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Willkommenskultur für ausländische Fachkräfte

Sabine Ripperger27. April 2012

Der Bundesbeirat für Integration fordert Maßnahmen, um ausländische Fachkräfte zu gewinnen und dauerhaft an Deutschland zu binden. Das gebietet auch der demografische Wandel.

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Ein Krankenpfleger bei der Arbeit Foto: Paulo Cunha Lusa (dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Zwar gab es in den vergangenen Jahren bereits einige Erleicherungen, um Zuwanderern den Weg auf den deutschen Arbeitsmarkt zu ebenen. Doch im weltweiten Wettbewerb um die besten Köpfe ist die Bundesrepublik nach wie vor nicht sonderlich erfolgreich - obwohl dies dringend nötig wäre. Denn die Zahl der Bundesbürger im erwerbsfähigen Alter sinkt.

Um ausländische Fachkräfte zu gewinnen und dauerhaft an Deutschland zu binden, fordert der Integrationsbeirat der Bundesregierung eine ”Willkommensbotschaft und Akzeptanzkultur”. Dem Gremium gehören rund 30 Mitglieder an, die von Migrantenorganisationen, kommunalen Verbänden, Gewerkschaften und Kirchen kommen.

"Wir brauchen in der Welt etwas mehr Lust auf Deutschland"

Eine Arbeitsgruppe des Beirates hat sich mit der Integrationsförderung und den damit zusammenhängenden Fragen von Zuwanderung und Integration befasst. Den Vorsitz hatte das Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, Heinrich Alt. Die Arbeitsgruppe hat nun einen Forderungskatalog präsentiert. Die Verbesserungsvorschläge wurden am Freitag (27.04.2012) an die Bundesintegrationsbeauftragte Maria Böhmer übergeben. Heinrich Alt fasst das Ergebnis so zusammen: ”Wir brauchen in der Welt etwas mehr Lust auf Deutschland. Wir brauchen in Deutschland eine Kultur der Offenheit und des Willkommens. Ohne Zuwanderung wird die Gesellschaft, aber auch die deutsche Wirtschaft ärmer, und das wird nachhaltige negative Folgen haben.” Deutschland sei dabei, im internationalen Wettbewerb um kluge Köpfe und Talente den Boden zu verlieren, betont Alt.

Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit Foto: Armin Weigel (dpa)
Arbeitsmarktexperte Heinrich AltBild: picture-alliance/dpa

Mentalitätswandel in Einwanderungsfragen

Er geht davon aus, dass Deutschland ein neues Leitbild benötigt - weg vom Prinzip der Zuwanderungsbegrenzung, hin zu mehr Aufnahmebereitschaft: ”Deutschland muss die interessierten und talentierten Menschen in der Welt positiv erreichen. Dafür ist ein Mentaltätswandel, eine Mentalitätsveränderung in Einwanderungsfragen erforderlich.” In vielen Teilen der Welt werde Deutschland noch immer als geschlossene Gesellschaft, als Festung wahrgenommen und nicht als offenes Land, so Alt.

Nach Ansicht des Integrationsbeirats muss sich das eher auf Abwehr ausgerichtete deutsche Ausländer- und Zuwanderungsrecht zu einem einwanderungsfreundlichen Recht entwickeln. Bis vor sieben Jahren ging der Gesetzgeber beispielsweise davon aus, dass mit einem Abschlussexamen der Aufenthalt für ausländische Studenten endet und sie wieder in ihr Heimatland zurückkehren müssen - ein Umstand, der inzwischen gelockert wurde.

Deutschland bei Ausbildung ausländischer Studenten auf drittem Platz

In Deutschland gebe es einen ”Schatz” von 250.000 ausländischen Studentinnen und Studenten, sagt Heinrich Alt: ”Das sind alles Menschen, die sind hochmotiviert, die sprechen Deutsch, die studieren an deutschen Hochschulen." Nach den USA und Großbritannien stehe Deutschland beim Anteil ausländischer Studenten an dritter Stelle.

Ausländische Studierende in der Universität Jena Foto: Jan-Peter Kasper (FSU)
Ausländische Studenten in DeutschlandBild: picture-alliance/ZB

Als Studienort sei Deutschland attraktiv, weil die deutschen Universitäten, insbesondere die technischen Disziplinen, ein hohes Ansehen in der Welt hätten und weil man in Deutschland relativ preiswert studieren könne, sagt Alt: ”Aber von denen, die dann hier erfolgreich ihr Examen gemacht haben, bleiben gerade einmal 30 Prozent im Lande.” Hier müsse man sich Gedanken machen, so der Arbeitsagentur-Vorstand.

”Angesichts des demografischen Wandels liegt die Zukunft unseres Landes in der Vielfalt”, sagte die Bundesintegrationsbeauftragte Böhmer. Aufgrund der zunehmenden EU-Binnenwanderung biete Deutschland zunehmend auch qualifizierten EU-Bürgern Chancen am Arbeitsmarkt. Um dies allen in der Gesellschaft zu vermitteln, unterstütze sie den geforderten Ausbau einer Willkommens- und Begegnungskultur.

Die Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU) Foto: Carmen Jaspersen (dpa)
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria BöhmerBild: picture alliance/dpa

Auch an die Angehörigen denken

Von Anfang an müsse auch an die Familienangehörigen gedacht und Hilfe angeboten werden, betonte Böhmer. Zur Verbesserung der Vorintegration schlägt der Beirat unbefristete Aufenthaltsgenehmigungen für ausländische Absolventen deutscher Hochschulen vor. Auch die deutschen Auslandsschulen, an denen 350.000 Schülerinnen und Schüler lernen, stellten ein großes Potenzial dar, um junge Fachkräfte frühzeitig für eine Ausbildung in Deutschland zu gewinnen.

Wer neu hier ist, soll ein “Welcome Package” zu allen wichtigen Bereichen des täglichen Lebens in Deutschland erhalten. In Zuwanderungsregionen, vor allem in Ballungsräumen sollen Welcome-Center eingerichtet werden, in denen die für eine Betreuung erforderlichen Anlauf- und Beratungsstellen gebündelt sind. Die Rede ist auch von Patenschaften und Mentoren-Programmen für ausländische Fachkräfte. Für eine Etablierung in Deutschland bieten sich laut Beiratsbeschluss auch Maßnahmen auf lokaler Ebene an.

Um eine Mentalitätsveränderung in Deutschland zu erreichen, seien alle gefordert, heißt es von Seiten des Integrationsbeirats: die Politik, die Botschaften und Konsulate in den Herkunftsländern, die Behörden in Deutschland, die Arbeitgeber und Gewerkschaften, die Schulen und jeder Einzelne.