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Wie sauber ist der russische Fußball?

23. Mai 2018

Vor der WM 2018 in Russland sind noch einige Fragen in Sachen Doping heimischer Spieler offen. Wurde auch im Fußball systematisch gedopt? Es gibt Anzeichen, die dafür sprechen. Bewiesen ist das aber noch nicht.

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Eine Spritze für das Doping (Foto: Fotolia/St.Op.)
Bild: Fotolia/St.Op.

Nach Russland einreisen darf Hajo Seppelt nun doch. Das WM-Visum für Russland wurde dem ARD-Dopingexperten - auch nach Intervention der Bundesregierung - auf diplomatischem Weg gewährt, nachdem Seppelt zuvor zur "unerwünschten Person" in Russland erklärt worden war. Doch dabei will es der Veranstalter nicht belassen. Den 55-Jährigen erwartet bei seiner Einreise wohl eine Anhörung durch das staatliche Ermittlungskomitee. Hintergrund seien die in Russland laufenden Ermittlungen gegen Grigori Rodschenkow, teilten die russischen Behörden mit. Der frühere Leiter des Moskauer Anti-Doping-Labors hatte in einer Dokumentation Seppelts über das Staatsdoping als Whistleblower Informationen weitergegeben. 

Die Enthüllungen Seppelts über systematisches Staatsdoping hatten unter anderem dazu geführt, dass Russlands Leichtathleten von den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro ausgeschlossen waren waren und dass bei den Winterspielen 2018 in Pyeongchang russische Sportler unter neutraler Flagge hatten antreten müssen. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte im vergangenen Jahr 19 russische Wintersportler wegen manipulierter Dopingproben lebenslang von den Olympischen Spielen ausgeschlossen. Bei den Winterspielen in Sotschi waren belastete Proben russischer Athleten gegen saubere ausgetauscht worden. 

Gesamter russischer Kader gedopt?

Und im Fußball soll es kein systematisches Doping geben? Richard McLaren, Sonderermittler der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), erklärte im Juni 2017, dass von einem separaten Doping-Vertuschungssystem im russischen Fußball auszugehen sei. "Ein Vertuschungssystem hat es gegeben, aber es muss noch ein anderes im Fußball gegeben haben", sagte McLaren. "Es gab offenbar eine Bank mit sauberem Urin. Und diese Bank wurde offenbar für Fußball genutzt." Die WADA hatte den Welt-Fußballverband FIFA Ende 2017 darüber unterrichtet, dass unter den 154 Dopingproben russischer Fußballer 34 seien, die manipuliert worden sein könnten.

Laut einem Bericht der englischen Zeitung "Mail on Sunday" stand der komplette russische Kader der WM 2014 auf einer Liste von rund 1000 Sportlern, deren Dopingproben auf ministerielle Anordnung hin zwischen 2011 und 2015 manipuliert worden seien.

FIFA schließt die Akten

Deutschlands bekanntester Dopingjäger, Werner Franke (Foto: picture-alliance/dpa/Arne Dedert)
Deutschlands bekanntester Dopingjäger, Werner FrankeBild: picture-alliance/dpa/Arne Dedert

Die FIFA erklärte derweil, keine hinreichenden Beweise für Doping-Verstöße aktueller russischer WM-Spieler gefunden und daher die Akten in Absprache mit der WADA geschlossen zu haben. Die Untersuchungen zu allen Spielern des vorläufigen aktuellen Turnier-Kaders seien "mangels ausreichender Beweise für das Vorliegen eines Verstoßes" eingestellt worden. Lediglich gegen Spieler, die nicht bei der WM im Einsatz sein werden, liefen noch Untersuchungen, teilte der Weltverband mit.

Dopingjäger Seppelt und Franke kritisieren FIFA-Entscheidung

"Wir haben in der vergangenen Woche die FIFA angefragt, ob sie auffällige verdächtige Befunde explizit auf alle verbotenen Substanzen und alle verbotenen Methoden nachgetestet hat. Darauf gab und gibt es von der FIFA nach wie vor keine Antwort. Nur dann hätten ihre Nachtests wirklich eine Aussagekraft", erklärte ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt.

