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Weniger Rauch in Europa

19. Dezember 2012

Die EU-Kommission will den Europäern den Griff zur Zigarette abgewöhnen. Dabei setzt sie auf abschreckende Fotos und große Warnhinweise auf den Schachteln. Die Tabakindustrie will sich wehren und droht mit Klagen.

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Altkanzler Helmut Schmidt, hier beim SPD-Parteitag im Dezember in Hannover, hält an der Zigarette fest (Foto: dapd)
Bild: dapd

Schockfotos und großflächige Warnhinweise auf Zigarettenpackungen sollen mehr Europäer vom Rauchen abhalten. Nach einem Gesetzesvorschlag der EU-Kommission müssten künftig auch in Deutschland alle Zigarettenschachteln abschreckende Fotos zeigen - zum Beispiel von Raucherlungen oder Mundkrebs.

Drei Viertel der Vorder- und Rückseiten will die Brüsseler Behörde für Warnhinweise wie "Rauchen tötet" und Bilder reservieren. Das wäre mehr als doppelt so viel Platz wie bislang. Wenn alle Vorschläge umgesetzt würden, ginge nach EU-Einschätzungen die Zahl der Raucher innerhalb von fünf Jahren um zwei Prozent zurück.

Aus für Geschmackzusätze

EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg schlug zudem ein Verbot für Geschmackszusätze in Zigaretten vor - sie dürften nur noch eingesetzt werden, wenn sie das Tabakaroma nicht verändern. Sowohl Mentholzigaretten wie sie Altkanzler Helmut Schmidt (Artikelbild) bevorzugt raucht sowie auch die bei Frauen beliebten dünnen Slim-Zigaretten würden demnach verbannt.

EU will verschärftes Tabakgesetz

"Die Verbraucher dürfen nicht in die Irre geführt werden", sagte Borg. Tabak solle auch so schmecken und aussehen wie Tabak. Die Industrie dürfe Konsumenten nicht mit Aromen oder einer ansprechenden Verpackung locken. Allerdings laufen Tabakhersteller Sturm gegen die Pläne. Während Markenlogos erlaubt bleiben sollen, will Borg zusätzliche Werbebotschaften auf den Schachteln für Zigaretten und losen Tabak zum Selberdrehen verbieten. Bereits jetzt sind Formulierungen wie "mild" und "leicht" tabu. Künftig sollen auch Formulierungen wie "natürlich" oder "biologisch" verboten sein.

Die EU-Staaten sollen indes frei entscheiden können, ob sie Einheitspackungen wie in Australien vorschreiben. Experten befürchten bei solchen Vorgaben aber Probleme mit der Welthandelsorganisation WTO.

Wenn das Europaparlament und die EU-Staaten zustimmen, könnten die neuen Vorgaben von 2015 an gelten. Die Tabak-Vorschläge der EU-Kommission hatten bereits über Monate hinweg politische Wellen geschlagen. Fraktionsübergreifend gibt es im Europaparlament Applaus dafür, dass Borg seinen Entwurf noch vor der Weihnachtspause vorgelegt hat. Nach dem Rücktritt seines Vorgängers John Dalli im Oktober waren Befürchtungen laut geworden, die Gesetzgebung könnte sich nun einmal mehr verzögern.

Abschreckende Fotos auf australischen Zigarettenschachteln (Foto: afp)
Abschreckende Fotos auf australischen ZigarettenschachtelnBild: AFP/Getty Images

Tabakhersteller wehren sich

Bis heute ist nicht geklärt, inwieweit die Brüsseler Lobby der Zigarettenhersteller mit dem Rücktritt Dallis inmitten einer Korruptionsaffäre zu tun hat.

Tabakhersteller kritisierten die EU-Pläne als überzogen. Auf Ablehnung stoßen insbesondere die Vorgaben für die Zigarettenschachteln, auf denen zu wenig Platz für das Markenlogo bleibe. Damit werde es schwierig, sich von anderen Herstellern zu unterscheiden.

Der Vorschlag trete geltende Markenrechte mit Füßen, sagte eine Sprecherin des Zigarettenherstellers Reemtsma. Die EU-Kommission strebe eine "Gesundheitsdiktatur" an und greife in den freien Wettbewerb ein. Sollten Borgs Vorschläge in dieser Form Gesetzeskraft bekommen, droht Reemtsma mit Klage: "Zur Not würden wir bis zum Europäischen Gerichtshof ziehen."

re/wl (dpa, rtr, afp, dapd, epd)