1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Weltweit immer mehr Flüchtlinge

19. Juni 2018

Die Zahlen waren schon vorher erschreckend, jetzt sind sie noch schlimmer. Die Zahl der Menschen, die vor Kriegen, Verfolgung und Hunger fliehen, hat eine Rekordhöhe erreicht. Sie stieg auf 68,5 Millionen Menschen.

https://p.dw.com/p/2zojq
Jordanien Flüchtlingslager in Azraq
Geflohene Kinder aus Syrien in einem UN-Lager in Jordanien (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Wie das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) mitteilte, wuchs die Zahl der Geflohenen weltweit zum fünften Mal auf einen Rekordstand. Ende vergangenen Jahres befanden sich 68,5 Millionen Menschen auf der Flucht, fast drei Millionen mehr als im Jahr 2016. Allein 2017 begaben sich demnach 16,2 Millionen Menschen auf die Flucht. Das geht aus dem Global-Trends-Jahresbericht hervor, den das UNHCR in Genf am Vortag des Weltflüchtlingstags veröffentlichte.

Am höchsten war Ende 2017 die Zahl der Binnenvertriebenen: Die Zahl der Menschen, die innerhalb ihres Heimatlandes auf der Flucht waren, lag den Angaben zufolge bei 40 Millionen, etwas weniger als im Jahr zuvor. Von denen, die über Grenzen flohen, stammten nach Angaben des UNHCR fast 70 Prozent aus nur fünf Ländern. Es handelt sich dabei um Syrien, Afghanistan, den Südsudan, Myanmar und Somalia. "Wenn es Lösungen für diese Länder gäbe, könnten die Zahlen deutlich sinken", sagte Hochkommissar Filippo Grandi.

Arme Länder nehmen viele Migranten auf

85 Prozent aller Flüchtlinge lebten in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Pro-Kopf-Einkommen wie dem Libanon, Pakistan oder Uganda, betonte das UNHCR. Dagegen gingen die Ankunftszahlen in Europa zurück. Hauptgründe für die Flucht sind laut UNHCR Konflikte und Verfolgung in den Herkunftsländern. Insgesamt 25,4 Millionen Menschen haben deshalb ihre Heimat verlassen, fast drei Millionen mehr als 2016.

Deutschland beherbergte nach diesen Zahlen im vergangenen Jahr 970.400 Vertriebene und stand damit hinter der Türkei, Pakistan, Uganda, dem Libanon und dem Iran an sechster Stelle. In der Bundesrepublik sank die Zahl der Neuankömmlinge allerdings laut UNHCR deutlich: Demnach kamen 2017 insgesamt 186.644 Asylsuchende ins Land gegenüber rund 280.000 im Jahr 2016. Dieser Trend halte an: Auch im ersten Quartal 2018 sei die Zahl um fast 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesunken.

Türkei an der Spitze

Kein Land beherbergte 2017 so viele Flüchtlinge wie die Türkei: 3,5 Millionen, überwiegend aus Syrien. Gemessen an der Bevölkerung nahm der Libanon am meisten Flüchtlinge auf, gefolgt von Jordanien und der Türkei. Das UN-Hilfswerk betreute im vergangenen Jahr 19,9 Millionen Flüchtlinge. Um mehr als fünf Millionen palästinensische Flüchtlinge kümmert sich eine eigene UN-Organisation (UNRWA). Fünf Millionen Vertriebene seien im vergangenen Jahr in ihre Heimatorte zurückgekehrt, schreibt das UNHCR. Eine permanente neue Heimat fanden nur etwa 100.000 Menschen, 40 Prozent weniger als im Jahr davor.

Griechenland: Tödlicher Evros

Unter den Flüchtlingen seien mehr als die Hälfte - 52 Prozent - minderjährig, oft handelt es sich um Kinder, die von ihren Familien getrennt wurden. Die USA waren nach Angaben von Grandi mit einem Beitrag von 1,3 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr der größte Geber des UNHCR. Allerdings hätten sie die Zahl der Plätze für die Umsiedlung von Flüchtlingen von 110.000 auf 45.000 reduziert.

Konfliktlösungen bleiben Mangelware

Grandi appellierte an die humanitäre Verantwortung reicher Staaten. "Niemand wird freiwillig zum Flüchtling. Aber wir anderen können helfen." In keinem Konfliktgebiet sei eine Lösung in Sicht, kritisierte er. "Wir stehen an einem Scheideweg. Um auf weltweite Fluchtbewegungen erfolgreich reagieren zu können, brauchen wir einen neuen und weit umfassenderen Ansatz, der einzelne Länder und Gesellschaften nicht allein lässt", sagte der Hochkommissar. In wenigen Monaten solle jedoch ein neuer Globaler Pakt für Flüchtlinge von der Vollversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet werden.

Der Repräsentant des Hochkommissars in Berlin, Dominik Bartsch, dankte den Deutschen für ihre Unterstützung. Deutschlands Hilfe bei der Aufnahme und Finanzierung habe dem Land viel Anerkennung eingebracht. Die Flüchtlingsdebatte müsse jedoch wieder sachlicher werden. "Es ist verständlich, dass über die Herausforderung der Aufnahme von Flüchtlingen diskutiert wird. Leider wird aber kaum über die Chance gesprochen, das Potenzial dieser Menschen zu nutzen."

kle/cvo (kna, afp, dpa)