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Bedrohung Computerspielsucht

20. August 2010

Die zweite Auflage der Computerspielmesse 'Gamescom' hat wieder Scharen von Menschen in die Messehallen von Köln gelockt. Aber die immer besser entwickelten Spiele können auch gefährlich sein. Sie können süchtig machen.

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Ein Besucher probiert ein Computerspiel aus (Foto: AP)
Bild: AP

Der Lärmpegel ist ohrenbetäubend. Aus den Lautsprechern wummert die Musik, gepaart mit den Geräuschen der Computerspiele und lockenden Moderationen. An jeder Ecke blinkt und blitzt es. Die riesigen Messehallen sind gut gefüllt. Werbe-Mädchen im knappen Outfit, die Actionheldinnen wie Lara Croft ähneln, versuchen die Besucher zu animieren und stehen für Schnappschüsse bereit. In langen Schlangen warten die Fans darauf, bei den Neuerscheinungen ihrer Lieblingsspiele zum Zug zu kommen. Obwohl die Veranstalter auch verstärkt Familien für die Gamescom gewinnen wollten, dominiert die klassische Zielgruppe: männliche Jugendliche und junge Männer.

Einer von ihnen steigt mit 3D-Brille ins Cockpit eines Rennwagens. Dort sind drei Monitore angebracht und erzeugen eine realistische Sicht aus der Windschutzscheibe. Die Straße staubt, die Zuschauer am Streckenrand jubeln, der Wagen des Gegner vor ihm hinterlässt einen Bremsstreifen auf dem Asphalt. Nach ein paar Minuten ist der Spaß vorbei. Alle wollen eine Runde drehen. 3D-Games sind der große Trend der diesjährigen Messe.

Eine Reise in die Virtualität

"Mit den drei Monitoren und der 3D-Brille hat man ein total plastisches Gefühl, so als hätte man wirklich im Auto gesessen. Es hat total Spass gemacht," erzählt der Spielefreak komplett begeistert und schwärmt von der Rundumsicht.

Ein Besucher testet auf der gamescom Messe in Köln einen Rennsimulator. (Foto: apn)
Realität und Fiktion verschmelzenBild: AP

Die neuen 3D-Grafiken faszinieren viele Besucher. Die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Fiktion verschwimmen. Und für manche verschwimmen sie so sehr, dass sie nicht mehr zwischen Realität und Spiel unterscheiden können. Computerspiele können süchtig machen. In Deutschland soll es nach Experten-Meinung rund zwei Millionen Internet- und Computerspielsüchtige geben. Vornehmlich trifft es Männer. Fragt man die begeisterten Jugendliche auf der Gamescom nach ihrem Spielekonsum, dann kommt man tatsächlich ins Grübeln und fragt sich, was sie mit ihrer Freizeit anstellen, außer vor dem PC zu sitzen.

Zocken bis die Augen schmerzen

Auf zwei bis drei Stunden schätzen einige der jungen Besucher ihren täglichen Spielekonsum. Einer berichtet von "schmerzenden Augen". Dann hätte man wohl den Punkt erreicht, an dem man den Controller besser aus den Händen legen sollte, erklärt er schuldbewusst. Einige der befragten Jugendlichen haben Konsolen im Überfluss. In ihrem Zimmer gibt es eine Playstation, die Xbox und einen PC.

In einer anderen Halle der Kölner Gamescom finden E-Sport-Wettkämpfe statt. Professionelle Spieler duellieren sich in den umstrittenen Ego-Shootern. Sie jagen durch labyrinthartige Gänge und versuchen den gegnerischen Avatar abzuschießen. Dem Sieger des Turniers winken lukrative Geldpreise. In einer abgelegenen Ecke der Halle hat auch Dr. Christian Montag seinen Stand aufgebaut. Er sucht Gamer, die regelmäßig Ego-Shooter spielen, um herauszufinden, welche Auswirkungen Computerspiele auf den Menschen haben. Das gängige Urteil lautet: Ballerspiele stumpfen ab.

Wenn die Zeit verloren geht ...

Die Wissenschaft ordnet die Computerspielsucht genau so ein wie den Alkoholismus. Obwohl man keine Droge zu sich nimmt, deuten die Ergebnisse darauf hin, dass "Alkohol und Computerspiele auf die gleichen Zentren im Gehirn wirken", erklärt der Persönlichkeitsforscher.

Eine junge Frau probiert auf der gamescom in Köln an einem Stand die "Playstation" von Sony aus. (Foto: dpa)
Gefährliches SpielenBild: picture alliance / dpa

Frauen spielen viel weniger an der Konsole als Männer. Rund drei Prozent der männlichen 15-Jährigen gelten als spielsüchtig. Fälle von Mädchen im selben Alter gibt es kaum. Eine Erklärung dafür hat auch Dr. Montag noch nicht gefunden. "Möglicherweise hat das was mit den Inhalten der Spiele zu tun, die eher auf Männer abzielen oder für Männer interessant sind. Aber das ist letztendlich noch nicht geklärt."

Es besteht immer die Gefahr, vor der Konsole das Zeitgefühl zu verlieren. Wenn sich die Spieler zurückziehen, sich nicht mehr waschen, das Essen vernachlässigen und keine Freunde mehr treffen, dann wird es gefährlich. Die Organisatoren der Gamescom haben versucht, die Gefahr mit einem vielseitigen Rahmenprogramm zu bannen. Kletteranlagen, Basketballkörbe und ein Motorrad-Parkour sollen die Besucher nach draußen locken. Aber Warteschlangen bilden sich nur an den Konsolen.

Autor: Arne Lichtenberg
Redaktion: Sandra Petersmann

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