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Wie tief sind die Gräben?

Sabine Kinkartz10. Oktober 2013

CDU/CSU und die Grünen führen ihr erstes Sondierungsgespräch zur Regierungsbildung. Beide Seiten beteuern, eine Zusammenarbeit ernsthaft prüfen zu wollen. Doch die Zweifel sind groß.

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Symbolbild Klammern Koalition schwarz grün (Foto: Imago McPHOTO)
Bild: imago/McPHOTO

Wenn der Himmel blau ist und die Sonne scheint, dann wird das oft als gutes Omen für ein Vorhaben gewertet. Gemessen daran könnten die Voraussetzungen für die schwarz-grünen Sondierungsgespräche unter dem Vorsitz der vier Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) sowiw Cem Özdemir und Claudia Roth (beide Grüne) in Berlin nicht schlechter sein. Es ist trüb und grau, ein kalter Wind treibt den Regen vor sich her.

Doch eigentlich müssen die 14 Politiker von CDU/CSU und ihre acht Kollegen von den Grünen, die sich in der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft in der Nachbarschaft des Reichstagsgebäudes zusammengesetzt haben, gar nicht erst ins Wetter schauen, um an ihrem Vorhaben zu zweifeln. Denn ihre politischen Vorstellungen weichen in wesentlichen Punkten zum Teil weit voneinander ab.

Union und Grüne sondieren

Erhebliche inhaltliche Differenzen

Exemplarisch hat sich das in den letzten Tagen vor dem Hintergrund der Flüchtlingskatastrophe von Lampedusa gezeigt. Die Grünen drängen auf eine offenere und menschlichere Einwanderungspolitik in der EU. Die Union lehnt das ab. Grüne Kritik musste sich besonders Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) anhören, der in der Flüchtlingskatastrophe vor allem ein Problem mit Schlepperbanden sieht. Der frühere Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin warf der Union dafür "einen Abgrund an Zynismus" in der Flüchtlingspolitik vor.

Eine gleich große Kluft liegt zwischen Schwarz und Grün in der Umwelt- und Energiepolitik. Die Grünen dringen auf ehrgeizigere Ziele für die Energiewende und wollen bis 2030 auch aus der Kohleverstromung aussteigen. Die Union hingegen will die Förderung erneuerbarer Energien zugunsten geringerer Strompreise beschneiden und an der Kohle bis auf weiteres festhalten. Auch im aktuellen Streit um EU-Abgasnormen für Autos stehen Schwarze und Grüne auf unterschiedlichen Seiten.

Grüne leichter zu bändigen?

Wenig Gemeinsamkeiten dürften Union und Grüne bei ihrem Sondierungsgespräch auch beim Thema Steuern finden. CDU und CSU sind gegen Steuererhöhungen. Die Grünen haben sich hingegen im Wahlkampf dafür eingesetzt, hohe Einkommen und Vermögen stärker zu belasten. Eine weitere Kluft tut sich in der Arbeitsmarktpolitik auf. Die Grünen fordern einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Die Union setzt dagegen auf branchenbezogene Lohnuntergrenzen, in erster Linie für Arbeitnehmer ohne Tarifbindung.

Damit ist die Liste der Unstimmigkeiten noch lange nicht zu Ende. Insbesondere die CDU hat im Vorfeld des Sondierungsgesprächs trotzdem deutlich gemacht, dass sie ernsthaft mit den Grünen verhandeln will. Manche Christdemokraten sind im Stillen der Meinung, dass die bei der Bundestagswahl auf 8,4 Prozent der Zweitstimmen geschrumpften Grünen am Ende ein leichter zu bändigender Koalitionspartner sein könnten, als die derzeit sperrig erscheinende SPD.

Die Grünen wollen sich aber keinesfalls unter Wert verkaufen. Grundlage der Verhandlungen sei das grüne Parteiprogramm, betonte die scheidende Parteivorsitzende Claudia Roth. Die angestrebte, auch personelle Neuausrichtung der Partei bedeute nicht, "dass sich die grüne Partei kompatibel für CDU und CSU" mache.