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Wenn die Knochen bröseln

Gudrun Heise5. Dezember 2012

Bein gebrochen? Arm gebrochen? Da wird gegipst, genagelt oder geschraubt, damit der Bruch wieder gut verheilt. Komplizierter ist das bei Osteoporose. Da ist der Knochen porös und splittert leicht.

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Knochen mit Osteoporose (Foto: picture alliance)
Osteoporose MakroaufnahmeBild: picture-alliance/OKAPIA KG Germany

Wenn im Körper mehr Knochenmasse abgebaut als aufgebaut wird, dann lautet die Diagnose: Knochenschwund oder Osteoporose. Gerade für ältere Leute sei es wichtig, sicher auf den Beinen zu stehen, um Stürze zu vermeiden und damit auch Brüche, erklärt Thomas Kausch, Ärztlicher Direktor in der Orthopädischen Fachklinik Kurköln in Bad Neuenahr: "Es ist ganz wichtig, dass man in Bewegung bleibt, damit man keine Gleichgewichtsprobleme beim Aufstehen hat." Außerdem reagiere der Knochen auf Bewegungsreize. "Ein Knochen, der stark beansprucht wird, wird auch mehr Kalksalz einlagern." Und das kräftige den Knochen.

Eine schleichende Erkrankung

Die meisten Menschen mit Osteoporose merken über einen langen Zeitraum nichts von der Erkrankung. Sie kann über zehn oder 15 Jahre schleichend verlaufen und wird häufig erst durch einen Knochenbruch bemerkt, wie bei Regina Breuer. Sie sei im Urlaub auf Steinfliesen ausgerutscht, erzählt die 69-Jährige. Dabei hat sie sich einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen. Und damit nicht genug, auch die Schulter war angeschlagen.

"Erst einmal sah es aus, als wäre es ein glatter Bruch", erzählt die Patientin. Dann aber habe sich der Bruch verschoben. "Es hat gebröselt. Das war wie ein morsches Ästchen." Jetzt ist Regina Breuer erst einmal für drei Wochen in der Rehaklinik in Bad Neuenahr. Hier stehen Physiotherapie und tägliche Gymnastik auf dem Stundenplan, viel Bewegung eben.

Rentnerpaar mit Gehstock beim Spaziergang (Foto: Fotolia)
Gerade für ältere Menschen ist Bewegung sehr wichtigBild: Fotolia/cammer

Osteoporose wird unterschätzt

Bei jeder dritten Frau ab 50 beziehungsweise nach den Wechseljahren werden die Knochen durch den Abbau von Hormonen instabil. Insgesamt sind Frauen etwa doppelt so häufig von Knochenschwund betroffen wie Männer.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Osteoporose in den Rang der zehn wichtigsten Krankheiten unserer Zeit erhoben. Aber noch immer nehmen viele diese Erkrankung auf die leichte Schulter und das könne durchaus gefährlich sein, warnt Kausch: "Die Osteoporose - um direkt den schlimmsten Fall herauszugreifen - ist eine lebensbedrohliche Erkrankung und wird unterschätzt."

Dieser schlimmste Fall sei ein Schenkelhalsbruch, denn es sei erwiesen, dass Patientinnen und Patienten mit einer solchen Fraktur innerhalb der folgenden fünf Jahre eine deutlich erhöhte Sterblichkeitsrate hätten als gleichaltrige Patienten ohne Schenkelhalsbruch.

"Wenn jemand in einem bestimmten Alter längere Zeit im Bett liegen muss und immobil ist, kommt es aufgrund der Begleiterkrankungen zu Problemen." Zum Beispiel treten häufiger Thrombosen oder Lungenembolien auf, wie Kausch erläutert, oder Erkrankungen des Herz- Kreislaufsystems, "und daran können die Patienten dann versterben".

Ein Chirurg präsentiert ein künstliches Hüftgelenk (Foto: picture alliance)
Bei Osteoporose muss dem Patienten häufig ein künstliches Hüftgelenk eingesetzt werdenBild: picture alliance / ZB

Früherkennung durch Messung der Knochendichte

Früherkennung ist bei Osteoporose durchaus möglich. Dazu wird mithilfe einer digitalen Röntgenuntersuchung die Dichte der Knochen gemessen. Die sei aber nicht mit einem konventionellen Röntgenbild zu vergleichen, so Kausch. Entsprechend gering sei die Strahlenbelastung. In der Klinik in Bad Neuenahr werden pro Jahr etwa 800 solcher Messungen durchgeführt.

"Dabei wird der Kalksalzgehalt in ausgewählten Köperregionen gemessen - vor allem in der Schenkelhalsregion." Denn die breche besonders leicht, sagt Kausch. Weicht der Kalksalzgehalt im Knochen vom Normwert in die ungünstige, die kalziumarme Richtung ab, dann ist die Diagnose klar: Osteoporose.

"Wenn wir den Knochenschwund erkannt haben, entwickeln wir ein entsprechendes Programm: Krankengymnastik und Sturzprophylaxe, damit die Patienten lernen, ungefährdet hinzufallen", so der Orthopäde.

Osteoporose durch Medikamente

Einige Medikamente können die Entstehung von Osteoporose begünstigen. "Wenn ein Rheumapatient sein Leben lang Kortison nehmen muss, dann bekommt er häufig eine durch Kortison ausgelöste Osteoporose", so Kausch. Aber auch Chemo-Behandlungen nach einer Krebserkrankung können zu Osteoporose führen. Dafür ist Regina Breuer ein Beispiel. 2002 wurde bei ihr Magenkrebs entdeckt, der Tumor entfernt. Nach der Operation bekam sie Chemotherapie. Die Folgekrankheit: eine sekundäre Form der Osteoporose.

Regina Breuer wird sich nicht nur mehr bewegen, sondern auch ihre Ernährung umstellen müssen. Auf dem Speiseplan stehen bei Osteoporose vor allem Nahrungsmittel mit hohem Kalziumgehalt. Auch Vitamin D ist wichtig, denn es steuert verschiedene Zellsysteme. Durch die Einwirkung von Tageslicht kann der Körper es selbst aufbauen, es wird Patienten aber auch in Tablettenform verabreicht.

Fortgeschrittene Osteoporose wird heute meist mit Bisphosphonaten behandelt. Sie hemmen den Knochanabbau und die Knochendichte nimmt wieder zu. So kann auch die Gefahr von Brüchen verringert werden. Ähnlich wirkt Strontium. Und auch Hormone können helfen, denn auch sie bremsen den Knochenabbau. Diese Art der Therapie ist allerdings nicht unumstritten, denn dadurch steigt das Brustkrebsrisiko bei Frauen.

Alles eine Frage des Alters

"Vor 100 Jahren ist man eben nicht 80 Jahre alt geworden", so Kausch. "Da hat man seinen Knochenabbau gar nicht erlebt." Bei richtiger und vor allem frühzeitiger Therapie könne Osteoporose aber aufgehalten, in einigen Fällen sogar rückgängig gemacht werden. Disziplin, richtige Ernährung und Bewegung, Bewegung und nochmals Bewegung seien dafür die wichtigsten Maßnahmen.