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Weit entfernt von einem Durchbruch für Afrika

Märte Burmeister20. Juni 2005

Aufstände in Äthiopien, Krieg im Sudan, AIDS auf dem Vormarsch – die negativen Schlagzeilen aus Afrika reißen nicht ab. Dabei sollte das Jahr 2005 doch eigentlich "das Jahr des Durchbruchs" sein.

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Schule in Afrika: Bis 2015 sollen alle Kinder in eine Grundschule gehen können.Bild: AP

So jedenfalls lautet der Plan der Vereinten Nationen, wenn es um die "Millenniums-Entwicklungsziele" geht. Das sind acht Ziele zur Armutsbekämpfung, auf die sich die Staats- und Regierungschefs von 150 Ländern beim UN-Gipfeltreffen im Jahr 2000 geeinigt haben. Bis 2015 wollen sie es schaffen,

1. den Anteil der Weltbevölkerung, der unter extremer Armut und Hunger leidet, zu halbieren,

2. allen Kindern eine Grundschulausbildung zu ermöglichen,

3. die Gleichstellung der Geschlechter und die politische, wirtschaftliche und soziale Beteiligung von Frauen zu fördern, besonders im Bereich der Ausbildung,

4. die Kindersterblichkeit um zwei Drittel zu verringern,

5. die Gesundheit der Mütter zu verbessern und die Müttersterblichkeit um drei Viertel zu reduzieren,

6. HIV/AIDS, Malaria und andere übertragbare Krankheiten zu bekämpfen,

7. den Schutz der Umwelt zu verbessern und

8. eine weltweite Entwicklungspartnerschaft aufzubauen.

Wie diese ehrgeizigen Ziele erreicht werden können, haben 265 Entwicklungsexperten aus aller Welt drei Jahre lang untersucht und in dem Bericht "Investitionen in die Entwicklung – Ein Plan, um die Millenniums-Entwicklungsziele zu erreichen" beschrieben. Zu der Expertengruppe des UNO-Millenniumsprojekts gehörten Politiker und Wissenschaftler, wie zum Beispiel der ehemalige mexikanische Präsident Ernesto Zedillo oder der Präsident des Weltverbandes der Organisationen für Ingenieurwissenschaften, Yee-Cheong Lee. In einzelnen Projektgruppen befassten sie sich mit Themen wie Bildung, Hunger oder Malaria.

Pläne für den Durchbruch

Am 17. Januar 2005 wurde der Bericht UN-Generalsektretär Kofi Annan überreicht, der seine darauf aufbauenden Empfehlungen am 21. März veröffentlicht hat. In seinem Bericht "In größerer Freiheit: Auf dem Weg zu Entwicklung, Sicherheit und Menschenrechten für alle" betont er bestimmte Aktivitäten für das Jahr 2005 als besonders wichtig, um den Millenniums-Entwicklungszielen ein Stück näher zu kommen.

Kofi Annan
UN-Generalsekretär Kofi AnnanBild: AP

So soll unter anderem jedes Entwicklungsland mit extremer Armut eine eigene Strategie für Geschlechtergleichheit, Umwelt, Land- und Stadtentwicklung, Gesundheitssystem, Bildung und Wissenschaft entwickeln. Die Geber-Länder sollen beginnen, die Ausgaben für die Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu bringen und den Handel zu erleichtern. Außerdem sollen sie die Schuldentragfähigkeit eines Landes so neu definieren, das das Land bis 2015 die Millenniums-Ziele erreichen kann. Annans Bericht dient der Vorbereitung für den am 6.7.2005 beginnenden G8-Gipfel und für den darauf folgenden Millenniumsgipfel im September.

Schuldenerlass: ein erster Schritt

Die Initiative des englischen Premierministers Tony Blair und des US-Präsidenten George Bush ist schon einmal ein Schritt in Richtung Millenniums-Entwicklungsziele: Am 11. Juni haben die Finanzminister der G8-Staaten ihrem Vorschlag zugestimmt, den 18 ärmsten Ländern der Welt, wie zum Beispiel Äthiopien, Schulden in Höhe von insgesamt 40 Milliarden Dollar sofort zu erlassen. Neun weitere Länder sollen 2006 durch einen Schuldenerlass erleichtert werden. Insgesamt ist geplant, 38 Ländern Schulden in Höhe von zusammen 55 Milliarden Dollar zu streichen.

Weltbank
Die Weltbank in WashingtonBild: AP

Statt von den Entwicklungsländern werden nun die Verbindlichkeiten bei der Weltbank von den USA und die beim Internationalen Währungsfond (IWF) und der Afrikanischen Entwicklungsbank von den europäischen Industrieländern bezahlt. Die wiederum können dafür Mittel aus Goldverkäufen des IWF in den 1990er Jahren verwenden.

Der Schuldenerlass soll bewirken, dass arme Länder Geld für Bildung und Gesundheit investieren können. Voraussetzung dafür ist, dass die Staaten demokratische und marktwirtschaftliche Reformen durchgesetzt haben und Korruption bekämpfen – sonst ist die Gefahr groß, dass das Geld in alles Mögliche, nur eben nicht in Bildung und Gesundheit investiert wird.

Auf dem Weg zu Demokratie und Eigenverantwortung

Damit das nicht passiert und Afrika den Durchbruch schafft, haben nicht nur die Vereinten Nationen, sondern auch die afrikanischen Staaten selbst ehrgeizige Ziele: So wollen 16 afrikanische Staaten mit der 2001 gegründeten Initiative "Neue Partnerschaft für die Entwicklung Afrikas" mehr Eigenverantwortung übernehmen und weniger vom "Geld von außen" abhängig sein.

Treffen der Afrikanischen Union in Durban
Flaggen beim Treffen der Afrikanischen Union 2002 in Durban, SüdafrikaBild: AP

Außerdem gibt es seit 2002 die Afrikanische Union (AU), ein Pendant zur EU, die Einheit und Solidarität zwischen den afrikanischen Staaten und Völkern schaffen, sowie Stabilität, Frieden, wirtschaftlichen Wachstum, Menschenrechte, Demokratie und "gutes Regierungshandeln" fördern will. Im Gegensatz zu ihrer Vorgängerorganisation, der "Organisation der Afrikanischen Einheit" (OAU) scheut die AU nicht davor zurück, bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit in bestimmten Staaten einzugreifen. Derzeit ist dies im Sudan der Fall.

Ein langer Weg

Trotz aller Bemühungen: Die Erfolge auf dem Weg zu den Millenniums-Entwicklungszielen sind bislang eher bescheiden. Organisationen wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) kritisieren, es würde zu wenig getan, um die Ziele zu erreichen. Seit Unterzeichnung der Vereinbarungen sei zwar zum Beispiel die Kindersterblichkeit insgesamt zurückgegangen, aber in zu geringem Maß.

Auch von dem Ziel, die Ausgaben für die Entwicklungshilfe an 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts heranzuführen, sind in viele Länder noch weit entfernt: Die USA schaffen derzeit eine Quote von 0,12 Prozent, Deutschland 0,28 Prozent.

Nicht zuletzt gefährden nach wie vor Konflikte und gewaltsame Unruhen die Stabilität in einigen afrikanischen Staaten. Afrikas Durchbruch ist also noch ein langer Weg.