Wind | Sprachbar | DW | 08.11.2006
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Sprachbar

Wind

Er ist nicht sicht-, aber fühlbar – der Wind. Als Brise kann er einem zärtlich um die Nase streichen. Als Sturm jedoch kann der Wind auch zerstörerisch sein.

"Was macht der Wind, wenn er nicht weht", fragen die kleinen Kinder. Darauf zu antworten ist nicht ganz einfach. Oder doch? Wenn er nicht weht der Wind, dann ruht er. Der Wind stellt sich in der Sprache stets in personifizierter Form dar. Das hat seine Gründe. Wind ist das Stichwort dieser Woche.

Rätselhaftes "Bewegtsein"

Der Wind erscheint nicht nur in der deutschen Sprache als eine Art handelndes Wesen. Ein übermächtiges gar, gegen das der Mensch letztlich nichts ausrichten kann. Rein physikalisch gesehen ist Wind nichts anderes als "fühlbar bewegte Luft". Gleichwohl ist dieses unsichtbare "Bewegtsein" den Menschen stets rätselhaft geblieben.

Man sieht ihn nicht den Wind, aber man hört ihn und weiß, dass er da ist, wenn er ums Haus heult, die Bäume biegt, durch den Schornstein pfeift, auf den Straßen Blätter und Staub aufwirbelt und den Wetterhahn auf den Kirchtürmen kreisen lässt.

Angst einflößender Wind

Wind heult, ächzt, stöhnt, lässt Türen und Fenster klappern, peitscht den Regen gegen die Fensterscheiben. Kein Wunder, dass die Menschen seit Urzeiten Wind und Winde als Geistwesen, als Gottheit sehen. So wird in Indien der Wind- und Regengott als Fruchtbarkeitsbringer verehrt.

Aber, Wind ist auch zerstörerisch; dem Menschen feindlich. Und: Er flößt Angst ein. Nachts, wenn das wilde Heer mit den Windrössern, den Wetterhexen und Windsbräuten im schaurigen Mondlicht durch zerrissenes Gewölk fährt.

Sanfte und laue Brisen

Im Volksglauben nimmt der Wind Tiergestalt an. Wolf, Bär und vor allem Pferde sind gängige mythologische Verkörperungen des Windes. Um die Windgeister günstig zu stimmen, werden ihnen sogar Opfer gebracht. Bis heute hat sich in ländlichen Gegenden der Brauch gehalten, dem Wind eine letzte Garbe Ähren und etwas Obst zu lassen. "Windfutter" heißen diese Opfergaben und sie wurden mit dem überlieferten Spruch: "Da hast Du, lieber Wind, für Dich und auch Dein Kind" dargebracht.

Wind ist nicht nur unheimlich und zerstörerisch. Da gibt es den kühlenden Wind, die frische Brise vom Meer, den sanften Abendwind, den Wind, der Regen für die trockenen Wiesen und Felder bringt. Und nicht zuletzt das laue Frühlingslüftchen. Wie auch immer der Wind wehen mag, er weht woher und wohin er will.

Jede Menge Redewendungen

Ein wahrer Schatz von sprichwörtlichen Redensarten hat sich im Laufe der Zeit um das Wort "Wind" angesammelt und dies ist kein Wunder, denn schließlich sind Wind und Wetter unabdingbar mit dem Wohlergehen der Menschen verknüpft. Wem der Wind "ins Gesicht bläst", der kommt nur schwer voran. Nicht nur bei schwerem Wetter, sondern auch in übertragener Bedeutung.

Und wissen "woher der Wind weht", ist mitunter überlebenswichtig. Für die Leute draußen auf See allemal. "Woher der Wind weht" heißt im alltäglichen Sprachgebrauch: wissen, was wirklich los ist. Zum Beispiel, dass zukünftig in der Firma ein "schärferer Wind" wehen wird.

Aus der Jägersprache

Es gibt ja Kolleginnen und Kollegen, die riechen so etwas 10 Meter "gegen den Wind". Eigentlich sollte ja niemand mitkriegen, dass Kollege X als neuer Personalchef gehandelt wird, aber Kollegin Y hat davon Wind bekommen.

Aus der Jägersprache stammt dieser redensartliche Ausdruck. Das Wild bekommt vom Jäger Wind; das heißt, der Wind trägt der feinen Nase des Wildes den Geruch des Jägers zu, womit selbstverständlich nicht das Geringste über den Geruch selbst gesagt ist.

Der wilde Wirbelwind

Noch viel gäbe es zu sagen vom Wind, zum Beispiel vom – vergeblichen – Kampf gegen die "Windmühlen", von der "Windenergie", vom richtigen "Wirbelwind" und vom Mädchen, das "Wirbelwind" genannt wird, weil es lachend und wild, schnell und begehrenswert, aber nicht zu fassen ist.

Von der "Windsbraut" könnten wir noch berichten, die mit dem wilden Heer durch die Nacht reitet und von ihrer modernen Schwester, die mit blonder Mähne unter dem Helm und in schwarzer Lederkluft hinten auf dem Motorrad sitzt.

Plötzliche Stille

Ja, und was macht der Wind – der richtige Wind – wenn er nicht weht? Gar nichts. Aber man spricht dann von Windstille.

Fragen zum Text

Der Wind wird im Volksglauben häufig verglichen mit …

1. einem Pferd.

2. einer Schildkröte.

3. einer Katze.

Die Redewendung Wissen woher der Wind weht bedeutet …

1. wissen, was wirklich los ist.

2. wissen, welches Wetter aufkommt.

3. keine Ahnung haben.

Von Windstille spricht man, …

1. wenn der Wind nicht heult, sondern nur weht.

2. wenn der Wind sehr stark weht.

3. wenn der Wind gar nicht weht.

Arbeitsauftrag

"Nachts, wenn das wilde Heer mit den Windrössern, den Wetterhexen und Windsbräuten im schaurigen Mondlicht durch zerrissenes Gewölk fährt" … – ein gespenstischer Anfang für eine schaurige Gruselgeschichte. Schreiben Sie eine Gruselgeschichte, in der der Wind eine wichtige Rolle spielt.

Autor: Michael Utz

Redaktion: Beatrice Warken

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