurden, vollständig zu untersuchen, zu ordnen und zu sichern.

"Das YanukovychLeaks-Projekt sollte allen ukrainischen Politikern eine Warnung sein. Davor, dass korrupte und verschwenderische Regimes sich nicht ewig halten können", sagt der Journalist Dmytro Gnap. Auch er arbeitet im YanukovychLeaks-Team. "Diese unzähligen Dokumente, die wir dort gefunden haben, müssen jedem ukrainischen Politiker vor Augen halten, dass niemand solche Machenschaften auf Dauer verbergen kann", sagte Gnap im DW-Interview. "Früher oder später kommt alles raus."

Janukowitsch Residenz Reichtum. AFP PHOTO/ YURIY DYACHYSHYN
Protz und Pomp: Hier pflegte der Ex-Staatschef zu dinierenBild: Yuriy Dyachyshyn/AFP/Getty Images

Vom investigativen Journalisten zum Kriegsreporter

Das Projekt wird von mehreren Organisationen finanziell unterstützt: Unter anderem von SCOOP, einem Netzwerk, das investigativen Journalismus fördert, außerdem vom Projekt OCCRP, das bei der Aufklärung von Kriminalität und Korruption hilft, sowie der Medienentwicklungsstiftung der US-Botschaft in der Ukraine. So seien zwar alle Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Reporter an dem Projekt weiter arbeiten könnten, so Gnap. Allerdings halte die Entwicklung im Osten der Ukraine die Journalisten von der Arbeit für YanukovychLeaks ab. "Das aggressive Vorgehen der Russen im Osten unseres Landes hat diese Arbeit zunächst mal gestoppt." Die Journalisten seien nun eher als Kriegsreporter gefragt, bedauert Gnap. "Ich hoffe, dass dieser Krieg bald vorbei sein wird. Korruption ist schlimm. Doch wir berichten lieber darüber als über einen Krieg."

Ukraine Journalist Dmytro Hnap Hromadske-TV. Foto: DW/Eugen Theise
Der Journalist Dmytro GnapBild: DW/E. Theise

Inzwischen sind Teile der Dokumente aus Janukowitschs Villa an die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft übergeben worden, die mittlerweile in 20 Fällen gegen Janukowitsch und dessen Familie ermittelt.