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Kein Traumberuf

26. Juli 2010

Die katholische Kirche in Europa hat ein Problem: Es mangelt an Priestern. In Frankreich beispielsweise wollen nur noch wenige junge Männer als Geistliche arbeiten. Mit einer PR-Kampagne will die Kirche das ändern.

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Priester schwenkt einen Weihrauch-Behälter (Foto: Bilderbox)
Priester: ein Beruf, der vieles bietet?Bild: Bilderbox

Es ist Sonntagmorgen. Die Glocken der Kirche St. Christophe de Javel in Paris läuten zur Morgenmesse. Pater Paul Ndour singt und betet gemeinsam mit seiner Gemeinde. Der Priester ist kein normaler französischer Geistlicher: Er kommt aus dem Senegal und ist für zwei Jahre in Paris. Ndour ist nur einer von 1500 ausländischen Priestern, die in Frankreich arbeiten. Sie sollen den Mangel an einheimischen Priestern im Land ausgleichen.

Ziel: das Image verbessern

Ein Gebetbuch mit Heiligenbild (Foto: dpa)
Oder ein Beruf, der viele abschreckt?Bild: dpa - Bildarchiv

Diese zwei Jahre in Frankreich seien eine gute Chance für ihn, sagt Ndour. Und auch seine Gemeinde profitiere davon. "Es ist ein Experiment, das beide Seiten dazu bringt, offener zu sein. Bevor ich herkam dachte ich, dass französische Priester hauptsächlich missionieren und kolonialisieren wollen. Jetzt sehe ich, dass das nicht stimmt."

Seit den 1960er-Jahren sinkt die Zahl der Priester in Frankreich deutlich: von 41.000 auf heute rund 15.000. Und es werden immer weniger. Jedes Jahr sterben etwa 800 Priester - und nur 100 neue werden jährlich geweiht. Die katholische Kirche kennt dieses Problem und hat auch eine Lösung parat: Mit einer PR-Kampagne will sie mehr junge Männer für das Priesteramt begeistern. Doch dafür müsse zuerst das Bild des Priesters verbessert werden, sagt Frédéric Fonfroide de Lafon, der die Kampagne im Auftrag der Kirche leitet. "Wir zeigen, was es wirklich bedeutet, ein Priester zu sein: Es ist eine Person mit einer guten Ausbildung in Philosophie und in den Geisteswissenschaften. Er ist jemand, der am Leben in der Gesellschaft teilnimmt. Er begleitet die Menschen in den wichtigsten Momenten ihres Lebens."

Skeptische Reaktionen

Sorbonne in Paris (Foto: Ismael Valladolid Torres)
An der Sorbonne will die Kirche viele junge Männer erreichenBild: by Ismael Valladolid Torres

Anzeigen in Zeitungen und Magazinen sollen die "wahren" Priester und ihre Leidenschaft für Menschen und Menschlichkeit zeigen. In Cafés, Kinos und Universitätsgebäuden, also an Plätzen, an denen sich viele junge Menschen aufhalten, werden außerdem 50.000 Postkarten ausgelegt.

In der Universität Sorbonne blickt Nicolas Dolivera, der Geschichte studiert, eher skeptisch auf eine der Postkarten. Darauf hält ein Mann den Scherenschnitt eines Priesterkragens und eines Jackets in der Hand. Ein Knopf auf dem Revers trägt die Inschrift "Jesus ist mein Boss" auf Englisch, und die Bildunterschrift "Warum nicht?", auch auf Englisch, ist quer über das untere Ende der Karte gedruckt. "Sie wollen zeigen, dass sie hip sind, indem sie englische Worte benutzen. Aber so einfach ist das nicht. Rund um die katholische Kirche gibt es zu viele Skandale und zuerst muss die Kirche sagen: Mea Culpa", sagt der Student.

Kirche in Sanary-sur-Mer (Foto: picture-alliance/dpa)
Die Kirche hat Nachwuchsprobleme, auch in FrankreichBild: picture-alliance / dpa

Auch der 21-jährige Maxime Bermann ist von der Kampagne nicht überzeugt. Solange es obskure Regeln in der Kirche gebe, sei es schwierig, junge Leute dafür zu begeistern, sagt er. "Die Kirche schaut auf alte Werte zurück, die heute niemanden mehr interessieren. Sie muss aber eher zeigen, dass sie sich modernisieren will - und zwar nicht nur mit Postkarten."

Optimismus in der Kirche

Die Kirche zeigt sich offiziell zufrieden mit der Kampagne und der Reaktion darauf. Die Missbrauchsfälle, die in den vergangenen Monaten an die Öffentlichkeit gedrungen sind, hätten der Kampagne nicht geschadet, sagt PR-Direktor Fonfroide de Lafon. Die Skandale zeigten vielmehr, dass es heute noch wichtiger für die Kirche sei, zu zeigen, wie wichtig die Arbeit ihrer Priester tatsächlich sei.

Autorin: Eleanor Beardsley / Julia Kuckelkorn
Redaktion: Fabian Schmidt