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Weltweit größte Kapitalerhöhung

24. September 2010

So viel Geld wurde noch nie bei einer Kapitalerhöhung eingesammelt. Mehr als 70 Milliarden Dollar flossen in die Kasse des brasilianischen Ölgiganten Petrobras. Zwar locken hohe Gewinne, aber es drohen auch hohe Risiken.

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Ölplattform im Golf von Mexiko (Foto: AP)
Die weltweite Jagd nach Öl in der Tiefsee geht weiter und wird bezahltBild: AP

Vor der brasilianischen Küste, tief im Meer schlummert ein Schatz, das glauben zumindest viele Experten: mehr als 30 Milliarden Fässer Öl. Und diese riesigen Ölvorkommen stellen die "zweite Unabhängigkeit Brasiliens" dar, so der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva. Im Bereich Biosprit, hauptsächlich aus Zuckerrohr, ist sein Land bereits der wichtigste Produzent. Nun soll es auch noch zum wichtigen Ölexporteur werden.

70 Milliarden Dollar mehr in der Kasse

Ölplattformen für Petrobras im Bau (Foto: AP)
Es werden neue Ölplattformen für Petrobras gebautBild: AP

In den letzten Jahren sind vor der Küste Brasiliens riesige Ölvorkommen entdeckt worden. Der Haken daran ist allerdings: Das Öl liegt in rund 7000 Metern Tiefe und unter einer dicken Salzschicht. Dadurch wird es sehr teuer, die Vorkommen anzuzapfen. Aber weder die Kosten noch die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko halten das staatlich kontrollierte Unternehmen Petrobras auf, in der Tiefsee nach Öl zu bohren. Bis 2014 sollen für solche Bohrungen rund 224 Milliarden Dollar investiert werden.

Um das finanzieren zu können, gab es nun die größte Kapitalerhöhung aller Zeiten. Dafür gab das staatlich kontrollierte Unternehmen Petrobras neue Aktien aus. Mehr als 70 Milliarden Dollar sammelte Petrobras an der Börse ein. Die Nachfrage soll - nach Aussage von vertrauten Kreisen - sogar bei über 87 Milliarden Dollar gelegen haben. Damit floss wesentlich mehr Geld als bei dem bisherigen Rekordhalter, dem japanischen Telekommunikationsriesen NTT, der 1987 durch eine Kapitalerhöhung über 36 Milliarden Dollar erhielt.

Investoren haben Sorgen überwunden

Ein ölverschmierter brauner Pelikan an derKüste vor Louisiana (Foto: AP)
Auch die Ölkatastrophe vor der US-Küste schreckt die Unternehmen nicht vor weiteren Tiefseebohrungen abBild: AP

Bei der Investition in Petrobras scheinen die Anleger gleich mehrere Bedenken überwunden zu haben. Denn zum einen gibt es bislang noch gar nicht die Technologie, um in solche Tiefen vorzudringen. Die muss erst noch entwickelt werden. Angesichts der riesigen lockenden Gewinne schien das jedoch nicht so schwer zu wiegen. Immerhin rechnet Petrobras damit, dass sich durch die Erschließung der Tiefsee-Quellen der Zugriff des Unternehmens auf derzeit 14 Milliarden Barrel Öl verdreifacht.

Auch die Sorge vor zu viel Einflussnahme durch den brasilianischen Staat scheint nicht schwer genug gewogen zu haben. Vor der Kapitalerhöhung war Brasilien mit über 39 Prozent an dem Ölgiganten beteiligt und hatte die Mehrheit der Stimmrechte. Nun wird der Anteil auf rund 45 Prozent steigen. Denn mehr als die Hälfte der Kapitalerhöhung entfällt auf ein Tauschgeschäft, das über 42 Milliarden Dollar umfasst: Die Regierung erhält Aktien und überschreibt dafür dem Konzern Förderrechte für fünf Milliarden Barrel Öl.

Schwer hatten es die Investoren auch, im Vorfeld an Informationen zu gelangen. Da nahezu alle Banken und Händler von Rang und Namen in die Transaktion eingebunden waren, durfte sich kaum ein Analyst zu der Kapitalerhöhung äußern.

Der Ölgigant Petrobras

Arbeiter stehen vor einer Ölplattform von Petrobras, (Foto: AP)
Am Finanzmarkt ist Petrobras schon vorher eine Größe gewesenBild: DW

Auch vor der Kapitalerhöhung gehörte Petrobras am Finanzmarkt nach dem Marktführer ExxonMobile zur internationalen Spitzengruppe. Zwar waren die Aktien nach dem BP-Unfall vor der Küste Amerikas abgesackt. Aber Petrobras profitiert jetzt davon, zu den weltweit führenden Konzernen bei der Erschließung von Ölreserven in der Tiefsee zu gehören. Wenn die Pläne von Petrobras eingehalten werden, könnte der Konzern in einigen Jahren zum weltweit größten börsennotierten Ölproduzenten aufsteigen.

Den Anfang des Weges zur wichtigen Ölnation will Präsident Lula da Silva noch selber begleiten. Er reist am Ende der Woche zur Börse in São Paulo, um der Kapitalerhöhung beizuwohnen. Es ist eine seiner letzten Amtshandlungen, denn in einer Woche ist Wahl. Lula tritt nicht mehr an.

Autorin: Insa Wrede (rtr, afp, dpa)

Redaktion: Monika Lohmüller