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Bundesliga-Kommentar

3. April 2011

Sprengsätze in der Nähe der Dortmunder Arena, Hass-Plakate gegen Bayern-Urgestein Hoeneß, ein Becherwurf, der zum Spielabbruch führt und die anhaltende Trainerhysterie: Olivia Fritz kommentiert den 28. Spieltag.

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Linienrichter Thorsten Schiffner (r) fasst sich an den Kopf (Foto: dpa)
Schiri-Assistent Schiffner wird von einem Bierbecher getroffenBild: picture alliance / dpa

"Einige Leute halten Fußball für eine Frage von Leben und Tod. Ich bin von dieser Einstellung sehr enttäuscht. Ich versichere Ihnen, dass es viel viel wichtiger als das ist", hat der einstige Liverpool-Trainer Bill Shankly mal gesagt. Für viele der rund 380.000 Zuschauer, die an diesem Spieltag ins Stadion kamen, ist das gelebter Alltag. Da wird auch schon mal Stimmung gemacht gegen die eigene Mannschaft, den Trainer oder den Manager – etwa im Abstiegskampf.

Darf man sich aber auf eine einzige Person festlegen? Sich wie die Bayern-"Wut"-Fans gegen Nationaltorwart Manuel ("koan") Neuer verschwören, die finanzielle Hilfe für den Lokalrivalen 1860 München anprangern und Präsident Uli Hoeneß als "Lügner" beschimpfen? Nein! "Neuer im Tor ist für uns wie Trainer Daum und Manager Lemke für Dich", hatten die Zuschauer auf Plakate geschrieben und "Blaue (in München das Synonym für 1860) Schweine schlachtet man und rettet sie nicht. Und Du willst Metzger sein, Uli?" Das ging selbst dem hart gesonnenen Hoeneß unter die Haut und war insgesamt eindeutig unter der Gürtellinie.

Fankurve FC Bayern München (Foto: picture alliance)
Deutliche Botschaft an Bayern-Präsident Uli Hoeneß und gegen Nationaltorwart NeuerBild: picture alliance/Pressefoto ULMER/Claus Cremer

Volle Becher gehören ausgetrunken

Die Welt des Fußballs ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Jeder Fanklub hat seine eigene Kultur, mit seinen eigenen Regeln, Ritualen und auch Hierarchien. Doch es gibt auch Einzelne, die den Schutz der Masse ausnutzen, um zu provozieren, Aggressionen auszuleben und zu attackieren. Toilettenpapier, Münzen und Feuerzeuge fliegen regelmäßig durchs Stadion – und es werden genauso oft volle (Bier-)Becher geworfen. Mit Fußball hat das nichts mehr zu tun. Und dem eigenen Verein hilft man damit erst recht nicht.

"Ach - nicht so schlimm", denken vielleicht einige. Im Ausland - in Italien oder Spanien zum Beispiel - geht es tatsächlich noch brutaler zur Sache: Da flogen auch schon mal ein Schweinekopf oder ein zuvor vom gegnerischen Fan geklauter Motorroller auf das Spielfeld. Doch spätestens, wenn der eigene Nachwuchs mit Bier übergossen oder von einer Rauchbombe benebelt wird, ist dann wohl Schluss mit lustig.

Fußballspiele bleiben Publikumsmagnete

Ist Fußballgucken gefährlich? In Dortmund bekamen die Dauerkarteninhaber ein mulmiges Gefühl, als in der Nähe des Westfalenstadions Sprengsätze gefunden worden waren. Regelmäßig versammeln sich in der Arena 80.720 Zuschauer auf engem Raum, und damit können sie zur Zielscheibe werden – übrigens wie bei jeder anderen Großveranstaltung auch. Die Fans wurden für die Gefahr sensibilisiert, auch wenn der Erpressungsversuch eines Einzelnen zum Glück kläglich scheiterte und sowohl Polizei als auch die Sicherheitskräfte des Vereins dafür sorgten, dass Fußballgucken in Deutschland (in der Regel) sicher bleibt.

Nullnummern und Trainerhysterie

Zuschauen lohnte sich jedenfalls: Die BVB-Fans bekamen einen 4:1-Sieg zu sehen und damit einen weiteren Grund, sich auf die Meisterfeier einzustimmen. In anderen Stadien geriet das Geschehen auf dem Platz jedoch in den Hintergrund: In Hamburg fand Fußball kaum statt, in Wolfsburg guckten alle auf die beiden Karussell-Trainer Felix Magath und Christoph Daum und in Köln bekamen die Zuschauer in den ersten 90 Minuten so gut wie nichts geboten – erst in der Nachspielzeit. Beim Siegtor allerdings waren die Kölner Fans versöhnt und das Stadion tobte noch weit über den Schlusspfiff hinaus. Womit wir wieder bei Bill Shankly wären: So absolut kann Fußball sein, wenn er wieder zur Hauptsache wird.

Autorin: Olivia Fritz
Redaktion: Wolfgang van Kann