Auch Dopingforscher Werner Franke kann sich mit dem Untersuchungsergebnis nicht anfreunden. "Das ist Verbandskorruption. aber das zieht sich ja durch die Geschichte der FIFA hindurch", sagte der Wissenschaftler gegenüber der DW. "Im Fußball hat es bereits alles gegeben, es hat sich aber nie etwas getan. Wie zum Beispiel damals im Fall von Juventus Turin, wo das Verfahren so lange hinausgezögert wurde, bis es verjährte. Und gerade vor einer Weltmeisterschaft würden Dopingfälle jetzt nur stören."  

Für Aufsehen hatte Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, Mannschaftsarzt des FC Bayern und der deutschen Nationalmannschaft, gesorgt, der behauptet hatte, "es würde nichts bringen, Muskelmassen anzutrainieren, denn dann würden sie zu schwer werden". Ohnehin habe er während seiner langjährigen Tätigkeit mit Fußballprofis noch nie den Verdacht des Dopingmissbrauchs gehabt, sagte der 75-Jährige.

Doping nützt im Fußball sehr wohl

Sportarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt hält Doping im Fußball nicht für sinnvoll.   (Foto: picture-alliance/dpa/M. Mueller)
Sportarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt hält Doping im Fußball nicht für sinnvoll. Bild: picture-alliance/dpa/M. Mueller

"Er hat sich dabei vielleicht nicht so viel überlegt", glaubt Hans Geyer, Geschäftsführer des Zentrums für Präventive Dopingforschung an der Deutschen Sporthochschule in Köln. "Wenn ich an Doping mit EPO denke, dann steigert das die Ausdauerfähigkeit, und ich kann am Ende eines Spiels noch viel laufen und konzentriert handeln."

In Bezug auf den russischen Fußball war auch das Kölner Institut mit Untersuchungen betraut. Vor der WM 2014 sollten die Forscher bei Trainingseinheiten kontrollieren, ob auch die Fußballprofis womöglich mit dem Edelgas Xenon, das laut Geyer Ausdauer und Regeneration verbessert und stimulierend wirkt, in Berührung gekommen waren.

"In anderen Sportarten in Russland wurde Xenon bereits genutzt. Wir haben dafür eigens ein Nachweisverfahren entwickelt. Aber wir haben nichts gefunden", sagt Geyer. Auch wenn der Wissenschaftler anmerkt, dass im hiesigen Fußball viele Kontrollen durchgeführt werden, so macht Geyer aber auch deutlich, dass "bei den Trainings-Kontrollprogrammen im internationalen Vergleich noch einiges zu tun ist, um gleiche Standards zu ermöglichen". 

Infantino will von Verdächtigungen nichts wissen

Witalij Mutko musste vom Amt des WM-Organisationschefs zurücktreten (Foto: picture alliance/dpa/C. Charisius)
Witalij Mutko musste vom Amt des WM-Organisationschefs zurücktretenBild: picture alliance/dpa/C. Charisius

Im Dezember 2017 hatte Russlands Staatspräsident Wladimir Putin entschieden, dass der WM-Cheforganisator Witali Mutko von seinem Amt zurücktreten müsse. Kein anderer Name ist mit dem russischen Staatsdoping so eng verbunden wie der des Vizepremiers. Mutko selbst bestreitet alle Vorwürfe. Das IOC sah den langjährigen Sportminister als eine der Schlüsselfiguren des "beispiellosen systematischen Dopings" in Russland und sperrte ihn lebenslang.

FIFA-Präsident Gianni Infantino hält sich dagegen in der Diskussion um mögliches Doping im russischen Fußball zurück. "Ich kann nur wiederholen, dass sich die FIFA nicht an Spekulationen beteiligt. Die FIFA testet alle Spieler in und außerhalb der Wettbewerbe", sagte Infantino bei der WM-Gruppenauslosung Ende 2017. Diese Tests seien bei der WM 2014, dem Confederations Cup und den Klubwettbewerben der UEFA negativ ausgefallen. Wenn ein Spieler gedopt sei, so der FIFA-Chef, "wird es Sanktionen geben. So haben wir es gemacht, und so werden wir es immer machen."

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